Hamburg. In der Metropolregion fehlt ein Stadion für 10.000 Fans, nicht nur für den Fußball. Auch beim Neubau von Arenen hakt es. Ein Kommentar.
Dieser Tage musste ich wieder einmal an Rolf Mares denken. Während der Bauphase des neuen Volksparkstadions prognostizierte der damalige HSV-Präsident während einer Pressekonferenz im Herbst 1998 eine Stadionauslastung jenseits von 50.000 Zuschauern. Viele haben bei dieser Aussage leise gelacht, ich auch. Zur Verteidigung: Damals lag der Schnitt bei gerade mal 33.000 Fans. Heute wissen alle Skeptiker, dass das volkswirtschaftliche Theorem, wonach sich Angebot seine eigene Nachfrage schafft, beim HSV voll aufging und die Tribünen auch noch heute voll sind. Auch schon weit vor der Zweitliga-Ära stimmte seitdem die Behauptung, dass der Star des Clubs nicht ein Spieler oder das Team sei, sondern die Spielstätte in Bahrenfeld.
Das 57.000 Zuschauer fassende Bauwerk gehört zu den schönsten Stadien in Europa. Haken dran. Ebenso beim Millerntor-Stadion, mit einem Fassungsvermögen von 29.546 Fans.
In Hamburg gibt es kein Stadion für 10.000 Zuschauer
Darunter jedoch wird es schwierig. Das Stadion Hoheluft bietet bei Fußballspielen Platz für 5000 Zuschauer, eine gleiche Größenordnung ist für die neue Heimat von Altona 93 am Diebsteich vorgesehen. Danach wird es noch kleiner: Die Tribünen des Sportparks Eimsbüttel beispielsweise werden nach dem derzeit laufenden Umbau 1500 Besucher aufnehmen können.
Die riesengroße Lücke bei den Freiluftstätten zwischen 5000 und 30.000 Besucherinnen und Besuchern, sie ist evident und für die Metropolregion Hamburg mit ihren mehr als fünf Millionen Einwohnern nüchtern betrachtet ein schlechter Witz, gekrönt nur noch davon, dass das schmucke Rothenbaum-Stadion nur an 22 Tagen im Jahr genutzt werden darf.
Basketballer, Handballer und der Eissport suchen neue Arenen
Zumal es bei den anderen Arenen nicht viel besser aussieht. Neidisch werden viele Basketball- und Eishockey-Anhänger im September nach München geschaut haben, wo der SAP Garden eingeweiht wurde, eine bis zu 11.500 fassende Mehrzweckhalle im Olympia-Park mit dem DEL-Club EHC (Red Bull) München und den Basketballern des FC Bayern als Hauptmieter. Zur Anlage gehören drei überdachte Eisflächen für den Breitensport, die Baukosten in Höhe von 150 Millionen Euro übernahm Red Bull.
Und in Hamburg? Der professionelle Eishockey-Sport ist längst beerdigt, mit der Schließung der q.beyond Arena am HSV-Stadion ist eine wichtige Eisfläche verloren gegangen, die neue Nutzung zieht sich hin, was sonst. Quälend lange verläuft die Suche nach einer neuen Spielstätte für die Handballer des HSV Hamburg und die Basketballer der Veolia Towers Hamburg. Immerhin bewegte sich jetzt etwas. Auf dem Gelände des Huckepackbahnhofs in Rothenburgsort könnte eine bis zu 9000 Besucher fassende Arena in den kommenden fünf bis sechs Jahren entstehen. Die Betonung liegt auf „könnte“.
Stadionneubau: Altona 93 kann erst 2030 umziehen
Die Sportstadt Hamburg, wie sie gerne tituliert wird, erscheint wie eine einzige Baustelle. Die vielen komplexen, komplizierten Prozesse behindern Unternehmergeist, den Mut, größer zu denken, neue, moderne Nutzungskonzepte zu entwickeln.
Man muss sich das in Ruhe vor Augen führen: 2007(!) verkaufte Altona 93, derzeit in der Oberliga aktiv, das Gelände der Adolf-Jäger-Kampfbahn an der Griegstraße für 11,25 Millionen Euro. Aber selbst die bis Ende 2026 laufende Frist, bis dahin eine neue Spielstätte gebaut bekommen zu haben, reichte nicht aus, nun soll 2030 der Umzug an den Diebsteich erfolgen – wenn es nicht neue Verzögerungen gibt.
Behörde gefordert: Nutzung nicht mehr nur mit Sport
Dass das Sportamt dort nun als Hauptmieter auftreten wird, ist ein neues, spannendes Konzept, das möglich wird, weil das Stadion nicht als Bezirkssportanlage, sondern als Sonderspielstätte klassifiziert wird. Ein Modell für die Zukunft? Womöglich, aber auch hier stellt sich sofort die Frage: Wäre die Behörde in der Lage, ein Konzept für ein mittelgroßes Stadion in der Größenordnung von 10.000 bis 12.000 Zuschauern zu gestalten, im Zusammenspiel vor allem mit der Kultur, aber auch mit Schulsport?
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Dass Flächen knapp sind in Hamburg und die Politik gefordert ist, verantwortungsvoll mit den Steuergeldern umzugehen und sich vor allem nicht auf einen Drittligaclub als Hauptmieter zu verlassen (Stichwort: Wir bauen nicht auf Vorrat) – alles nachvollziehbar und in Ordnung. Das heißt aber noch lange nicht, dass es nicht Lösungen gibt für die Realisierung eines Stadions in einer Größe, die in Hamburg fehlt. Ein kluges, innovatives Angebot würde ganz sicher die benötigte Nachfrage schaffen, allen Zweiflern und Skeptikern zum Trotz.