Hamburg. Der Ernährungs-Doc beantwortet Ihre Fragen zu Themen wie Intervallfasten, Makuladegeneration, Diabetes und Abnehmen.
- Neujahrsvorsatz Nummer eins: Abnehmen
- Doch die Frage ist: Wie fängt man an?
- Ernährungs-Doc Matthias Riedl gibt Tipps
Wer kennt es nicht? Das neue Jahr bricht an und man macht sich hoch motiviert an seine Neujahrsvorsätze. Einer, der ganz oben auf der Liste steht, ist seit Jahrzehnten ein echter Evergreen: Abnehmen, den Pfunden den Kampf ansagen, um rechtzeitig zum Sommer wieder in Form zu kommen. Doch wie gelingt das am besten?
Die Weihnachtstage sind nicht die Zeit des Kalorienzählens. Wer nur kurzfristig über die Stränge schlägt und üppig schlemmt, aber danach wieder in einen Modus aus gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung fällt, ist nicht gleich gefährdet, Übergewicht zu entwickeln. Doch viele Deutsche sind bereits mit deutlich zu vielen Kilos in die Feiertage gegangen.
„Übergewicht ist die Mutter vieler Krankheiten“, warnt der Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl. Im Podcast „Dr. Matthias Riedl: So geht gesunde Ernährung“ geht der Ernährungsmediziner und Ärztliche Direktor des Medicum Hamburg diesmal auf die Fragen von Abendblatt-Lesern und Hörern ein. Es geht um Themen wie Intervallfasten, um Makuladegeneration (und was Ernährung bewirken kann) und um das weite Feld Übergewicht, Diabetes und Bauchfett.
Ernährungs-Doc Matthias Riedl beantwortet Fragen zu Übergewicht und Bauchfett
Mit zwei Mahlzeiten zum Grundumsatz – ohne Hunger oder Völlegefühlr
„Grundumsatz ist das, was ich brauche, wenn ich einfach nur den Normalbetrieb erhalten will, ohne dass ich mich groß bewege“, sagt der Ernährungs-Doc. Dafür gebe es Formeln, die aber nur ein grober Anhaltspunkt seien. „Das heißt, wenn man seinen Grundumsatz berechnet – gemessen an Größe und Alter – und kommt beispielsweise auf 2000 Kalorien, kann es sein, dass man in Wirklichkeit nur 1200 Kalorien braucht oder aber 2800. Wenn ich dann die 2000 Kilokalorien essen würde und ich aber 2800 brauche, nehme ich langsam ab. Brauche ich aber in Wirklichkeit 1300, dann würde ich langsam zunehmen.“
Es gebe eine große Varianz beim Energiebedarf, dieser sei auch ein bisschen genetisch vorgeprägt. Man könne folgendermaßen vorgehen: „Wenn der berechnete Grundumsatz, den ich esse, nicht dazu führt, dass ich abnehme, dann habe ich offensichtlich einen viel geringeren Grundumsatz.“ Auf keinen Fall sollte man einfach weiteressen, nur weil man das Gefühl habe, sonst nicht genug zu essen. Völlegefühl oder Bauchschmerzen seien beispielsweise Zeichen, die man beachten sollte. „Im Prinzip würde ich erst mal locker lassen und sagen, man sollte nicht zu sehr nach dem Grundumsatz schielen und sich nicht wie so eine Labormaus ernähren nach dem Motto: Du brauchst das und das an Kalorien und das musst Du jetzt essen.“ Der Grundumsatz ändere sich aber mit dem Alter. „Das heißt, wenn ich mit 20 die gleiche Menge esse wie mit 70, würde ich automatisch zunehmen.“
Kampf gegen Übergewicht: Muss man alle sieben Tage die Woche Intervallfasten?
„Wenn man das drei-, viermal in der Woche durchhält, ist alles gut. So häufig wie möglich, es hat jedes Mal eine Wirkung – es entspannt den Stoffwechsel und wirkt antientzündlich“, sagt der Ernährungsmediziner. Im Urlaub zu pausieren, wenn man das möchte, sei auch möglich, wobei er das dann besonders gern praktiziere, sagt Dr. Riedl: „Der Urlaub ist ja geradezu ideal. Ich finde Urlaub ist ganz toll, um das zwei Mahlzeiten-Prinzip zu machen.“
Ist das Intervallfasten auch für Menschen mit Gallensteinen geeignet?
„Wir wissen, dass starke Gewichtsabnahme Gallensteine fördern kann. Also wenn ich zehn, 20 Kilo abnehme, habe ich ein höheres Risiko für Gallensteine. Aber das Risiko besteht bei Intervallfasten nicht“, sagt der Autor zahlreicher Bestseller über Ernährung. Vor allem das Hoch und Runter von Gewicht fördere Gallensteine. Deshalb seien besonders Frauen davon betroffen, weil durch Schwangerschaften das Gewicht häufig hoch und dann wieder runter geht.
Ernährungs-Doc: Wie kann man Makuladegeneration verlangsamen?
