Hamburg. Hamburg ist leider keine Sportstadt: Der Lizenzentzug für das Handball-Bundesligateam vom HSVH ist ein weiteres Indiz.
Jetzt also Handball! Erneut, muss man ja leider sagen. Lizenzentzug, Bundesliga perdu, Zwangsabstieg in die vierte Liga. Letzte Hoffnung des Handball Sportvereins Hamburg (HSVH) ist das Schiedsgericht der Handball-Bundesliga (HBL), das final über die Entscheidung des HBL-Präsidiums sowie der Lizenzierungskommission der Liga befindet. Wie immer es ausgeht – die Situation ist für einen Sportinteressierten in Hamburg deprimierend.
Die Frage, wieso der Verein überhaupt in eine Situation kommen kann, dass er massive Auflagen für die Lizenzierung bekommt. Dass der HSVH dabei auf die 4,1-Millionen-Gabe eines Privatmanns angewiesen war, ist kein Zeichen für seriöses Wirtschaften. Beziehungsweise ein Indiz für mangelnde Unterstützung aus der Wirtschaft.
Mangelhafte Situation für „großen“Sport in Hamburg
Oder auch: fehlende Einnahmemöglichkeiten durch eine moderne Spielstätte, die mehr als die 3800 Zuschauer der Sporthalle Hamburg fasst und ausreichende Einnahmen durch Catering und VIP-Betreuung zulässt. In der Barclays Arena rechnet sich normaler Ligabetrieb wegen der hohen Miete nicht.
Letztlich ist der Kollaps des Bundesliga-Handballteams ein weiteres schmerzhaftes Zeichen für die mangelhafte Situation des „großen“ Zuschauersports in Hamburg. Aus den unterschiedlichsten Gründen sind immer wieder Versuche gescheitert, hochkarätigen Profisport in der Stadt zu etablieren. Dem DEL-Eishockeyteam der Freezers zog der Besitzer vor inzwischen acht Jahren den Finanzstecker. Nie hat es die Franchise geschafft, auf wirtschaftlich solide Kufen zu kommen.
Hamburg: Es gibt kein mittelgroßes Stadion
Die Handballer mussten bereits vor acht Jahren aus der HBL zwangsabsteigen, nachdem Ex-Präsident Andreas Rudolph seinen Geldhahn zugedreht hat. Die Eishockey-Crocodiles meldeten 2023 Insolvenz an. Auch eine angemessene Eishockeyhalle für einen Spielbetrieb in der Zweiten oder Dritten Liga gibt es in einer der reichsten Städte Deutschlands nicht.
Apropos Spielstätte: Die Hamburg Sea Devils sind dabei, sich aus der Stadt zu verabschieden. Nur eines ihrer Punktspiele in der anstehenden European League of Football (ELF) tragen sie in Hamburg im Volksparkstadion aus. Ihre bisherige Spielstätte, das Stadion Hoheluft des SC Victoria, dürfen sie aus Lärmschutzgründen nicht nutzen. Diese traditionsreiche Spielstätte wäre aber ohnehin keine Dauerlösung gewesen und steht für ein weiteres Sport-Infrastrukturproblem in Hamburg: Es gibt kein anständiges Stadion für etwa 6000 Zuschauer.
„Active City“ ist vor allem ein schönes Motto
Damit ist nicht nur Football ausgebremst, sondern auch alle Hoffnungen ambitionierter Fußballvereine auf die Dritte Liga. Dass der von der Stadt geplante Neubau am Diebsteich ein Fassungsvermögen von 4900 Plätzen haben wird, und damit 100 weniger als für die Dritte Liga notwendig, ist ein Schlag ins Gesicht ehrgeiziger Clubs. Das gilt auch für die Frauen-Fußball-Bundesliga, in der ab der Saison 2025/26 auch mindestens 5000 Plätze gefordert werden.
Sponsoren-Unterstützung der örtlichen Großkonzerne wie zum Beispiel Beiersdorf oder Airbus, angemessene Arenen – alles Fehlanzeige in Hamburg. „Active City“ ist ein schönes Motto. Und bei der Förderung einzelner, für das Stadtmarketing werbewirksamer Events wie dem Marathon und dem Triathlon hilft die Stadt auch. Am Bau von Breitensportflächen ist wenig zu kritisieren, auch wenn die rund 3500 Bewohner der Neuen Mitte Altona seit sieben Jahren auf den versprochenen Bolzplatz warten.
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Es gilt aber auch: Hätte Alexander Otto als Privatmann und durch seine Sportstiftung nicht seit ihrer Gründung 2006 35 Millionen Euro für Sportförderung ausgegeben, sähe es um die Sportlandschaft in Hamburg noch viel schlechter aus.
Von „Sportstadt Hamburg“ kann wirklich keine Rede sein. Es fehlt die grundlegende Einsicht in der Wirtschaft, der Politik und leider auch von vielen klagebereiten Mitbürgern, dass auch der Konsum von professionellem Sport eine Art Kultur ist. Er dient der Unterhaltung der Bürger, schafft Gemeinschaft, Integration, Ablenkung und bewegt die Menschen. Der stete Verlust von Spitzensport und Spitzensportlern ist deshalb ein Verlust für unsere ganze Stadt.