Frankfurt/Main. Bundesligisten lehnen Investoreneinstieg ab. St. Paulis Präsident Oke Göttlich sieht in den gescheiterten Plänen eine Chance.
Die Erst- und Zweitligisten haben den Einstieg eines Investors bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) abgelehnt. Ein entsprechender Antrag hat am Mittwoch auf der außerordentlichen DFL-Mitgliederversammlung in Frankfurt am Main nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erhalten. Demnach habe es 20 Ja-Stimmen, elf Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen gegeben
FC St. Pauli: Antrag um DFL-Abstimmung zurückgezogen
Wie erwartet, hatte der FC St. Pauli zuvor seinen Antrag auf Verschiebung der Abstimmung über die Aufnahme von Verhandlungen mit potenziellen Geldgebern zurückgezogen. Das sagte der DFL-Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Joachim Watzke am Rande der Versammlung der 36 Profiklubs in Frankfurt am Main.
Laut DFL-Plan sollte ein Investor 12,5 Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in die die kompletten Medienrechte ausgelagert werden, über 20 Jahre erwerben. Durch den Verkauf erhoffte sich die Liga einen Erlös von zwei Milliarden Euro. Schon bei einer weiteren Versammlung Anfang oder Mitte Juli hätte der ausgewählte Geldgeber den Zuschlag erhalten können.
Göttlich kritisiert Herangehensweise der DFL
Der FC St. Pauli hatte die Herangehensweise der DFL in den vergangenen Tagen kritisiert. Der Verein wollte die Abstimmung in den August verlegen. Über die Gründe des zurückgezogenen Antrags lässt sich aktuell nur spekulieren. Vermutlich griff St. Paulis Präsident Oke Göttlich zu diesem Schritt, weil sich abzeichnete, dass sein Antrag nicht mehrheitsfähig war.
„Der FC St. Pauli plädiert dafür, zuerst zu klären, wer künftig die Geschäfte der DFL führt, dann eine klare Strategie zu entwickeln, offene Fragen zuzulassen, um das Geschäftsmodell der DFL zu modernisieren – und erst dann den Finanzbedarf zu erheben. Auf dieser Basis könnten dann Mittel auf dem Finanzmarkt aufgenommen werden“, hatte Göttlich dem Abendblatt auf Nachfrage erläutert.
Hellmann sieht Gemeinschaft geschädigt
Die DFL-Führung sieht durch das Platzen des Plans die Gemeinschaft der 36 Profifußballclubs schwer geschädigt. „Für mich, und das sage ich ganz klar, ist das eine Niederlage der Zentralvermarktung“, sagte Axel Hellmann, Interimsgeschäftsführer der DFL.
„Es sollte in der nächsten Zeit niemand mehr mit Solidaritätsthemen kommen“, sagte Watzke. Der Geschäftsführer von Borussia Dortmund erklärte, vor allem der BVB und Bayern München seien bereit gewesen, viele Rechte aufzugeben und zentral vermarkten zu lassen. „Solidarischer wie wir uns hier aufgestellt hatten, gerade die großen Clubs, solidarischer kann man nicht mehr sein.“
Solidarität ist „nicht erwünscht“
Da diese Solidarität „eben nicht erwünscht“ sei, würden sich die Topclubs „ihre Gedanken machen“, fügte Watzke hinzu. Zuvor hatte er angedeutet, dass die elf ablehnenden Stimmen vor allem aus der Zweiten Liga gekommen seien.
Die DFL hatte sich von dem Deal frisches Kapital in Höhe von rund zwei Milliarden Euro versprochen. Mit dem Geld sollte insbesondere die Gesamtvermarktung der Bundesliga, vorrangig im Ausland, gestärkt werden. Ein fester Betrag war ferner zur Finanzierung lokaler Infrastrukturprojekte der 36 Profivereine vorgesehen. Zudem sollten die Clubs rund 300 Millionen Euro zur freien Verfügung erhalten.
Geplatzter Deal lässt Schere „eher auseinandergehen“
Für Hellmann ist klar, dass das Scheitern des Geschäfts mit einem Investor „die Schere in der Bundesliga eher auseinandergehen lässt, als die Klammer und die gemeinsame Plattform zu stärken“.
Der Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt, der die DFL-Geschäfte eigentlich noch bis zum Abschluss des geplanten Investorendeals führen sollte, scheidet nach dem Scheitern des Prozesses wie sein Freiburger Kollege Leki nun schon am 30. Juni aus dem Amt. Beide bleiben aber den Führungsgremien der Dachorganisation des deutschen Profifußballs erhalten – Hellmann im Präsidium, Leki im Aufsichtsrat.
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Auch Watzke wird sein DFL-Amt weiter ausfüllen. Über persönliche Konsequenzen würde der BVB-Boss erst nachdenken, wenn sich die Führungsgremien in der Zukunft für eine hohe Verschuldung aussprechen würden, um das Wachstum in der Liga anzustoßen. „Es kann nicht der Sinn sein, sich bis an Halskrause zu verschulden. Das würde ich für einen desaströsen Weg halten und wäre für mich zu viel. An dem Punkt würde ich sagen, da mache ich nicht mit“, sagte Watzke.
Göttlich sieht geplatzten Deal als Chance
Oke Göttlich sieht die gescheiterten Pläne als Chance für neue Wege. „Wir müssen erst eine klare Strategie entwickeln, gemeinsam und konstruktiv – und dann können wir diese gezielt finanzieren, um unsere klar definierten Ziele zu erreichen“, zitierte der FC St. Pauli seinen Präsidenten in einer Mitteilung am Mittwochnachmittag. „Das Ergebnis und die kontroversen Debatten zeigen, dass es noch viel Klärungsbedarf und zu viele offene Fragen gab.“