Hamburg. Ob im Fitnessstudio oder Stadtpark: Aller Anfang ist schwer. Drei Hamburger Fitnessexpertinnen geben Tipps, wie man in die Gänge kommt.
Im Alltag wuchert der Stress unkontrolliert vor sich hin, der Job saugt an jeglichen Energiequellen. Und zu Hause wartet dann auch noch die Wäsche sehnsüchtig darauf, aufgehängt zu werden – und das Badezimmer würde auch gerne mal wieder ein Lappen spüren. Es gibt viele Gründe dafür, keinen Sport zu machen. Keine Zeit, keine Energie, oder aber schlicht: keinen Bock. Warum sich quälen, wenn man doch gemütlich auf der Couch vor sich hinmuffeln kann?
Aber es gibt sie, diese leise Stimme, die fast ein wenig dreist immer wieder flüstert: Spoooort. Fitnessss! Mit der Zeit wird sie immer fordernder. Der Körper zuckt vorwurfsvoll, die Muskeln regen zum sanften Protest an. Und irgendwann, da kapituliert der innere Schweinehund. Doch aller Anfang ist schwer. Ein einziger Blitzmoment der Motivation genügt leider nicht: Wie komme ich (wieder) in die Gänge? Wie oft soll ich trainieren, und ab wann sind Veränderungen spürbar? Und vor allem: Wie schaffe ich es, langfristig am Ball zu bleiben?
Fitness Hamburg: Der Frühling ist der perfekte Start-Zeitpunkt
„Das Frühjahr ist der optimale Zeitpunkt, um mit Sport anzufangen“, weiß Jenny Seehausen. Die 38-Jährige ist Fitnesstrainerin und hat vor zehn Jahren ihre eigene Personal-Training-Firma gegründet. Viele Menschen nähmen sich als Neujahrs-Vorsatz vor, fitter zu werden – doch dann käme nach dem ersten Antrieb schnell der Dämpfer: „Zu Jahresanfang ist es stockduster und kalt draußen. Im Frühling hingegen ist es leichter, länger dabei zu bleiben.“
So weit, so gut. Doch die vitalisierende Jahreszeit allein schafft es leider nicht, die Kehrseite nach draußen zu verfrachten: Auf die Motivationsgründe kommt es an. Und zwar auf die richtigen. Der „perfekte“ Beach-Body für den Sommerurlaub, endlich das Schönheitsideal erreichen? Keine guten Gründe, so Lena-Marie „Leni“ Kulke, Fitnesstrainerin in der Kaifu-Lodge.
Trainerin Kulke: „Für mich ist es ein Ansporn, meinen Körper zu spüren“
„Es ganz wichtig, dass wir gesellschaftlich weggekommen von dem Gedanken, dass wir ein ideales Körperbild erreichen müssen“, sagt die 30 Jahre alte Leni Kulke. Intrinsische Motivationen, also die der eigenen Überzeugung entstammen, seien viel nachhaltiger. Ein solcher Antrieb könne zum Beispiel sein, dass ein Elternteil lange fit bleiben will, um mit den Kindern zu spielen. Oder man möchte eine gute Freundin dabei unterstützen, einen Halbmarathon zu laufen – und trainiert gemeinsam mit ihr.
Kulke habe zwar immer wieder Motivationslöcher – doch etwas treibt sie stets von neu an: „Für mich ist es immer wieder ein Ansporn, meinen Körper zu spüren und einen Bezug zu ihm zu haben.“ Sobald die grundlegende Motivation gefunden sei, könne man anfangen, sich konkrete Ziele zu suchen. Dabei kann zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Zielen unterschieden werden: Wichtig sei nur, dass sie realistisch sind, so Kulke.
Fitness Hamburg: Wie oft die Woche sollte man trainieren?
„Sportneulinge sollten nicht zu hohe Erwartungen an sich stellen“, erklärt Jenny Seehausen. „Lieber erst mal kleine Brötchen backen, als gar keine.“ Zwei- bis dreimal die Woche für eine Stunde trainieren sei ein guter Einstieg – denn der Körper müsse sich erst mal an die neue Belastung gewöhnen, so die 38-Jährige.
Doch gerade zu Beginn seien oft viele Menschen hypermotiviert und übertreiben es. „Ich habe einige Menschen erlebt, die in der ersten Zeit fünfmal die Woche ins Studio kommen“, sagt Judith Adeniyi. Sie ist Personal Trainerin und Fitness-Managerin im David Lloyd Meridian in Eppendorf. Statt sich selbst zu überfordern, solle versucht werden, eine Regelmäßigkeit ins Training zu bekommen. Und auf die richtige Mischung komme es an, so Judith Adeniyi.
Sportanfänger sollten Rücksicht auf erhöhte Verletzungsgefahre nehmen
„Wichtig ist, dass nicht nur auf Kraft oder nur auf Ausdauer trainiert wird – sondern beides“, erklärt die 42-Jährige. Optimal sei beispielsweise ein Aufbau wie folgt: Fünf bis sieben Minuten Aufwärmen, 30 bis 45 Minuten Krafttraining und danach eine halbe Stunde Ausdauertraining. „Wer das durchzieht, ist aber schon sehr motiviert“, gibt sie lachend zu. Zudem sei es wichtig, dem Körper auch mal eine Pause zu gönnen und sportfreie Tage zur Regeneration zu lassen.
