Bergedorf. Computerspieler ziehen in das größte „Gaming House“ Europas in Bergedorf ein. Erste Events in diesem Jahr. Corona erschwert Planung.
Jos Mallant kommt ins Schwärmen, wenn er über das mittlerweile etwas heruntergekommene frühere Hotel der Telekom am Oberen Landweg spricht. „Das wird ein Zugpferd für die E-Sports-Szene in Europa“, sagt er. Denn aus dem Commundo-Tagungshotelsoll ein „Gaming House“ werden. Freunde der Computerspiele, kurz E-Sports genannt, sollen dort ihre Heimstätte finden.
In der Weltspitze spielen die Bergedorfer „Unicorns of Love“ (Deutsch: Einhörner der Liebe) mit, deren Geschäfte Jos Mallant führt. Sie sollen in die 2000 Quadratmeter des E-Sports-Center einziehen und der größten Einrichtung ihrer Art in Europa zu noch mehr Strahlkraft verhelfen.
E-Sports-Team begann als Familienprojekt
2013 wird die GmbH gegründet, weil der Sohn von Jos Mallant, Fabian Mallant, so gut geworden ist, dass er den Sprung in das Profigeschäft wagen will. Der Vater übernimmt die Geschäftsführung und wird von seiner Tochter Vivien Mallant unterstützt. Das Projekt wächst.
Mittlerweile gibt es zwölf Teams á vier bis fünf Spieler. Sie sind Profis und können „ganz gut davon leben“, ist Jos Mallant zurückhaltend. Er berichtet, dass ambitionierte Amateure auf Mini-Jobber-Niveau bezahlt werden, während die absoluten Spitzenspieler bis zu einer Million Euro verdienen können.
Name ist eine Anleihe in der Start-up-Szene
Das Vorrücken in die Hauptrunde der Weltmeisterschaften 2020 des PC-Spiels „League of Legends“ ist der bisher größte Erfolg der Fabelwesen der Liebe. Einhorn ist übrigens ein Begriff aus der Start-up-Szene und steht für sehr erfolgreiche Unternehmen der Digitalbranche. „Diese Weltmeisterschaft hatte mehr Zuschauer als die Fußball-WM“, ordnet Mallant die Bedeutung des Events ein.
Die E-Sportler können in dem ehemaligen Hotel an der Grenze von Nettelnburg zu Bergedorf-West zusammen leben und trainieren. Es können Veranstaltungen organisiert werden (Jos Mallant: „Events werden immer wichtiger“). Und die Fans sollen den Aktiven nah sein können.
Eltern stehen der Szene oft mit Unverständnis gegenüber
Der Geschäftsführer will auch Aufklärung betreiben. Denn es kommt immer wieder vor, dass besorgte Eltern ihn anrufen. Sie fragen sich, ob ihr Kind womöglich zum Terroristen wird, weil er sich in Ego-Shooter-Spielen an der „Waffe“ übt. „Das werden sie natürlich nicht“, beruhigt er.
Digitale Schul-AGs sollen auf den hochwertigen Rechnern arbeiten können. Es sind Veranstaltungen für die Studenten-Liga geplant. Das Restaurant soll reaktiviert werden und Gästen offenstehen. Auch der Frauenkleiderflohmarkt früherer Tage soll wieder auferstehen.
Männer dominieren, Frauen holen auf
Die E-Sports-Szene ist männlich dominiert, wenn auch der Anteil weiblicher Spieler steigt, berichtet der Geschäftsführer. Das vermeintlich schwache Geschlecht ist in einer Untersparte jedoch sehr stark vertreten. Beim „Cosplay“, Abkürzung für „Costume Play“ (Deutsch: Kostümspiel) stellen die Fans von Videospielen, aber auch Comics, TV-Serien oder Filmen mithilfe von originalgetreuen Kostümen die Charaktere nach. Es soll eine Werkstatt geben, in der sie ihre Verkleidung schneidern können.
Die Einhörner wollen 2022 im Gaming House starten. Mit Events soll bereits dieses Jahr ein Signal gesetzt werden, so Matthias Linnebrügger, Sprecher der Think United GmbH. Das Unternehmen wird das Center betreiben, das von der Immobilienfirma Imvest realisiert wird. Hinter diesen Unternehmen steht Tomislav Karajica. Projekte wie Fernsehturm, Elbdome oder Mundsburg Tower gehören zu seinem Portfolio. Bei den Erstliga-Basketballern der Hamburg Towers ist er Hauptgesellschafter.
50 Millionen Euro sollen in das Projekt investiert werden
Drei bis vier Jahre wird der Umbau dauern, so Linnebrügger. Ursprünglich sollte das Zentrum im Sommer diesen Jahres eröffnet werden, doch durch Corona geriet der Zeitplan ins Wanken. 50 Millionen Euro sollen in das Projekt investiert werden. Neben dem Gaming House sind ein E-Hotel und ein Cyber Campus geplant. An Selbstbewusstsein mangelt es den Planern jedenfalls nicht. Als „The next big thing“, das nächste große Ding bezeichnet Think United das Projekt.