Hamburg. Aus für Lokalmatadorin Eva Lys und Jule Niemeier. TV-Expertin Barbara Schett analysiert im Abendblatt die Halbfinalpartien der Damen.
Ein kurzes Lachen erlaubte sie sich, als der erste Matchball verwandelt war, dann legte Noma Noha Akugue wieder diesen traurigen Blick auf ihr Gesicht, der während des Tennismatches ihre Anspannung unterstreicht.
„Ich freue mich riesig und bin sehr stolz auf mich. Mir fehlen wirklich die Worte“, sagte die 19 Jahre alte Hamburgerin, die auf dem Court stets wirkt, als läge die Last der ganzen Welt auf ihren Schultern, nach ihrem 5:7, 6:4, 7:5-Viertelfinalsieg über die Italienerin Martina Trevisan (29/Nr. 76), der ihr am späten Donnerstagnachmittag ihre erste Halbfinalteilnahme bei einem WTA-Turnier der 250er-Serie einbrachte.
Auch Barbara Schett freute sich mit der Weltranglisten-207., die sich im ersten Satz von einem 0:3-Rückstand zurückgekämpft und auch in weiteren Schwächephasen der Partie bewiesen hatte, dass die in den vergangenen Monaten geleistete Arbeit mit einem Mentalcoach sich auszuzahlen beginnt.
Akugue gilt als größtes Talent
„Noma gilt nicht umsonst als das größte deutsche Talent, sie spielt unglaublich kraftvoll und schnell“, sagte die ehemalige Weltklassespielerin, die als Servus-TV-Expertin in Hamburg dabei ist.
Akugues Halbfinalgegnerin an diesem Freitag nicht vor 13 Uhr auf dem Center-Court ist die aufstrebende Russin Diana Schnaider (19/Nr. 101), die Titelverteidigerin Bernarda Pera (28/USA/Nr. 56) 6:1, 2:6, 6:4 bezwang. „Auch Schnaider ist Linkshänderin, spielt schnell und aggressiv. Das wird ein sehr interessantes Match“, sagte Schett.
Am Donnerstagmittag war der Traum von einem deutschen Halbfinalduell zerplatzt, als zunächst die Dortmunderin Jule Niemeier (23/Nr. 106) der Australierin Daria Saville (29/Nr. 147) mit 3:6, 2:6 unterlegen und anschließend Lokalmatadorin Eva Lys (21/Nr. 167) beim 2:6, 2:6 gegen die Niederländerin Arantxa Rus (32/Nr. 60) nahezu chancenlos gewesen war. „Dennoch war es ein starkes Turnier für die deutschen Damen, auch Eva Lys hat die Chance genutzt, sich auf diesem Niveau zu beweisen“, sagte Schett.
Eva Lys sehr enttäuscht
Die Bundesligaspielerin vom Club an der Alster war zwar „sehr enttäuscht, dass ich heute nicht das abrufen konnte, was ich in meinen beiden ersten Matches gezeigt habe. Aber diese Woche war mein bislang größter Karriereerfolg, ich kann daraus viele Erfahrungen und viel Selbstvertrauen mitnehmen.“
In der kommenden Woche tritt sie bei einem ITF-Hartplatzturnier in Barcelona an – und will versuchen, dort mit derselben Intensität und Leidenschaft aufzutreten wie bei ihrem Heimturnier. „Diese Konstanz in mein Spiel zu bekommen, das ist der nächste Schritt“, sagte sie.
Niemeier muss hart arbeiten
Auch Jule Niemeier hofft, nach einer schwachen ersten Jahreshälfte nun den Wendepunkt eingeleitet zu haben. „Auch wenn ich heute meine Chancen nicht genutzt und mich nicht gut bewegt habe, kann ich aus dieser Woche viel Positives mitnehmen. Zum Beispiel, dass ich zwei Matches gewonnen habe, in denen ich nicht mein bestes Tennis gezeigt habe“, sagte sie.
- Rothenbaum-Zukunft: Planspiele für Rasen und Hartplatz
- Wie der nette Herr Ruud zum Tennisstar wurde
- Mischa Zverev: „Mein Bruder hat das größte Potenzial“
Klar ist allerdings, dass die hochveranlagte Powertennis-Vertreterin weiter hart an ihrer Physis arbeiten muss, um wieder den Anschluss an die Weltspitze herzustellen.
Schett setzt auf Saville
Für das Halbfinalduell zwischen Saville und Rus sieht Barbara Schett die Australierin, die unter ihrem Geburtsnamen Gavrilova in die Top 20 der Weltrangliste vorgedrungen war, leicht favorisiert. „Sie hat eine harte Leidenszeit mit zwei Kreuzbandrissen und einer Achillessehnenoperation hinter sich. Aber sie hat sich immer wieder zurückgekämpft und bewegt sich fast wieder so gut wie vor ihren Verletzungen, als sie die schnellste Spielerin auf der Tour war“, sagt sie.
Inklusive der Qualifikation hat die Rechtshänderin in Hamburg nun fünf Siege in Folge geschafft. „Das gibt ihr viel Selbstvertrauen“, sagt Schett, die allerdings davor warnt, Rus zu unterschätzen. „Arantxa ist ein gutes Beispiel dafür, dass manchmal der Knopf erst jenseits der 30 aufgeht. Sie spielt das beste Jahr ihrer Karriere und steht verdient dort, wo sie jetzt ist. Mit ihrem starken Aufschlag und dem kontrolliert-aggressiven Stil kann sie jede schlagen.“