Hamburg. Paul Glander (18) arbeitet seit fünf Jahren für sein Ziel, 2028 bei Olympia anzutreten. Eine Stütze der HTHC-Herren ist er bereits.
Gern hört er es nicht, dieses Kompliment. „Natürlich ist es schön, wenn ich als größtes Hamburger Hockeytalent eingestuft werde“, sagt Paul Glander und lächelt dabei so gequält, dass sofort deutlich wird, was er wirklich denkt.
Begründet ist diese Ablehnung mitnichten darin, dass der Lobpreisung der Wahrheitsgehalt fehlt. Vielmehr ist der 18-Jährige, der für den Harvestehuder THC in der Bundesliga aufläuft, ein viel zu bescheidener Mensch, um sich mit seinen sportlichen Qualifikationen zu brüsten.
Vom Typ her sehr introvertiert
Wer Paul Glander um eine Selbstbeschreibung bittet, erhält eine erstaunliche Aufzählung von Defiziten zur Antwort. „Ich bin vom Naturell her ein sehr introvertierter Typ“, sagt er zum Beispiel und führt als Erklärung an, dass er zwar in all seinen Jugendmannschaften Kapitän gewesen sei, aber nie die Ansprachen vor Spielen oder im Teamkreis auf dem Feld gehalten habe.
„Ich sehe meine Rolle eher darin, auf dem Platz mit Leistung voranzugehen“, sagt er. Verbale Führung habe er sich hart antrainieren müssen. „Früher war ich total still, das war sehr schlecht, da habe ich mich aber entwickelt“, sagt er.
Um zu verstehen, warum Glander, der beim Uhlenhorster HC im Kindergartenalter die ersten Hockey-Erfahrungen machte und nach einem dreieinhalbjährigen familiären Frankreich-Intermezzo 2016 mit seinen Brüdern Felix (17) und Max (15) in den HTHC eintrat, zu den hoffnungsvollsten Talenten des Landes zählt, muss man ihn spielen sehen.
Ruhe und Übersicht im Spiel
Es ist die für sein Alter beeindruckende Ruhe und Übersicht in seinen Aktionen, die den Abwehrspieler auszeichnet. Dass er beim HTHC neben dem als Standardspezialist seit vielen Jahren bekannten Routinier Michael Körper (36) die Strafecken schießt, spricht für sich. „Paul ist körperlich, taktisch und am Stock sehr reif. Vor allem aber verlässt er sich nicht auf sein Talent, sondern ist unglaublich fleißig“, sagt Christoph Bechmann.
Der 51-Jährige war im Sommer nach zwölf Jahren als HTHC-Chefcoach Sportdirektor beim Lokalrivalen Hamburger Polo Club geworden, mit dem er an diesem Sonntag (15.15 Uhr) erstmals an die Barmbeker Straße zurückkehrt. Er war nicht nur Glanders Jugendcoach, sondern zog diesen auch als 16-Jährigen ins Herrenteam hoch. Auch Bechmanns Nachfolger Tomek Laskowski, der Glander in der Jugend betreute, ist voll des Lobes: „Paul ist für uns ein wichtiger Baustein, auf den ich setze“, sagt er.
Derbys gegen UHC und Polo
Paul Glander, der kürzlich zum Eliteschüler des Jahres gewählt wurde und im kommenden Sommer am Alten Teichweg sein Abitur macht, hofft, dass er für die brisanten Stadtderbys – am Tag vor dem Polo-Duell gastiert um 15.15 Uhr der UHC an der Barmbeker Straße – fit wird. Eine Oberschenkelblessur, erlitten am vergangenen Wochenende beim 4:2-Auftaktsieg gegen Vizemeister Mannheimer HC, macht ihm zu schaffen.
Und erinnert ihn an das, was ihm seine beiden Förderer stets einzubläuen versuchten: „Bechi und Tomek haben sich immer dafür eingesetzt, dass ich mich nicht überlaste. Tomek hat mich in der U 14 zum Kapitän entwickelt, mir spielerisch und taktisch sehr viel beigebracht. Mit Bechi kam ich auch extrem gut zurecht, auch wenn er mich oft maßgenommen hat. Aber das war wichtig, damit ich mich auf meine Entwicklung konzentriere“, sagt er.
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Sich in seinem Entwicklungsdrang zu bremsen und auf ausreichende Regeneration zu achten, das fällt Paul Glander tatsächlich nicht leicht. Sport genieße in seinem Leben die höchste Priorität, sagt er, noch vor der beruflichen Ausbildung, die er im Bereich Logistik plant.
Fernziel Olympia 2028 in Los Angeles
Maximal zwei Wochen Urlaub gönne er sich im Jahr, der Rest der Ferien geht für Trainingslager mit dem HTHC oder dem Nationalteam drauf. Aktuell zählt Glander, der mit HSV-Leichtathletin Louisa Asuagbor liiert ist und in seiner Partnerschaft entsprechend auf viel Verständnis für seine Leistungsbereitschaft stößt, zum Kader der U-21-Junioren, die im Dezember ihre WM in Malaysia austragen.
Nominiert wird Anfang Oktober, und Paul Glander hofft, den Sprung in den Kader zu schaffen. Sein Fernziel allerdings sind die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. „Dafür arbeite ich seit fünf Jahren“, sagt er. Diese Arbeit wird sich auszahlen. Aber das sagen selbstverständlich nur andere.