„Wenn ich mir die Krankheiten der Eltern angucke, kann ich auch ein bisschen in meine eigene Zukunft gucken. Das ist nicht immer so, da soll man jetzt nicht frustriert sein, aber bei so was wie Makuladegeneration besteht da schon eine gewisse Neigung“, sagt Dr. Riedl. Besonders Menschen mit heller Haut und blauen Augen seien betroffen. Deshalb sollten diese bei Sonne unbedingt eine Sonnenbrille tragen, rät der Mediziner.
Zwei Elemente in der Ernährung könnten die Makuladegeneration verlangsamen – die Carotinoide Lutein und Zeaxantien. „Die sind im grünen Blattgemüse drin, aber auch in Mais und auch in Orangen. Das gibt es auch als Nahrungsergänzungsmittel, ich würde es aber immer eher als Lebensmittel nehmen, weil wir damit auch noch andere Effekte haben“, rät der Ernährungs-Doc.
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Er empfiehlt beispielsweise Kohl, der außerdem nebenbei auch noch krebshemmend wirke und einen positiven Effekt auf Blutzucker und Cholesterinwerte hat. „Wenn ich Kohl esse oder oder grüne Bohnen, dann reduziere ich nicht nur mein Risiko für Makuladegeneration, sondern auch noch für andere Zivilisationskrankheiten.“ In Studien sei außerdem nachgewiesen, dass Omega-3-Fettsäuren in ausreichender Menge die Wahrscheinlichkeit für die Makuladegeneration reduzieren können. 80 Prozent der Bevölkerung sind laut Riedl extrem schlecht versorgt mit Omega-3. Das lasse einen schneller altern und das sei auch für die Makula nicht gut.
Ernährungs-Doc: Wie man trotz Insulinresistenz abnehmen kann
„Insulinresistenz haben viele in der Bevölkerung. Wir gehen davon aus, dass es Völker gibt, wo jeder zweite die Veranlagung dazu hat. Wenn ich noch zu viele Kohlenhydrate esse, wie das in unserer Gesellschaft üblich ist und dieses empfindliche, fragile System damit überlastet ist, dann läuft das heiß“, sagt der Spezialist.
„Die Kohlenhydrate als Zucker im Blut versucht der Körper auszuklären, indem er Insulin ausschüttet. Und wenn da zu viele Kohlenhydrate kommen, dann muss er ganz viel Insulin ausschütten.“ Riedl empfiehlt in solchen Fällen Low Carb. „Es ist eine Kohlenhydrat-Stoffwechselstörung. Kohlenhydrate müssen daher runter und man muss gucken, ob die Eiweiß-Dosierung und die Gemüse-Dosierung stimmen.“
Wie bekommt man den Cholesterinwert in den Griff?
„Cholesterinwerte lassen sich durch eine Gewichtsreduktion beeinflussen, auch durch mehr gesunde Fette. Und die finden wir in Nüssen, in Fischen, aber auch in Fischölkapseln. Und wir können die Cholesterinwerte durch eine Reduktion der Kohlenhydrataufnahme reduzieren und natürlich auch durch mehr Gemüse. Also Nüsse und gesunde Fette höher dosieren, Kohlenhydrate runter“, sagt Riedl.
Ernährungs-Doc: So gelingt der Kampf gegen den Bierbauch
„Bier enthält Zucker. Also wenn ich viel Bier trinke, nehme ich natürlich auch Kalorien zu mir. Das fördert die Gewichtszunahme, das ist das eine. Aber es gibt Lebensmittel, die ganz gezielt den Stoffwechsel so beeinflussen, dass die Menschen, die davon viel essen, eher einen geringeren Taillenumfang haben. Dazu gehören Hülsenfrüchte und Nüsse. Bei Nussessern weiß man, sie haben im Schnitt einen geringeren Taillenumfang. Das ist bewiesen durch Studien“, so der Internist.
Ein Bierbauch entstehe durch ein Zuviel an Kohlenhydraten, möglicherweise zu viele schlechte Fette. „Und genau das muss ich runterfahren. Ich muss schlechte Fette runterfahren, gute Fette hochfahren. Die habe ich in Nüssen, die habe ich in Fisch, die habe ich in Olivenöl, in Rapsöl. Nebenbei: Olivenöl macht auch besser satt. Und wer satt ist, isst nicht das Falsche“, sagt Riedl. Kohlenhydrate müsse man reduzieren, „denn der Bierbauch, das sind gespeicherte Kohlenhydrate“.
Die richtige Eiweißmenge sei ebenfalls wichtig. „Da sind wir bei 1 bis 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht, halb pflanzlich aus Nüssen, Hülsenfrüchten beispielsweise oder auch Kohlgemüse und Pilze.“
Ernährungs-Doc: Funktioniert die Kalorienzählerei?
„Wenn ich mein Essen danach sortiere, wo wenig Kalorien drin sind, bin ich auf dem falschen Weg. Vergesst die Kalorienzählerei, sondern esst das, was satt macht. Und das ist eben Gemüse und das ist Eiweiß. Kalorienzählen macht nicht glücklich“, sagt Riedl. Da würde er noch lieber Chinesisch lernen. Kalorienzählen verursache nur Frust und damit höre man schnell wieder auf. „Es führt nicht zum Erfolg.“