Hamburg. 20.000 Sportler in 22 Abteilungen mit 40 Sportarten: In Eimsbüttel wird nicht nur Fußball gespielt. Was ETV-Chef Fechner noch vorhat.
Das Gebäude rechts stadtauswärts am Lokstedter Steindamm ist nicht zu übersehen. Gelber Klinker, 8000 Quadratmeter Nutzfläche auf vier Etagen. „Schaut her, hier bin ich“, ruft es, ein steingewordenes Monument des Erfolges. „Alles für euch“, steht auf einem großen Banner an der Seite. Der Eimsbütteler Turnverband (ETV) ist präsent in Lokstedt ebenso wie an seinem Stammsitz an der Bundesstraße in Eimsbüttel und möchte genau das sein.
ETV: 20.000 Menschen, 22 Abteilungen, 40 Sportarten
„Wir haben uns immer schon als Amateurverein verstanden, der den Anspruch hat, möglichst allen Menschen niedrigschwellige Angebote zur Bewegung zu machen“, sagt der Vorsitzende Frank Fechner. Diesem Anspruch kommt der ETV nach. 20.000 Menschen betreiben in 22 Abteilungen über 40 Sportarten. Fußball ist mit 1300 Kindern und Jugendlichen sowie 400 Erwachsenen zwar die größte klassische Abteilung, es ist jedoch ein Universalsportverein, der sich seit Jahren im Inklusionssport und den Special Olympics engagiert.
Allein 8000 Kinder werden beim Eltern-Kind-Turnen, Ballspielen und Turnen bewegt. 8000 Mitglieder trainieren in Kursen des FitGym an ihrer Gesundheit, weitere 3000 nutzen die beiden Fitnessstudios des Clubs. Vor allem diese Angebote führen dazu, dass der ETV einen Frauenanteil von 56,5 Prozent in seiner Mitgliedschaft hat.
Der ETV ist rasant gewachsen
Das Erkennen dieses Freizeit- und Gesundheitssportpotenzials ab Mitte der siebziger Jahre ist ein Grund für das rasante Wachstum der Eimsbütteler. Als einer der ersten Vereine bot er Mitgliedern gegen eine Extragebühr schon damals Skigymnastik an, Aerobickurse, Bauch-Beine-Po oder auch Yoga, was immer angesagt war, wurde geboten.
Die Kurse wurden professionell immer weiter entwickelt, eine Nachfrage war erkannt und wurde befriedigt. 2014 baute der Verein eine kleine Sporthalle an der Bundesstraße in sein erstes modernes Fitnessstudio um, der eine Alternative zum Kraftraum im Keller ist.
Suche nach der Balance
Dabei ist es schwierig, die Balance zwischen den klassischen Sportabteilungen und den eher kundenorientierten Kurs-Angeboten zu finden. Denn in den „klassischen“ Abteilungen wie Wassersport, Handball, Volleyball, Faustball, Leichtathletik, Judo, Fechten und auch Tennis, das in diesem Jahr sein hundertjähriges Jubiläum feiert, gibt es eine Identifikation des Einzelnen mit der Gruppe und damit dem Verein. Auch durch Punktspiele und feste Trainingsgruppen und -Zeiten.
Geschafft wird die Identifikation auch dadurch, dass diese Abteilungen bei ihrer Verwaltung eine gewisse Selbstständigkeit haben, eigene Vorstände und sogar finanzielle Freiheiten. Der „Hauptverband“ erhält lediglich Verwaltungsgebühren und vertritt Vereinsinteressen nach außen, also gegenüber Behörden.
Kommerzieller Anbieter? „Lieber ETV!“
Ins Tagesgeschäft der Sportler mischt er sich in der Regel nicht ein. „Wenn es Leistungssportambitionen gibt, versuchen wir, diese zu fördern und zu ermöglichen“, sagt Fechner. Dabei gilt ganz grundsätzlich: Das müssen die Abteilungen überwiegend selbst zum Beispiel durch Sponsoren finanzieren. Der ETV hat jedoch einen Leistungssportfonds und unterstützt zum Beispiel bei Fahrtkosten, Übernachtungs- oder Materialkosten.
Dass 2024 vier Teams in einer Bundesliga spielen und weitere acht Teams in der 2. Bundesliga aktiv sind, nimmt die Vereinsführung mit Freude zur Kenntnis. Vor allem natürlich sorgen die überragenden Erfolge der Beachvolleyballer für Begeisterung: „Die Strahlkraft, die unsere Spitzensportler entwickeln, strahlen auch in die Fitness- und Freizeitsportangebote hinein“, ist Fechner überzeugt. Nicht selten habe er gehört: „Ehe ich mein Geld bei einem kommerziellen Anbieter lasse, gehe ich lieber zum ETV.“
„Coronadelle ist ausgeglichen“
Seit Fechner 2005 zunächst als Geschäftsführer anheuerte, startete der Verein richtig durch, die Mitgliederzahl hat sich verdoppelt, die „Coronadelle“, die fast ein Drittel der Mitglieder gekostet hatte, ist ausgeglichen. Vor allem benachbarte Vereine in Eimsbüttel schauen jedoch durchaus mit Sorgen auf das ETV-Wachstum. Sportflächen sind knapp im innerstädtischen Bereich, natürlich gibt es da Konkurrenz.
„Unsere Entwicklung ist sehr dynamisch, ich kann manche Sorgen anderer Clubs nachvollziehen“, sagt Fechner, „dass die Leute zu uns kommen, hat aber Gründe. Und es ist logisch, dass wir versuchen, weitere Sportflächen zu entwickeln.“ Eine Grenze im Wachstum sieht der ETV außerhalb seines Kernbereichs Eimsbüttel und Lokstedt.
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Ambitionen in andere Bereiche vorzubringen hat der Club nicht, höchstens Altona Nord könnte in Zukunft in Frage kommen, weil es dort noch wenig Angebote von anderen Vereinen gibt. „Wir haben im Augenblick genug zu tun, das Wachstum, das wir wahrnehmen, zu organisieren“, sagt Fechner.