Nettelnburg. Mit E-Sport sein Geld zu verdienen, gelingt nur wenigen. Eine 24-jährige Nettelnburgerin hat es geschafft. Ihre ganze Geschichte.

Sich mit dem Spielen von Videospielen den Lebensunterhalt verdienen zu können, das ist ein Traum von vielen. Mareike Burg, mit Gamernamen „Sayna“, hat das geschafft. Seit Anfang des Jahres ist die 24-Jährige bei den Unicorns of Love (Einhörner der Liebe) unter Vertrag, einem E-Sport-Verein, der seine Heimat in dem Nettelnburger Gaming House Rcadia am Oberen Landweg hat.

Als aktuell einzige Frau durfte Mareike Burg nun auch in der Prime League antreten. Das ist die höchste Liga für das Videospiel League of Legends im deutschsprachigen Raum. Mit ihrer Teilnahme hat sie E-Sport-Geschichte geschrieben. Denn obwohl die meisten Turniere grundsätzlich für alle Geschlechter offen sind, ist die Szene doch praktisch ausschließlich männlich geprägt.

Wie Mareike Burg es in die deutsche Top-Liga im E-Sport geschafft hat

„Das war schon ziemlich cool“, blickt sie auf ihre Premiere zurück. „Der Druck hat sich aber auch deutlich erhöht. Davor habe ich auch schon mit dem Team zusammen trainiert, aber das war alles sehr locker für mich. Als dann klar war, dass ich zum Einsatz komme, war das noch einmal eine ganz andere Art von Stress, wenn auch ein sehr schöner Stress.“

Mareike Burg von den Unicorns of Love, einziger weiblicher E-Sport-Profi in der Prime League.
Mareike Burg von den Unicorns of Love, einziger weiblicher E-Sport-Profi in der Prime League. © Tara Golle | Tara Golle

League of Legends ist das meistgespielte Online-Spiel der Welt. Es geht um Strategie und Teamwork. Es treten zwei Teams von je fünf Spielern mit Armeen von Fantasie-Wesen gegeneinander an. Das Ziel ist es, die gegnerische Basis, den Nexus, zu erobern. Die Karte, auf der das Geschehen abläuft, ist immer gleich. Doch die Spieler können aus 160 Figuren mit Spezialfähigkeiten, sogenannten „Champions“, ihre Spielfigur wählen, sodass sich zahllose Variationsmöglichkeiten ergeben. Während der Partie tragen die Spieler Headsets, um sich miteinander zu verständigen.

Am 12. August trifft sich die deutsche E-Sport-Elite in Hamburg

Selbst Fußball-Bundesligisten wie der FC Schalke 04 oder Eintracht Frankfurt unterhalten schon E-Sport-Abteilungen und mischen in der Prime League mit. Am Sonnabend, den 12. August, trifft sich die Elite der deutschen E-Sport-Gamer nun zur Abwechslung mal offline zum Sommerfinale in Hamburg. Gespielt wird im Schuppen 52 unmittelbar am Hafen – vor voraussichtlich Hunderten von Fans.

Mareike Burg hat schon früh Kontakt zu Videospielen gehabt. Mit sieben Jahren bekam sie ihren ersten Gameboy, mit 14 begann sie, hobbymäßig League of Legends zu spielen. Das wurde intensiver, als sie während ihres Studiums begann, Uni-E-Sport zu spielen. Richtig professionell wurde es dann aber erst Anfang dieses Jahres, als Fabian Mallant auf sie aufmerksam wurde. Der Headcoach der Unicorns of Love, holte die 24-Jährige als Ersatzspielerin in sein Team.

Von Null an die Weltspitze: Die Erfolgsgeschichte der Unicorns of Love

Fabian Mallant, Spitzname „Sheepy“, gründete im Jahr 2014 mit vier Freunden die Unicorns of Love. Damals schaffte er es mit seinem Team zu einem der größten europäischen Turniere der League of Legends Championship Series. Noch im selben Jahr marschierten die Unicorns of Love als Newcomer bei den Intel Extreme Masters in San José (USA) bis ins Finale und heimsten 11.000 Dollar Preisgeld ein. Es war der Grundstock einer Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält.

Die Unicorns of Love sind ein Familienunternehmen der Familie Mallant. Fabian Mallant hat seine aktive Karriere beendet und fungiert heute als Head Coach. Vater Jos Mallant ist CEO der Unicorns, Schwester Vivienne hat das Management übernommen. Die Gaming-Profis von Unicorns of Love bekommen im Gaming House in Nettelnburg Zimmer gestellt und haben einen Vertrag mit dem Verein, von dem sie „gut leben können“ (Mareike Burg).

Professionelles Gaming: Sechs-Tage-Woche mit acht Stunden Training am Tag

Im Gegenzug haben sie eine Sechs-Tage-Woche als professionelle Gamer, das bedeutet jeden Tag sieben bis acht Stunden Training. Dieses besteht aber nicht nur darin, League of Legends zu spielen, sondern auch aus taktischen Inhalten. Ihre Matches bestreiten die Unicorns vom Gaming House aus. Finanziert wird das alles hauptsächlich durch Sponsoren. Die Preisgelder machen nur einen unwesentlichen Teil aus.

Schon zu Beginn der Saison hatte sich Mallant entschieden, dass er sich eine weibliche Verstärkung für das Team gewünscht. Seine Wahl fiel auf Mareike Burg wegen ihres klaren logischen Denkens, ihrer Frusttoleranz und ihrer Anpassungsfähigkeit im Team. „Wenn etwas mal nicht so gut läuft, hängt sie dem nicht lang hinterher“, analysiert Mallant. „Das hilft natürlich enorm. Diese Haltung führt zu den guten Ergebnissen, die sie erzielt.“

Frauen kommen sie im Profi-Gaming bislang kaum zum Zuge

Auf ihrem Weg zum E-Sport-Profi wurde Mareike Burg auch von der Equal Esports Initiative der Telekom gefördert. Die Initiative unterstützt weibliche und non-binäre Gamerinnen und Gamer. Zur Förderung gehört In-Game-Coaching ebenso wie zum Beispiel die Themen Ernährung und Schlaf. Außerdem werden Bootcamps veranstaltet, bei denen die Teilnehmer eine Woche zusammen trainieren.

„Dadurch habe ich mich eindeutig verbessert“, betont die 24-Jährige, die sich wünscht, dass es in Zukunft mehr Frauen in ihrem Sport gibt. „Außer mir gibt es in der Prime League keine anderen Frauen“, beklagt sie. Es gäbe zwar einige, die in reinen Frauen-Turnieren spielen. Mareike Burg befürchtet, dass solche „Female-Cups“ zu einer Spaltung beitragen. Schließlich habe man im E-Sport leistungstechnisch keine Vor- oder Nachteile durch das Geschlecht.

Leitet die Nominierung von Mareike Burg eine Trendwende ein?

Das ist auch ihrem Trainer aufgefallen. „Die Nominierung von Mareike kam bei mir ganz klar aus einem Gefühl heraus, dass ich umgeben bin von so fähigen, talentierten Frauen, die so viele Dinge so viel besser können als ich – und das gilt natürlich auch für League of Legends“, erläutert Fabian Mallant. „Nur kommen sie da irgendwie nicht so zum Zuge.“