Hamburg. Hamburgs größter Sportanbieter muss seine Kosten senken. Verhandlungen mit Vermietern laufen. Was die Pläne für die Zukunft sind.

Clemens Müller ist Kampfsportler. Für seinen größten Fight ist der 46 Jahre alte Sportmanager Mitte September als Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins Sportspaß in den Ring gestiegen. Verliert er den Kampf, ist Hamburgs größter Sportanbieter Mitte nächsten Jahres insolvent. So weit wird es nicht kommen, da ist sich Müller sicher: „Wir haben zahlreiche Konsolidierungsmaßnahmen eingeleitet und nehmen allmählich wieder volle Fahrt auf. Wir machen Sportspaß zukunftsfähig, kosteneffizient, und das weit über das nächste Jahr hinaus.“

Sportspaß: Hamburger Unternehmer produziert Retter-T-Shirts

Das international gefragte Model Charlott Josefin wird Müller unterstützen. Die 26 Jahre alte Hamburgerin ist das Gesicht der neuen Werbekampagne on- und offline, mit der in den nächsten beiden Jahren mindestens 5000 neue Mitglieder gewonnen werden sollen. Der Hamburger Unternehmer Agus Christoph Schumacher (43/Èlogie) hat zudem einen Onlineshop für Sportspaß eingerichtet, in dem Naturprodukte, Tee, Kosmetika, Nahrungsergänzungsmittel, Sportutensilien, Taschen, Merchandising-Artikel und T-Shirts („Rette den Spaß“) von der nächsten Woche an angeboten werden. Beide verlangen für ihr Engagement kein Honorar. „Wir möchten helfen, dass die ­Institution Sportspaß Hamburg erhalten bleibt. Dieser Verein ist es wert“, sagen sie. Schumacher und Charlott Josefin verbindet die Freude am Sport.

Sportspaß hat noch 24.000 Mitglieder, vor vier Jahren waren es 61.000

Die ist vielen in den zurückliegenden vier Jahren bei Sportspaß vergangen. Zählte der Verein vor der Corona-Pandemie Ende 2019 rund 61.000 Mitglieder, sind es heute 24.000. Damit ist Sportspaß zwar weiter Hamburgs größter Verein aktiv Sporttreibender vor dem Eimsbütteler TV (20.000), der Umsatz aber sank von 9,7 Millionen Euro im Jahr 2020 auf zuletzt 4,4 Millionen. Machte der Club vor drei Jahren vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) einen Gewinn von 2,6 Millionen Euro, schrieb er 2022 erstmals tiefrote Zahlen. Der Verlust betrug rund 2,9 Millionen Euro. Die Rücklagen von rund zwei Millionen Euro im März dieses Jahres sind inzwischen mehr als halbiert.

Während fast alle Hamburger Sportvereine ihre Mitgliederzahlen in den vergangenen 18 Monaten weitgehend konsolidierten, verlor Sportspaß, auch in besseren Zeiten von großer Fluktuation gebeutelt, gegen den Trend weiter an Zulauf. „Wir haben zuletzt kein gutes Bild in der Öffentlichkeit abgegeben, keine Argumente für einen Beitritt geliefert“, sagt Müller. Streitigkeiten im früheren Vorstand, die vor Gericht über alle Instanzen ausgetragen wurden, kosteten den Verein viel Geld, geschätzt mehr als 100.000 Euro, vor allem aber litt das Image.

Sportspaß will seine Mietkosten um 30 Prozent senken

Größtes Problem bleiben jedoch die Mietkosten für die sieben Sportcenter (Gesamtfläche: 12.000 Quadratmeter), von den zwei seit Jahren geschlossen sind. Sie machen rund 45 Prozent der Aufwendungen aus. Ziel ist es, sie um 30 Prozent zu senken. Die Gespräche laufen seit mehr als einem Jahr. Der neue Geschäftsführer Müller wird bei ihnen von den Unternehmensberatungen Wieselhuber Partner (München/Hamburg) und von paul und collegen (Berlin) begleitet. Beide Agenturen haben ein Sanierungskonzept für Sportspaß erarbeitet. Es umfasst 21 Punkte, neben dringend notwendigen Kostenreduzierungen sieht es Einnahmesteigerungen unter anderem über Mitgliedergewinnung und den Verkauf von Werbeflächen in den Centern vor. Ihr Fazit: Sportspaß ist sanierungsfähig.

„Alle Vermieter müssen den Abschlägen zustimmen, das ist bei Sanierungsfällen üblich, ansonsten haben wir ein Problem. Klar ist: Ohne ihr Entgegenkommen können wir eine langfristige Stabilität des Vereins nicht gewährleisten“, sagt Müller. Er sei aber vorsichtig optimistisch, die Verhandlungen entwickelten sich in die richtige Richtung. Ein Vermieter hat die Abschläge bereits schriftlich akzeptiert, ein weiterer mündlich.

Mietverträge in der City Nord und in Harburg laufen im Dezember aus

In der City Nord, dem am stärksten frequentierten Center, und in Harburg drängt die Zeit. Hier laufen die Mietverträge Ende des Jahres aus. Ein Sonderkündigungsrecht für Mitglieder, die hier trainieren, wird es nicht geben. „Ihnen stünden dann noch drei andere Center zur Verfügung“, sagt Müller. Sportspaß bietet derzeit an 55 Standorten, davon 50 Schulturnhallen, 900 Kurse pro Woche an – zu einem Monatsbeitrag von 19,50 Euro für Erwachsene und 8,50 für Jugendliche bis 16 Jahre.

Sportspaß will alle Mitarbeiter und Trainer weiter beschäftigen

An der Qualität will Sportspaß nicht sparen, keiner der 154 Angestellten, niemand der 600 festen Trainerinnen und Trainer werde entlassen. Müller: „Vielmehr wollen wir bei unseren Kursen Qualitätskontrollen wieder einführen und die Angebote erweitern.“ Mit Model Charlott Josefin will Sportspaß vor allem ein jüngeres Publikum ansprechen. Weiblich ist der Verein ohnehin, 70 Prozent der Mitglieder sind Frauen, fast doppelt so viele wie im Durchschnitt der anderen Hamburger Vereine. „Es wird ein langer Kampf, aber wir werden ihn gewinnen“, sagt Müller.