Doch Vorsicht! Wer sofort mit Magnesium-Pulver und Protein-Shakes bewaffnet heftig durchstarten will, sollte aufpassen. Gerade zu Beginn sei das Verletzungsrisiko hoch: „Man kann sich so viel kaputt machen“, warnt Judith Adeniyi. Wer das vierzigste Lebensjahr überschritten, und noch nie Sport gemacht hat, solle sich vorab erst mal vom Arzt abchecken lassen. Doch auch Jüngere sollten nicht einfach so drauflos trainieren.
Hamburger Fitness-Trainerin empfiehlt dringend ein Anamnsegespräch vorab
„Ich würde jedem empfehlen, der es sich leisten kann und will, sich mindestens eine Stunde bei einem Personal Trainer zu nehmen“, sagt Jenny Seehausen. Schon bei einfachsten Übungen, wie Ausfallschritt, Kniebeugen oder Joggen, können grobe Fehler auftreten. Als Personal Trainer könne sie erkennen, wenn jemand beispielsweise O-Beine oder Muskelverkürzungen habe – und entsprechend Tipps geben. Bei ihr kostet eine Stunde individuelles Training 99 Euro.
Wer dieses Geld nicht ausgeben kann oder möchte, sollte laut der Judith Adeniyi darauf achten, dass in dem gewählten Fitnessstudios Trainer-Termine angeboten werden. Und vor allem: ein Anamnesegespräch zu Beginn. In einem solchen Gespräch fragt Judith Adeniyi nach der medizinischen Vorgeschichte: Gibt es Knieprobleme, Rückenschmerzen, oder tut etwas am Handgelenk weh? Und wie sieht‘s aus mit etwaigen Herzproblemen, Bluthochdruck oder Diabetes?
Ein individueller Trainigsplan ist besser als ein beliebiger aus dem Internet
Auf der Basis der Erkenntnisse aus dem Anamnese-Gespräch und den jeweiligen, individuellen Zielen erstellt Judith Seehausen dann einen Trainingsplan, der alle paar Monate erneuert werden sollte. „Natürlich kann sich jeder einen Plan aus dem Internet ziehen – und die können sogar gut sein – aber ein Plan muss auf die Person abgestimmt sein“, erklärt Judith Adeniyi. Wenn eine Person zum Beispiel lange am Schreibtisch sitzt, sollten Bauch- und Rückenmuskulatur gestärkt werden.
Doch es müssen nicht zwingend schwere Gewichte oder massive Fitness-Geräte sein: Auch draußen an der frischen Luft könne gut und gerne der ganze Körper trainiert werden, so Jenny Seehausen. So eigne sich eine Parkbank zum Beispiel perfekt für Liegestütze. Es müsse auch niemandem unangenehm oder peinlich sein, in der Öffentlichkeit Sport zu machen. „Es interessiert niemanden,“ beruhigt sie.
Fitness Hamburg: Dieser Park eignet sich besonders gut zum Sport machen
Tipps, wo man in Hamburg am besten draußen Sport machen könne, hat Jenny auch parat: „Der Stadtpark eignet sich meiner Meinung nach am besten – der hat verstecktere und schattige Ecken. Da ist man nicht so auf dem Präsentierteller.“ An der Alster trainieren habe zwar ein ganz besonderes Flair: Doch anonym bleibt hier keiner. Hier ist das Motto eher: sehen und gesehen werden. „Das muss man dann schon wollen“, lacht Jenny Seehausen.
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Auch wenn aller Anfang schwer ist: Laut Leni Kulke müsse man sechs Wochen durchhalten, dann machen sich bereits die ersten visuellen und gesundheitlichen Veränderungen bemerkbar. „Die ersten zwei Wochen sind hart, doch schon nach vier Wochen stellt sich eine Regelmäßigkeit ein“, erklärt sie. Und Judith Adeniyi bestätigt: „Die ersten zwei Monate sind die wichtigsten, danach kann man nicht mehr ohne Sport.“
Frühling in Hamburg heißt Fitness in Hamburg
Auch wenn der Weg von der Couch ins Studio oder in den Park wiederholt schwierig erscheint: Sport sei immer die richtige Entscheidung. „Danach hat man mehr Energie und ist positiver drauf“, das weiß Judith Adeniyi aus eigener Erfahrung. Zudem sei man leistungsfähiger und schlafe besser. „Ohne Gesundheit wird man kein gutes Privatleben haben“, erklärt die Fitnesstrainerin.
Apropos Privatleben: Job, Familie, Freunde, Haushalt, andere Hobbys – und dann auch noch mehrmals Training in der Woche: Wie soll das gehen? Leni Kulke verabredet sich gerne mit Freunden, um gemeinsam Sport zu machen – oder mal etwas Neues auszuprobieren wie Bouldern. Judith hingegen hat Nordic Walking für sich entdeckt, zum Beispiel eine Runde um die Alster mit einer Freundin: „Das ist eine wunderbare Verbindung zwischen Bewegung und Verabredung, dabei kann man sich gut unterhalten.“
Und wenn dem gemeinen Hirn und immer noch Ausreden zum Muffeln einfallen: am meisten veräppelt man damit wohl sich selbst.