Hamburg. Christoph Dieckmann übernimmt die deutschen Beachvolleyballer. Er feierte große Erfolge als Spieler und in der Schweiz als Trainer.

Es sind Tage des Abschieds, die Christoph Dieckmann derzeit in Hamburg verbringt. Der Beachvolleyballtrainer betreute zum letzten Mal Nina Brunner (28) und Tanja Hüberli (31), die bei den Olympischen Sommerspielen in Paris Bronze gewannen. Dass es bis zum letzten Ballwechsel eine erfolgreiche Zusammenarbeit war, bewies das Schweizer Nationalteam beim mit 300.000 US-Dollar hoch dotierten Elite-16-Turnier im Tennisstadion am Rothenbaum.

Brunner/Hüberli schlugen sich am Sonntagmorgen mit einem 2:1 (21:15, 17:21, 21:19)-Sieg gegen die Italienerinnen Valentina Gottardi/Marta Menegatti ins Endspiel gegen die in Hamburg trainierenden Europameisterinnen Svenja Müller (23/ETV)/Cinja Tillmann (33/Spontent Düsseldorf), die im zweiten Halbfinale die starken Brasilianerinnen Thamela/Victoria mit 2:0 (21:17, 25:23) Sätzen bezwangen. Das Finale gewannen dann am Abend Brunner/Hüberli nach Abwehr von zwei Matchbällen mit 2:1 (21:18, 18:21, 18:16).

Neuer Bundestrainer: Dieckmann startet Sonntag

„Ich hätte nicht gedacht, dass Nina und Tanja nach den anstrengenden vergangenen Wochen noch einmal solch eine Energieleistung zeigen könnten. Aber sie sind beide starke Charaktere und haben einen ausgeprägten Leistungswillen“, sagt Dieckmann über die Weltranglistenzehnten, die nach dem Hamburger Turnier mindestens auf Platz fünf klettern werden.

Am kommenden Sonntag, am Finaltag der Deutschen Beachvolleyball-Meisterschaften am Timmendorfer Strand, tritt der 48-Jährige offiziell seinen neuen Job als leitender Bundestrainer an. Im neuen Organigramm des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) übernimmt er zudem die Rolle des Beachvolleyball-Sportdirektors im Deutschen Volleyball-Verband (DVV), die in dieser Form nicht mehr existiert. Sein Vertrag, es ist eine 80-Prozent-Stelle, läuft formal zum Jahresende aus, wird dann aber für den nächsten Olympiazyklus bis Los Angeles 2028 verlängert.

Verband wollte Dieckmann schon vor Jahren holen

Christoph Dieckmann war im Verband schon länger ein Kandidat für den Chefposten, längst bevor sein vier Minuten älterer Zwillingsbruder Markus Dieckmann vor einem Jahr Präsident des DVV wurde. Deshalb hat die Personalie kein Geschmäckle. „Christoph gehört zu den besten drei Beachvolleyballtrainern der Welt“, sagt DVV- Sportvorstand Jaromir Zachrich, „wir sind sehr glücklich, dass er sich für uns entschieden hat.“

Der Gelobte hält von solchen Kategorisierungen nichts: „Die Arbeit eines Trainers ist an Ergebnissen höchstens vordergründig zu messen. Diese Sichtweise berücksichtigt zu wenig die Ausgangslage, das Arbeitsumfeld, die Möglichkeiten, das Potenzial der Sportlerinnen und Sportler.“ Über den DVV sagt er: „Im Verband fehlte zuletzt die Wertschätzung. Die Kultur des Miteinanders war nicht gerade ausgeprägt. Ich habe aber das Gefühl, dass sich dies jetzt ändert.“ Auch deshalb nahm er das Angebot an.

Schweizer Volleyballerinnen sind heute Weltklasse

In der Schweiz lieferte Dieckmann, als Spieler mit Andreas Scheuerpflug 2004 in Athen Olympiafünfter und 2006 mit dem späteren Olympiasieger Julius Brink Europameister, nicht nur Ergebnisse, er leistete in den vergangenen zwölf Jahren am 2012 gegründeten Landesstützpunkt Bern mit seinen Kollegen auch Aufbauarbeit. Die Beachvolleyballerinnen der im Verhältnis zu Deutschland mit 8,7 Millionen Einwohnern kleinen Alpenrepublik sind heute Weltklasse.

