Lüneburg/Oldenburg. Die Gründerinnen des Start-ups Equalchamps bauen eine digitale Plattform auf, um Athletinnen und Sponsoren zusammenzubringen.
Manchmal sind es kleine Zahlen, die auf große Missstände hinweisen. Nur sieben Prozent beträgt der Anteil der Sponsorengelder in der internationalen Sportwelt, der Sportlerinnen zugute kommt. 93 Prozent fließen in den Männersport. Dieses massive Ungleichgewicht hat zwei frühere Lüneburger Studentinnen dazu gebracht, im Sommer 2021 ihr Start-up Equalchamps zu gründen.
Über die digitale Plattform finden Athletinnen und passende Sponsoren zusammen. So sollen Sportlerinnen für potenzielle Unterstützer sichtbarer und Unternehmen auf die Vorteile eines solchen Engagements aufmerksam werden. Langfristiges Ziel ist es, die Chancengleichheit im Leistungssport zu stärken.
Die Vermittlungs-Plattform macht Sportlerinnen sichtbarer für Sponsoren
Die Idee kam Lina Soffner und Laura Elbers in einem Master-Seminar an der Leuphana Universität. Das erzählen sie im Videogespräch, die Gründerinnen haben sich an diesem Tag aus Hamburg und Osnabrück zugeschaltet. Mit einem fiktiven Unternehmen sollten die Studierenden damals ein gesellschaftliches Problem lösen. Die Prozentzahl im Kopf holten sie weitere Informationen ein und sprachen auch mit einer Handballerin aus der Zweiten Bundesliga, die deutlich weniger als ihr Partner, ebenfalls Profisportler, verdiente.
„Das ist kein Einzelfall, sondern ein strukturelles Problem. Und es gab bis dahin keine Lösung am Markt“, sagt Lina Soffner. „Unsere Plattform bringt Raum und Struktur in die Sponsorensuche.“ Sie schrieben einen Businessplan, schlossen ihr Management-und-Entrepreneurship-Studium ab, sicherten sich ein Gründungsstipendium und fanden im Start-up-Zentrum Oldenburg eine Heimat für ihr junges Unternehmen.
Algorithmus sucht nach „perfect match“ zwischen Athletin und Unternehmen
Die Plattform funktioniert wie eine Partnervermittlungsbörse und das ist sie im Grunde auch. Equalchamps vermittelt Partnerschaften und sucht per Algorithmus nach dem „perfect match“, sodass die Vorstellungen und Wünsche von Sportlerinnen und Unternehmen möglichst optimal zueinander passen. „Wir wollen zeigen, wie vielfältig der Sport ist“, sagt Laura Elbers, die selbst Tennis spielt und als Trainerin tätig ist.
Rund 160 Athletinnen sind bisher mit einem Profil auf der Seite vertreten. Sie kommen aus 27 Sportarten, darunter Leichtathletik, Basketball, Fechten, Tennis, Klettern, Judo und Schwimmen. Auch Para-Sportlerinnen und Olympionikinnen stellen sich hier vor.
Profile sollen authentisches Bild der Sportlerinnen und ihrer Werte vermitteln
Die Profile erstellen die Nutzerinnen selbst, dabei können sie sich an einigen Leitfragen orientieren und erhalten Hilfestellung durch Infotexte. Neben Angaben zum sportlichen Werdegang gibt es Stichpunkte zu besonderen Kenntnissen und Werten, die die Sportlerin vertritt. „Die Profile sollen ein möglichst authentisches Bild vermitteln“, sagt Lina Soffner. „Uns ist es wichtig, dass klar wird, wer die Person hinter dem Sport ist.“
Den Sportlerinnen gegenüber stehen etwa 60 Firmen, unter anderem aus den Bereichen Sportartikel, Lebensmittel, Recht und Beratung, die passende Repräsentantinnen suchen. Auf diesem Weg haben zum Beispiel die Buchholzer Handball-Luchse ein Produktsponsoring erhalten, die Hamburger Para-Kanutin Edina Müller zwei finanzielle Sponsorings. Auch die Tischkicker-Weltmeisterin Linh Tran hat ein Profil auf der Seite. Für jede erfolgreiche Vermittlung geht eine Provision in Höhe von 15 Prozent der Sponsoringsumme an Equalchamps.
