Hamburg. Bei dem Radrennen mischt Zabel sich unter die Hobbyradler. Wie er auf seine Karriere blickt und warum er vielleicht nach Hamburg zieht.
Als Profi musste Rick Zabel sich am Vorabend eines Rennens eine große Portion Nudeln reinstopfen und früh schlafen gehen, um maximale Leistung zu erbringen. Diese Tage sind vorbei. Der 30-Jährige beendete vor wenigen Monaten beim Rund-um-Köln-Rennen seine Radsportkarriere und tritt nur noch zum Spaß in die Pedale. Bei den Bemer Cyclassics in Hamburg nimmt der Ex-Profi am Sonntag am Amateur-Rennen Cyclassics 100 teil – ohne Leistungsdruck und Nudel-Druckbetankung.
Beim Jedermann-Rennen fährt Zabel für das Team „Roaar“, einer Radsportgruppe aus Köln, die er selbst gegründet hat. „Groß was reißen“ wolle er aber nicht, ihm gehe es nur um den Spaß. Den habe er bei dem prestigeträchtigen Rennen in Hamburg sowieso immer. „Die Cyclassics waren als Profi immer mein Lieblingsrennen in Deutschland, weil mir die Bedingungen als Sprinter entgegenkamen. Der Waseberg hat es zwar in sich, aber den habe ich meistens ganz gut verkraftet und konnte vorne mitfahren“, sagt Zabel im Gespräch mit dem Abendblatt.
Zabels Cyclassic-Tipps: ordentlich essen, genug schlafen und ein doppelter Espresso
Seinen Mitstreitern empfiehlt der gebürtige Unnaer, kein unnötiges Risiko einzugehen. „Es ist sehr ärgerlich, wenn man bei einem Jedermann-Rennen stürzt und sich sein teures Rad oder die eigenen Knochen kaputt macht.“ Um die 100 Kilometer zu bewältigen, sollten die Hobbyradler am Vorabend ordentlich essen, genug schlafen, vor dem Rennen einen doppelten Espresso trinken und „einfach Spaß haben“, sagt Zabel.
Schon am Sonnabend wird der frühere Deutsche U-23-Meister als Laureus-Botschafter beim Kids-Race vor Ort sein und seinen dreijährigen Sohn Oskar anfeuern. „Das ist dann schon die nächste Generation der Zabels, die Radrennluft schnuppert“, sagt das Sprintass. Schon sein Vater Erik Zabel (52) war professioneller Radsportler und gilt als einer der besten deutschen Fahrer aller Zeiten. Bei der Tour de France gewann er sechsmal das grüne Trikot des besten Sprinters.
Rick Zabel: Hätte die Zitrone auch noch „bis auf den letzten Tropfen auspressen können“
„Ich hatte immer eine realistische Einschätzung zu meiner sportlichen Leistung. Ich war ja nie so erfolgreich wie mein Vater oder Jan Ullrich. Ich war ein solider, guter Profi, aber kein Seriensieger. Das ist für mich vollkommen in Ordnung, ich bin sehr stolz auf meine Karriere“, sagt Zabel. Seine größten Erfolge sind jeweils ein Etappensieg bei der Österreich-Rundfahrt 2015 und bei der Tour of Yorkshire 2019. Viermal fuhr er bei der Tour de France mit.
Mit 30 Jahren beendete Zabel seine Karriere vergleichsweise früh. „Ich hätte noch drei oder vier Jahre weiter fahren und die Zitrone bis auf den letzten Tropfen auspressen können. Mir war es aber wichtig, mit dem Sport im Guten auseinanderzugehen.“ Ein Karriereende ist allerdings auch eine Frage des Geldes. „Als Radsportprofi kann man schon ganz gut verdienen, aber nur die Topstars schaffen es, auszusorgen“.
Die Karriere nach dem Sport als TV-Experte, Podcaster und Influencer
Dass er das Rennrad am Wochenende nun auch mal in der Garage stehen lassen kann, liegt daran, dass er sich bereits zu seiner aktiven Zeit eine Karriere nach dem Sport aufgebaut hat. Anstatt die Tour de France zu fahren, kommentiert er sie jetzt als TV-Experte. „Ich bin ganz froh darüber, als Kommentator die Rennen ganz vorne miterleben zu dürfen, anstatt auf Platz 38 ins Ziel zu kommen. Das habe ich lange genug gemacht“, sagt Zabel.
Seit 2019 ist er Host des Interview-Podcasts Plan Z, bei dem er und die ehemalige Profiradsportlerin Tanja Erath Einblicke hinter die Kulissen des Sports geben. „Ich war nie der beste deutsche Radprofi, aber ich bin aktuell der populärste – sicherlich dank meines Podcasts und meiner Affinität zu Social Media“, sagt Zabel. Auf seinem Instagram-Account rickzabel folgen ihm mehr als 280.000 Menschen.
Nach Kauf des Hausboots von Olli Schulz und Fynn Kliemann: Zieht es Zabel nach Hamburg?
Während andere Profis es als lästig empfinden würden, neben dem Sport auch noch die sozialen Medien zu bespielen, habe es ihm immer Spaß gemacht. Nach der Karriere nur die Füße hochzulegen, sei für ihn sowieso keine Option gewesen. „Es ist fraglich, ob es überhaupt erstrebenswert ist, schon mit 30 gar nichts mehr zu machen. Ich habe darauf keine Lust“.
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Was er jedoch genieße, ist die neu gewonnene Freiheit. Jetzt könne er selbst entscheiden, mit welchen Marken er zusammenarbeitet. Als Leistungssportler musste er seinen Wohnort stets nach den Trainingsbedingungen auswählen. Zabel lebe zwar gerne in Köln, Hamburg habe jedoch einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen und sei für ihn eine der lebenswertesten Städte. Bis seine Kinder in die Schule gehen, will die Familie eine langfristige Entscheidung für einen Wohnort treffen. „Da ist Hamburg ein ganz guter Kandidat“, sagt Zabel
In der Hansestadt verbringt er ohnehin viel Zeit. Vor Kurzem hat er das Hausboot von Olli Schulz und Fynn Kliemann gekauft, das in Rothenburgsort vor Anker liegt. Während der Cyclassics zahlt sich das Investment bereits aus, dann werde Zabel nämlich auf dem Hausboot übernachten. Bis zum Ende des Jahres stehen noch ein paar Projekte an, die Cyclassics seien jedoch sein letzter Radrenntermin. „Danach werde ich einfach mal mit der Familie in den Urlaub fahren“ – die Vorzüge des Lebens als Radsportrentner.