Hamburg. Hamburgs größter Verein Sporttreibender schreibt seit Jahren rote Zahlen. Eine Umlage soll helfen. Der Vorsitzende plant weitere Maßnahmen.
Der Sondernewsletter, den der Hamburger Verein Sportspaß am 21. Oktober an seine Mitglieder verschickte, entbehrte nicht einer dramatischen Tonlage. „Unser Verein befindet sich in einer existenziellen Krise“, heißt es dort. Im Weiteren wird ausführlich begründet, warum die auf der Mitgliederversammlung am 19. Oktober beschlossene einmalige Umlage (50 Euro für Erwachsene, 20 für Jugendliche) „lebensnotwendig“ sei.
Die Fakten lassen keinen anderen Schluss zu. Zählte der Verein vor der Corona-Pandemie Ende 2019 rund 61.000 Mitglieder, sind es heute 23.000 zahlende. Damit ist Sportspaß zwar weiter Hamburgs größter Verein aktiv Sporttreibender vor dem Eimsbütteler TV (20.517), der Umsatz aber sank von 9,7 Millionen Euro im Jahr 2020 auf zuletzt rund vier Millionen.
Sportspaß Hamburg: Verlust von 700.000 Euro
Machte der Club vor vier Jahren vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) einen Gewinn von 2,6 Millionen Euro, schrieb er 2022 während der Corona-Pandemie erstmals rote Zahlen. Der Verlust betrug 2,9 Millionen Euro, im Jahr danach noch 1,4 Millionen, 2024 wird er sich wohl auf 700.000 Euro halbieren. Allein im Dezember fehlen voraussichtlich 300.000 Euro.
„Wir brauchen diese Umlage, nicht nur um weiter bestehen zu können, auch um unsere Strukturen zu optimieren. Uns ist klar, dass wir dadurch Mitglieder verlieren werden, die Maßnahme ist aber alternativlos“, sagt der Vorsitzende Erich Jeske (70). 80 Prozent der Umlage sollen in die Deckung der Ausgaben fließen, 20 Prozent in Ausstattung, Geräte, Digitalisierung und Mitgliederwerbung investiert werden. Überschuldet, das stellt Jeske klar, ist der Verein mit seinen 130 Angestellten nicht, die Rücklagen seien inzwischen allerdings aufgebraucht.
Sportspaß: Weiter sehr günstige Mitgliedsbeiträge
Der Kommunikationsexperte aus dem oberbayerischen Landkreis Erding hat das Ehrenamt Anfang Oktober nach dem Rücktritt Norbert Höbings kommissarisch übernommen und wird es auf der Mitgliederversammlung im Mai 2025 abgeben. Bis dahin will er mit dem neu gewählten Vorstand und Geschäftsführer Clemens Müller weitere Weichen zur Konsolidierung stellen.
„Die nächsten Monate entscheiden über die Zukunft von Sportspaß. Ziel ist für 2025 eine schwarze Null. Wir brauchen einen stabilen Nettogewinn an Mitgliedern. Den haben wir in den vergangenen Monaten erstmals seit langer Zeit wieder erreicht. Den Trend müssen wir jetzt verstetigen“, sagt Jeske. Sein Antrieb: „Der Verein ist es wert, für ihn zu kämpfen. Hamburg braucht Sportspaß.“
Mit Monatsbeiträgen von 19,50 Euro für Erwachsene und 8,50 Euro für Jugendliche bis 16 Jahre ist Sportspaß weiter einer der günstigen Anbieter in der Stadt für Fitness, Freizeit- und Breitensport. Mehr als 500 qualifizierte Trainerinnen und Trainer leiten Kurse in 120 Sportarten verteilt über die gesamte Stadt an über 50 Standorten.
Mieten in Centern wurden um 30 Prozent gesenkt
Seit Jahrzehnten leidet der Club jedoch unter seiner hohen Mitgliederfluktuation, die mit rund 20 Prozent mehr als doppelt so hoch ist wie in den meisten anderen Hamburger Sportvereinen. Das hat neben kurzen Kündigungsfristen mit der Klientel zu tun. Für viele Mitglieder ist Sportspaß ihr erster Verein, der besonders für Studierende, Auszubildende und Neuankömmlinge in der Stadt eine attraktive Adresse bleibt. Sportspaß ist aber nicht mehr konkurrenzlos. Fitnessketten, neue Studios locken mit Dumpingpreisen und Sonderkonditionen.
Ein zentraler Schritt zur Konsolidierung wurde in diesem Jahr geschafft. Die Mieten in den sechs geöffneten Sportcentern konnten nach langwierigen Verhandlungen mit den Eigentümern um rund 30 Prozent gesenkt werden.
Vorsitzender plant jetzt „Sportspaß 2.0“
Was Jeske zudem optimistisch stimmt: „Die Zeit der Querelen im Verein ist vorbei, jetzt wird nicht mehr gegeneinander, sondern im Team miteinander gearbeitet.“ Der neue Vorstand sei unbelastet von den öffentlich und auch vor Gericht ausgetragenen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre. Das Signal kommt offenbar an, laufende Gespräche mit Sponsoren und Unterstützern zeigten das.
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Für Jeske heißt konsolidieren nicht gesundschrumpfen, er will Akzente setzen. „Wenn die Einnahmen aus der Umlage im Dezember feststehen, werden wir sehen, was dann machbar ist.“ Eine seiner Ideen: Er möchte eines der sechs Center in Ausstattung, digitalem Zugang räumlich und atmosphärisch zu einem der modernsten der Stadt umbauen. Wird „Sportspaß 2.0“, wie es Jeske nennt, angenommen, sollen auch die übrigen Sportstätten umgerüstet werden.
Ein Schwerpunkt bleibt die Digitalisierung. „Alle unsere Angebote müssen smartphonetauglich werden, sonst verlieren wir die Zielgruppe der Heranwachsenden“, sagt Jeske, der überzeugt ist, den Turnaround zu schaffen. „Sonst hätte ich die Aufgabe nicht übernommen.“