München. Amateure sollen durch neue Gesetze für Sportwettenanbieter geschützt werden. Auch DFB-Partner Bwin befindet sich im Fokus.
Eine in der seit Anfang September heißen Debatte um illegale Sportwetten häufig gehörte Forderung von Verbands- und Vereinsvertretern ist Realität geworden: Die Politik greift ein und prüft neue gesetzliche Regelungen zum Schutz des Amateursports.
Sportminister sehen „Integrität des Amateursports gefährdet“
Auf der Sportministerkonferenz (SMK) in München haben die Sportminister aller 16 Bundesländer einen Beschluss gefasst, der das Zeug dazu hat, eine neue Dynamik im Kampf gegen illegale Sportwetten und die damit verbundenen Gefahren der Spielmanipulation und Spielsucht zu entfachen.
„Die Sportministerkonferenz stellt fest, dass die Integrität des Amateursports durch das illegale nationale sowie internationale Angebot von Sportwetten auf Amateurligen gefährdet ist“, heißt es in dem Beschluss. Wetten auf Amateurligen, die aus Deutschland erreichbar seien, stellten wegen des Verbots im Glücksspielstaatsvertrag „stets illegales Glücksspiel dar“.
Hamburger Oberligisten kämpften erfolgreich gegen Datenscouts
Wie der Hamburger Fußball-Verband (HFV) fordert auch die Sportministerkonferenz die Vereine auf, sogenannte Datenscouts, die Spielgeschehnisse in Echtzeit weitergeben und Wettanbietern Livewetten ermöglichen, per Hausrecht von den Anlagen zu verweisen.
Die Fußballvereine der Oberliga Hamburg hatten dieses Vorgehen erfolgreich praktiziert und die manipulationsanfälligen Livewetten auf ihre Partien in den vergangenen Wochen verhindern können. Doch der Beschluss begnügt sich nicht mit Klarstellungen. Er schlägt eine wichtige Änderung vor.
Glücksspielstaatsvertrag soll erweitert werden
Nach dem Willen der SMK soll eine Erweiterung des Glücksspielstaatsvertrages intensiv geprüft werden. Unternehmen mit deutscher Lizenz sollen auch über ihre Ableger im Ausland keine Wetten auf deutsche Amateurligen mehr anbieten dürfen.
Warum Anbietern, die „Milliardenumsätze generieren“, ein solches Vorgehen über ihre ausländischen Portale erlaubt sein sollte, sei „nicht ersichtlich“.
Auch DFB-Partner Bwin bietet im Fokus
Konkret lässt sich das Problem am Sportwettenanbieter Bwin erläutern, dessen Partnerschaft mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) bis 2026 läuft. „Bwin bietet über seine deutsche Domain keine Wetten auf Amateurfußballspiele an.
Aber über die belgische und spanische Webseite von Bwin kann aus dem Ausland heraus auf deutsche Amateurspiele gewettet werden“, sagt der Kämpfer gegen illegale Sportwetten Thomas Melchior.
Interwetten nahm Amateurspiele vom Markt
Ein ähnlicher Fall lag beim DFB-Partner Interwetten vor. Interwetten nahm sein Angebot an Sportwetten auf ausländischen Webseiten auf deutsche Amateurspiele kürzlich vom Markt.
Der SMK-Beschluss dazu: „Diese Entscheidung wird begrüßt, sollte aber nicht vom guten Willen der Anbieter abhängen, sondern generell für sämtliche hier erlaubten Anbieter und die mit ihnen verbundenen Unternehmen auch gesetzlich gefordert sein.“
Sportminister wenden sich an Innenminister und Glücksspielbehörde
Für weitere regulatorische Maßnahmen zum Einschränken des Sportwettenangebots aus dem Ausland hat die SMK die Innenministerkonferenz um Prüfung gebeten. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde (GGL) der Länder solle zudem prüfen, „inwiefern gegen derartige Angebote schon jetzt vorgegangen werden kann“.
Dass eine solche Prüfung notwendiger ist denn je, davon ist Melchior überzeugt. Er legte dem Abendblatt Screenshoots vor, die beweisen, dass auch an diesem Spieltag nicht zulässige Wetten auf Amateurfußballspiele in der Oberliga Hamburg getätigt werden konnten.
Amateurspiele trotz Verbot in Deutschland wettbar - Seiten benennen sich um
Diverse Wetten konnten vorab unter anderem beim Anbieter bestwinzz.net auf die Partie der Oberliga Hamburg zwischen dem TSV Sasel und Buchholz 08 platziert werden. Bei der Registrierung der deutschsprachigen Seite ist Deutschland als Land voreingestellt.
„Noch aberwitziger ist es“, so Melchior, „dass immer mehr Glücksspielunternehmen ohne deutsche Lizenz ständig ihre Webseiten umbenennen.“ bestwinzz.net hieß zuvor 22bet76.com. Aus 20bet.com wurde kurzerhand b20w34.com. Die Liste solcher Umbenennungen könnte lange fortgeführt werden.
Okun und Melchior loben die Sportminister
Melchior bot erneut an, alle seine Erkenntnisse der GGL zugänglich zu machen. Den SMK-Beschluss sieht er als „sehr positives Zeichen“.
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Auch HFV-Präsident Christian Okun äußerte sich gegenüber dem Abendblatt: „Ich begrüße die Initiative der Sportministerkonferenz sehr. Zum Schutz des Amateur- und Jugendfußballs sind solche drastischen Maßnahmen notwendig. Ich bin kein Freund übermäßiger Regulierungen, aber hier sind sie offensichtlich notwendig.“