Vor Brunner/Hüberli holten Anouk Vergé-Dépré/Joana Mäder bei den Sommerspielen 2021 in Tokio ebenfalls Bronze. „Mein Entschluss, in der Schweiz aufzuhören, ist mir nicht leicht gefallen. Es war eine Bauchentscheidung. Ich hatte das Gefühl, meine Arbeit dort zu einem gewissen Abschluss gebracht zu haben und dass ich mal wieder was Neues anfangen sollte“, sagt Dieckmann.

Hamburger Ehlers/Wickler sind bis 2028 gesetzt

Der Neustart bringt etliche Herausforderungen. Mit den Weltranglistenzweiten Nils Ehlers/Clemens Wickler (ETV), die am Rothenbaum wegen einer Knöchelverletzung Ehlers’ in der ersten K.-o.-Runde am Sonnabend nicht mehr antraten, und den Weltranglistensiebten Müller/Tillmann gehören derzeit nur zwei deutsche Duos zu den Top 15. Beide Paare wollen bis Los Angeles weitermachen. „Ziel ist es, in den nächsten Jahren bei beiden Geschlechtern mindestens zwei Teams in der Weltspitze zu etablieren“, sagt Dieckmann. Bei den Schweizer Frauen erfüllten zuletzt drei Kombinationen diese Anforderung.

Die am Alten Teichweg trainierenden Europameisterinnen  Svenja Müller (l.) und Cinja Tillmann verloren im Hamburg erst im Finale. Sie hatten gegen Brunner/Hüberli zwei Matchbälle.
Die am Alten Teichweg trainierenden Europameisterinnen Svenja Müller (l.) und Cinja Tillmann verloren im Hamburg erst im Finale. Sie hatten gegen Brunner/Hüberli zwei Matchbälle. © imago/Beautiful Sports | imago

Gesucht wird eine neue Partnerin für Louisa Lippmann


In den nächsten zwei Monaten muss Dieckmann mit den Bundestrainern Helke Claasen, Thomas Kaczmarek, Alexander Prietzel, dem Österreicher Simon Nausch und dem Neuseeländer Kirk Pitman weitere Kandidaten für den nächsten Olympiazyklus finden. Bei den Männern bieten sich die Weltranglisten-22. Lukas Pfretzschner (24)/Sven Winter (26) vom FC St. Pauli an, bei den Frauen gilt es nach dem Rücktritt Laura Ludwigs eine neue Partnerin für Blockspielerin Louisa Lippmann (29) zu finden.

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Das ist keine einfache Aufgabe. „Schaut man auf die Ergebnisse bei internationalen Turnieren, drängt sich im Augenblick niemand auf“, sagt Dieckmann. Er wird sich daher nicht nur am Bundesstützpunkt am Alten Teichweg im Hamburger Stadtteil Dulsberg regelmäßig mit den Athleten und Trainern austauschen, auch die Nachwuchsstützpunkte in Berlin und Stuttgart werden bei ihm im Fokus stehen. Sein Lebensmittelpunkt bleibt wie in den vergangenen zwölf Jahren seine Familie in der griechischen Millionenstadt Thessaloniki.

Nuer Bundestrainer verlangt Klarheit und Konsequenz

Dieckmann, der in seiner Karriere als Spieler und Trainer viel vom renommierten Sportwissenschaftler und Beachvolleyball-Autoren Hans Voigt gelernt hat, wird keine Trainingsphilosophie verordnen. Nicht vorgeben, sondern vorleben, lautet seine Devise. Teams und Trainer müssen zueinander passen. Aber: Wer Leistungssport auf höchstem Niveau betreibt, muss wissen, worauf er sich einlässt. Erfolg sei nur mit Klarheit und Konsequenz möglich. Da gebe es für ihn keine Kompromisse.

Das Finale der Männer gewannen am Rothenbaum die Norweger Anders Mol/Christian Sörum. Die Olympiadritten besiegten die Spanier Pablo Herrera/Adrián Gavira mit 2:0 (21:15, 21:11) Sätzen.