Hamburg. Sporting-Herausgeber Martin Blüthmann und die Allianz-Gruppe unterstützen zehn Auserwählte dabei, neue Wege der Kooperation zu gehen.
Einen Großteil seiner 59 Lebensjahre hat Martin Blüthmann im oder mit Sport verbracht. Und wenn es eine Konstante gibt, die ihn auf diesem Weg begleitet, dann die, dass es immer an einem fehlt: Geld. „Ganz besonders im mittleren Segment des ambitionierten Breitensports ist das gravierend“, sagt der frühere Leistungsruderer, der heute das Bundesligateam „Active City X-Press“ trainiert. Im Hauptberuf allerdings ist Blüthmann Marketingprofi und unter anderem Herausgeber des Monatsmagazins „Sporting“, und mit seinem Team hat er sich nichts Geringeres zum Ziel gesetzt, als das Sportsponsoring in Deutschland zu reformieren.
„Wir haben uns schon länger gefragt, warum Sponsoring in den allermeisten Fällen bedeutet, dass Unternehmen Vereinen oder einzelnen Athletinnen und Athleten eine Summe X zahlen und als Gegenwert hoffen müssen, dass deren sportlicher Erfolg so hoch ist, dass das Logo oder der Firmenname öffentlich wahrgenommen wird“, sagt er.
Aus „Schenkt mir Geld“ wird nachhaltiges Projekt
Seine Idee: Beiden Seiten verständlich zu machen, dass kein Geld verschenkt wird, sondern das Geschäft ein Geben und Nehmen ist, das beiden Seiten den größtmöglichen Nutzen bringen sollte. „Unser Ansatz war: Überlegt euch gemeinsam, wie aus ,Schenkt mir Geld‘ ein nachhaltiges Projekt wird.“
Um diese Idee umsetzen zu können, suchte Blüthmann einen Partner mit Strahlkraft – und fand ihn im Versicherungskonzern Allianz. „Wir sind seit vielen Jahren im Sport engagiert, weil wir ihn lieben und seine gesellschaftliche Relevanz verstehen. Aber wir hatten uns schon lange gefragt, wie wir einen substanziellen Beitrag dazu leisten können, um durchschnittliche Vereine zu professionalisieren“, sagt Andreas Schmid, Mitglied im Vorstand der Allianz Beratungs- und Vertriebs AG.
Das Unternehmen ist als Partner von Großorganisationen wie dem Internationalen Olympischen und Paralympischen Komitee, dem FC Bayern München oder Sportverbänden wie dem Deutschen Volleyball-Verband bekannt, auf lokaler Ebene aber bislang weniger präsent. „Aber wir bekommen sehr viele Anfragen von Vereinen oder Einzelsportlern, die nach Trikotsponsoring fragen. Die haben wir bislang in den allermeisten Fällen abgelehnt, weil wir keine Trikot- oder Bandenwerbung brauchen, um unsere Marke bekannt zu machen“, sagt Andreas Schmid.
Breiten- statt Spitzensport fördern
Der Ansatz seines Ruderkameraden Blüthmann jedoch faszinierte den Allianz-Vorstand sofort, „weil dieser unserem Credo vom Fördern und Fordern vollumfänglich entspricht“. Blüthmann versteht seine Idee explizit nicht als Konkurrenz zur Fördergemeinschaft „Team Hamburg“ der Stiftung Leistungssport, die die Allianz ebenfalls als Partner angefragt hatte. „Team Hamburg ist Leistungssport auf olympischem Niveau, wir wollen den Breitensport fördern, der extrem wichtige Funktionen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt erfüllt“, sagt Blüthmann.
Im Februar dieses Jahres startete im „Sporting“-Magazin eine Ausschreibung. Interessenten konnten sich um ein Sponsoring durch die Allianz bewerben. Dafür mussten sie jedoch ein Konzept vorlegen, das nicht nur erläuterte, wie das Geld verwendet werden würde, sondern das auch aufzeigte, in welcher Form das Unternehmen von der Kooperation profitieren könne. Bis zum Bewerbungsschluss Anfang Mai gab es 82 Anfragen, 42 davon waren qualifizierte Bewerbungen, aus denen eine Jury 20 auf eine Shortlist setzte.
„Diese haben von uns dann noch einmal spezielle Aufgaben bekommen, um aus dem Konzept richtig gute Kampagnen zu machen. Und wir haben wirklich tolle Bewerbungen erhalten“, sagt Blüthmann. Aus diesen Bewerbungen wurden nun zehn Gewinner ausgewählt, die sich über Fördersummen zwischen 4000 und 8000 Euro freuen können. Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein nannte das Projekt am Abend der Preisverleihung „die Zukunft des Sportsponsorings“.
ETV-Fußballfrauen bekommen höchste Zuwendung
Die höchste Zuwendung, 8000 Euro, wird an die zweite Frauenfußballmannschaft des Eimsbütteler TV ausgeschüttet. „Die haben uns ein unglaublich gutes Konzept vorgelegt, wie sie gemeinsam mit uns das Thema Female Finance vorantreiben wollen“, sagt Dirk Schneider, der für die Allianz die Kommunikation mit den zehn neuen Partnern leitet.
Female Finance ist der Fachbegriff für das Thema Altersvorsorge von Frauen, die in der Regel deutlich weniger für ihren Lebensabend investieren als Männer. Genau da wollen die ETV-Fußballerinnen, aus deren Reihen zwei Unternehmensberaterinnen die Bewerbung professionell vorantrieben, ansetzen.
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„Es wird Informationsveranstaltungen zu Finanzthemen geben, die wir gemeinsam durchführen. Außerdem bieten wir an, dass interessierte Sportlerinnen und Sportler bei uns Betriebsbesuche oder Praktika machen können“, sagt Dagmar Brecht, Leiterin des Marketings im Vertriebsbereich Nord. Wenn dann aus dem Verein heraus im besten Fall neue Kundinnen oder Mitarbeitende für die Allianz generiert würden, sei das gemeinsame Ziel erreicht.
Metropolregion Hamburg ist bundesweit Pilotregion
Die Metropolregion Hamburg mit ihren rund 150 Agenturen ist Pilotregion für das Projekt. „Wir haben jedem der zehn Gewinner einen eigenen Vertreter zugeordnet, über den die Kontakte laufen“, sagt Dirk Schneider. Insgesamt investiert das Unternehmen 50.000 Euro jährlich in das Projekt, das zunächst auf zwei Jahre ausgelegt ist. „Danach werden wir es evaluieren. Aber wir können uns gut vorstellen, dass dieses neue Denken sich bundesweit durchsetzt, denn wir spüren, wie viel Energie darin steckt“, sagt Schmid.
Martin Blüthmann hofft genau das. „Wir sehen das Ganze nicht als einmalige Aktion, sondern als Beginn eines Prozesses, der Sportsponsoring nachhaltiger macht“, sagt er. „Ich bin überzeugt, dass noch viel mehr Unternehmen Sponsoring ganz anders denken sollten, um für alle Seiten das Optimum herauszuholen, und hoffe, dass viele unserem Weg folgen werden.“