Sponsoring kann Geld, Produkte oder Auftritte bei Firmenveranstaltungen umfassen
Die Formen des Sponsorings sind vielfältig. So werden die Athletinnen für Firmenevents gebucht, sie treten als Speakerinnen bei Veranstaltungen auf, geben ihr Wissen als Expertinnen weiter oder machen den Sponsor über ihre Social-Media-Kanäle bekannter. Sie kennen sich mit Teamgeist und Konkurrenz, Motivation und Herausforderungen, Erfolg und Misserfolg aus – Themen, die für Unternehmen und ihre Mitarbeiter wichtig sind.
Es sind auch Themen, mit denen sich die beiden Existenzgründerinnen auskennen. Beide bezeichnen sich nicht nur als sport- sondern auch als gründungsbegeistert. Für Laura Elbers stand spätestens nach einem Praktikum im BWL-Bachelorstudium fest, dass sie selbst Unternehmerin werden wollte. „Die Atmosphäre hat mich begeistert, es gibt jeden Tag neue Themen und viel Austausch mit anderen Start-ups. Man muss selbst Entscheidungen treffen und kann richtig was bewirken“, sagt die 28-Jährige. Die Lernkurve sei steil, auch bei Equalchamps laufe viel durch das Prinzip Versuch und Irrtum. „Fehler sind okay. Man muss aber zu hundert Prozent hinter der Idee stehen.“
Gründerinnen teilen sich die Aufgaben in ihrem Start-up-Unternehmen
Lina Soffner hatte im Studium schon mehrere Businesspläne geschrieben, bevor es mit der Gründung ernst wurde. „Die Umsetzung sah natürlich komplett anders aus als die aufgeschriebene Idee“, sagt die 30-Jährige im Rückblick. „Aber so ist jeder Tag spannend. Wir müssen das Konzept in viele kleine Aufgaben herunterbrechen und immer wieder neue Lösungen finden.“
Für den Start-up-Alltag haben sie sich eine Mischung aus flexibler Arbeit und festen Routinen geschaffen. An zwei festen Tagen arbeiten sie gemeinsam, gehen im Videogespräch die anliegenden Themen durch und tauschen sich mit ihrem IT-Business-Angel aus. „Diese Verlässlichkeit ist wichtig, auch für ein ehrliches Feedback“, sagt Lina Soffner. Sie kümmert sich ums Marketing, während ihre Co-Gründerin die strategischen Fragen im Blick hat.
Für die weitere Entwicklung suchen sie einen Investor, der zu Equalchamps passt
Die Gründerinnen sehen viel Potenzial in ihrem Start-up. Noch haben beide Teilzeitstellen im Personalbereich, mittelfristig soll sich ihre eigene Firma auch wirtschaftlich tragen. Dafür suchen sie einen Investor. Auch dabei ist ihnen der „perfect match“ wichtig, wie Lina Soffner betont. „Der perfekte Investor muss wirklich zu uns und unseren Werten passen, das soll wohlüberlegt sein.“
Aus unternehmerischer Sicht kann die kleine Zahl, die am Anfang der Unternehmensgründung stand, auch positiv verstanden werden: In einer Sportwelt, in der Frauen bisher nur ein sehr schmales Stück des Sponsoringkuchens erhalten, ist der mögliche Raum für weitere Entwicklungen groß. Oder, wie es Lina Soffner formuliert: „Wir haben schon eine Menge geschafft, aber es ist auch noch viel noch Luft nach oben.“