Guyancourt/Hamburg. Die Hamburger Golferin feiert bei den Spielen in Paris den größten Erfolg der Karriere. Wie ihr Trainer und Club das Finale verfolgten.
Diese „Esther, Esther“-Rufe auf dem Weg zum 18. Grün wird Esther Henseleit ihr Leben lang nicht vergessen. „Die Zuschauer haben mich ins Ziel getragen“, erzählte die Hamburgerin später mit der Silbermedaille um den Hals, „das alles zu realisieren, wird aber sicher ein paar Tage dauern.“
Platz zwei bei den Olympischen Spielen, erste Olympia-Medaille für den Deutschen Golf Verband überhaupt, das Treppchen neben der zwei Schlägen besseren Siegerin Lydia Ko (Neuseeland), am Sonnabendabend die Huldigungen im Deutschen Haus in Paris. Es war der größte Tag in der Karriere der 25-Jährigen vom Hamburger Golf-Club Falkenstein.
Golf: Große Unterstützung durch Fans und Familie
Mit einer Traumrunde von 66 Schlägen auf dem Par-72-Kurs Le Golf National katapultierte sie sich im Finale von Rang 13 mit insgesamt acht unter Par auf den Silberrang: „Mir fehlen die Worte, ich bin sehr glücklich.“
„Team Esthi“, stand auf den T-Shirts der Familiengruppe, die Henseleit auf dem Platz begleitet hat. Die Eltern mit ihren neuen Partnern, die beiden Schwestern, engste Freunde waren ein wichtiger Teil des Erfolges. Ebenso wie viele weitere deutsche Fans, live vor Ort oder emotional.
Public Viewing im Clubhaus in Falkenstein
„Nach dem Auftaktbirdie auf der eins hat sich ihre Körpersprache verändert“, stellte Stefan Kröhnert fest. Der Hamburger Geschäftsmann hatte Henseleit als Mitglied des HGC in der Anfangsphase ihrer Profikarriere 2019 in finanziellen Dingen beraten. Jetzt war er alle vier Tagen vor Ort als Zuschauer mitgegangen. „Sie hat alles genossen und in sich aufgesaugt, trotzdem ist sie immer konzentriert und bei sich geblieben“, berichtete Kröhnert.
Mit einer Whatsapp-Gruppe hielt Kröhnert zahlreiche Falkensteiner auf dem Laufenden. Wo Henseleit liegt, wie viele Schläge sie gebraucht hat. Dazu ab und an Fotos. Die Community war informiert, fieberte mit Hamburgs Sportlerin des Jahres 2019 mit. Auch im Clubhaus des HGC natürlich, wo rund 70 Mitglieder gebannt dem Public Viewing des Livestreams folgten und am Ende jubelten.
Küsschen für Caddie und Verlobten
„Ich wusste am Anfang des Tages, dass ich etwas Besonderes machen musste, um eine Medaille in der Hand zu halten“, sagte Henseleit, die inzwischen als Mitglied der US-amerikanischen LPGA-Tour ihren Hauptwohnsitz in Arizona hat. Also hat sie gewagt – und gewonnen. Zwei Bogeys und ein Doppelbogey hatte sie in den ersten drei Runden auf der ersten Bahn gespielt, jetzt war es ein Birdie, das größere Risiko zahlte sich aus.
Mit zwei finalen Birdies auf der 17 und 18 schüttelte sie die Verfolgerinnen ab, zwischenzeitlich waren schließlich drei weitere Spielerinnen mit ihr schlaggleich. Nach getaner Abend gab es einen Kuss für ihren Caddie, Trainer und Verlobten Reece Philipps. „Ich hatte mir gesagt: Egal, was passiert, genieß es“, erzählte Henseleit.
Ex-Trainer hat so ein „Esther-Ding“ erwartet
In der Nähe von Leeds in England schaute sich Christian Lanfermann die Schlussrunde im Livestream auf dem Handy an, gemeinsam mit neun Spielerinnen der Mädchen-Nationalmannschaft zwischen 16 und 18 Jahren, die er dort bei den British Girls Open betreut. „Mir war klar, dass irgendwann mal so etwas passieren würde“, sagte der Golflehrer, der Henseleit im HGC ausgebildet hat, seit sie mit 14 Jahren aus Bad Zwischenahn nach Hamburg kam.
„Es war so ein Esther-Ding, das Gaspedal voll durchgedrückt“, sagte Lanfermann, der auf seinem Handy zahlreiche Fotos vom gemeinsamen Weg hat: „Ich empfinde Dankbarkeit und Freude pur für Esthi.“
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Den Sonnabendabend feierte sie im Deutschen Haus, auch ein Glücksfall für den Deutschen Golf Verband, so viel Beachtung gibt es für eine Randsportart sonst nicht. Sonntag Paris, Abschlussfeier, genießen. Und dann: Schalter wieder umlegen.
Montag geht es nach Schottland. „Es folgen zwei Turniere, die sehr wichtig für mich sind“, sagte Esther Henseleit, „da werden Punkte für den Solheim Cup vergeben.“ Die Qualifikation für das europäische Team für den Vergleich mit den USA Mitte September möchte sie noch schaffen. Auch nach Olympiasilber hat die Hamburgerin noch Ziele.