Hamburg. Bei der Ruder-WM steht der Hamburger mit dem Doppelvierer im Halbfinale. Achter muss in den Hoffnungslauf, Vierer verpasst sein Ziel.
Gar nicht gut sei es ihm gegangen, als er mit seinen Teamkollegen am Dienstagmittag auf den Start wartete. „Ich kenne das aus zehn Jahren im Leistungssport, dass man am Start oft denkt, dass irgendwas mit dem Körper nicht stimmt. Aber heute war die Anspannung noch einmal deutlich stärker“, gibt Tim Ole Naske zu, als er sich am Nachmittag telefonisch aus Belgrad meldet.
Viel stand schließlich auf dem Spiel für den deutschen Doppelvierer bei der Ruder-WM in Serbiens Hauptstadt Belgrad. Im Hoffnungslauf musste mindestens der dritte Rang her, um das Halbfinale zu erreichen und damit die Chance auf die direkte Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris zu wahren, die sich die besten sieben Boote der WM-Endabrechnung sichern.
Doppelvierer gewinnt Hoffnungslauf
Um es vorwegzunehmen: Ihre immense Anspannung konnten der 27-Jährige von der RG Hansa und seine Mitstreiter Anton Finger (25/Berlin), Max Appel (27/Magdeburg) und Moritz Wolf (23/Berlin) in eine souveräne Leistung kanalisieren, die mit dem Sieg im Hoffnungslauf mit zwölf Hundertstelsekunden Vorsprung auf Rumänien belohnt wurde.
„Vom Start weg haben wir uns Selbstvertrauen geholt, haben über die mittleren 1000 Meter gutes Tempo gemacht. Im Schlussspurt auf den letzten 500 hat man gesehen, dass wir erst seit dieser Saison in dieser Formation zusammen rudern, da können wir noch die eine oder andere Sekunde rausholen. Aber insgesamt dürfen wir heute sehr zufrieden sein“, sagt Naske.
Entwicklung seit EM positiv
Nun ist der Hamburger, der als Junior im Einer Weltmeister und Jugendolympiasieger war, bekannt für seinen Ehrgeiz, der ihm nicht erlaubt, mit weniger als dem Optimum zufrieden zu sein. Allerdings weiß er Dinge längst auch realistisch einzuordnen, und weil der Doppelvierer bei der EM in Bled (Slowenien) Ende Mai auf Rang acht schwach in die Saison gestartet war, schätzt Naske die Entwicklung der Crew als „sehr positiv“ ein.
Einen entscheidenden Effekt hatte die Umbesetzung nach der EM, als in Moritz Wolf der körperlich stärkste Athlet Naske als Schlagmann ablöste. Der Hamburger wiederum kann auf der Übernahme hinter Wolf seine Stärke, über lange Distanzen ein gleichbleibend hohes Niveau zu fahren, am besten einbringen.
„Mein Gefühl ist, dass wir uns jetzt als Team gefunden haben und jeder auf der Position sitzt, auf der er der Mannschaft am besten helfen kann“, sagt der angehende Jurist, der sein Studium zugunsten des Leistungssports temporär unterbrochen hat.
Nach Pausenjahr neue Motivation
Nachdem Tim Ole Naske im Anschluss an die mit Rang acht enttäuschenden Sommerspiele 2021 in Tokio ein Pausenjahr eingelegt hatte, ist er nun wieder mit großem Eifer und Vergnügen bei der Sache. „Seit der Pause habe ich die Freude am Rudern wiedergefunden. Es macht total viel Spaß, mit den Jungs zu arbeiten“, sagt er.
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Die vielen Querelen im Deutschen Ruderverband, die zu einer anhaltenden Negativstimmung geführt haben, lasse der Doppelvierer bewusst an sich abperlen. „Uns ist das ehrlich gesagt ein bisschen egal. Wir schauen auf uns und versuchen, unsere Rennen zu genießen“, sagt er. In der Form des Hoffnungslaufs dürfte dieses Vorhaben im Halbfinale am Donnerstag (12.35 Uhr) erneut gelingen.
Achter ernüchtert, Vierer verpasst Halbfinale
Trauer statt Erleichterung herrschte am Dienstag beim Vierer ohne Steuermann, zu dem der Hamburger Malte Großmann (27/RC Favorite Hammonia) zählt. Mit 24 Hundertstelsekunden Rückstand auf Dänemark reichte es im Hoffnungslauf nur zu Platz vier, was das Verpassen des Halbfinales und damit das Aus für die direkte Paris-Qualifikation bedeutet. Die letzte Chance ist nun die Nachqualifikation im Mai 2024 in Luzern (Schweiz).
Diesen Umweg will der Deutschland-Achter unbedingt vermeiden. Allerdings muss auch das Paradeboot mit den Hamburgern Torben Johannesen (28), Benedict Eggeling (24/beide Favorite Hammonia) und Marc Kammann (26/Hamburger und Germania RC) nach Rang drei im Vorlauf am Dienstag mit indiskutablen acht Sekunden Rückstand auf Sieger Australien am Freitag (12.15 Uhr) in den Hoffnungslauf. In diesem werden die zwei freien Plätze für das Finale am Sonntag (14.59 Uhr) vergeben. Dort wäre dann mindestens Rang fünf für die Paris-Qualifikation nötig.