Hamburg. Die neue Führung hat konkrete Pläne für die Rückgewinnung ehemaliger Mitglieder und plant die Rückkehr in den Hamburger Sportbund.

Sie kamen zu zweit, einträchtig nebeneinander, und auch im Gespräch mit dem Abendblatt hinterließen Norbert Höbing und Nico Herzog den Eindruck, dass sie gemeinsam etwas bewegen wollen.

Höbing (69), promovierter Elektrotechniker, inzwischen Rentner, ist seit dem 23. März kommissarischer Vorsitzender des Vereins Sportspaß e. V., Herzog (44), der Sport und Geografie studierte, arbeitet seit dem 1. April für Hamburgs größten Club Sporttreibender als Geschäftsführer.

Das Miteinander ist erwähnenswert, weil es in den vergangenen drei Jahren bei Sportspaß mehr gegeneinander ging, im Vorstand, in der Öffentlichkeit, sehr oft auch vor Gericht. Auch wenn noch nicht alle Urteile gefällt sind, wollen Höbing und Herzog vorausblicken, weil sie nicht Teil der Vergangenheit sind, sondern Lösungen für die Zukunft suchen.

Neue Sportspaß-Führung sucht Lösungen für die Zukunft in Hamburg

Die heißt „Sportspaß 25“ und ist im Entstehen – ein umfangreiches Thesenpapier, wie der Verein zu alter Größe zurückfinden soll. Im Jahr 2016 zählte Sportspaß mehr als 71.000 Mitglieder, seitdem ging es ständig bergab.

Während Corona verlor der Club 34.000 Mitglieder, heute sind es noch 24.000, so wenige wie zuletzt vor 21 Jahren. Die ersten Zielgrößen klingen ambitioniert: 30.000 Anfang nächsten Jahres, 40.000 dann im Jahr 2025.

„Wir müssen analysieren, warum uns die Menschen verlassen haben“, sagt Herzog, der viel Erfahrung aus seiner Arbeit bei großen nationalen Fitnessketten mitbringt. Alle, die in den vergangenen Jahren ausgetreten sind, will er anschreiben und dabei für eine Rückkehr werben.

„Neue Mitglieder zu gewinnen ist weit schwieriger und kostspieliger, als alte zurückzuholen. Die kennen zumindest den Verein. Wir sind zudem auf dem gesamten Markt weiter der Anbieter mit den geringsten Mitgliedsbeiträgen“, sagt er. Die Botschaft sei: „Sportspaß ist wieder da!“

Wegen Corona verfügt Sportspaß noch über genügend Rücklagen

Sportspaß, das jede Woche 1400 Kurse anbietet, mehr als jeder andere Verein in Deutschland, litt immer schon unter großer Mitgliederfluktuation. Selbst in besten Zeiten verließen bis zu 18.000 jährlich den Verein, bis zu 20.000 traten aber im selben Zeitraum ein. Während Corona, als neun Monate lang in Hamburg kein organisierter Sport stattfinden durfte, blieb der Zulauf mangels Angeboten aus.

Das hat finanzielle Konsequenzen. Zwischen Einnahmen und Ausgaben klaffte jeden Monat lange ein Delta von 200.000 Euro. Die Ende November 2022 beschlossene Beitragserhöhung für Erwachsene von monatlich 12,50 auf 17 Euro half, das Minus deutlich zu verringern.

Da der Verein Anfang 2022 über Rücklagen von rund zwei Millionen Euro verfügte, weil während Corona die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen weitgehend stabil blieben, die Ausgaben mangels Aktivitäten und dank Corona-Hilfen sanken, wird Sportspaß auf absehbare Zeit nicht in Existenznöte geraten. Herzog sagt: „Je eher wir dagegensteuern, desto besser, auch angesichts steigender Energiepreise. Mittelfristig muss unser Betriebsergebnis ausgeglichen sein.“

Sportspaß soll mehr Reha- und Gesundheitskurse anbieten

Die aktuellen Probleme allein auf Corona zurückzuführen, hält Höbing für zu kurz gesprungen: „Sportspaß ist in großen Teilen seiner Strukturen in den 2000er-Jahren stecken geblieben. Die vereinsinternen Prozesse wurden den damals schnell wachsenden Mitgliederzahlen nicht ausreichend angepasst.“

Sportspaß müsse moderner werden, seine Sportangebote erweitern, etwa um Reha- und Gesundheitskurse, stärker Trends berücksichtigen, attraktiver für 20- bis über 60-Jährige – und vor allem digitaler werden. „Und wir müssen intensiver kommunizieren, transparenter sein. Das schafft Vertrauen, das möglicherweise zuletzt zwischen den verschiedenen Gremien verloren gegangen ist“, sagt Höbing. Seit seinem Umzug 2008 nach Hamburg ist er Vereinsmitglied, weil ihn die Fit-Fight-Kurse von der Arbeit entspannen ließen.

Sportspaß beschäftigt 170 Mitarbeitende sowie 700 Trainerinnen und Trainer. Deren mächtige Interessenvertretung, der Betriebsrat, hatte den Verein in der Vergangenheit mehrmals verklagt. „Wir sind neu, unbelastet, wir sind sicher, dass wir künftig einen guten Austausch hinbekommen“, sagt Herzog.

Auch an anderen Stellen hakt es noch. Das Protokoll der zweitägigen Mitgliederversammlung im November ist trotz gegenteiliger Ankündigungen wegen Bearbeitungsproblemen bislang nicht versandt worden. Das soll nun kommende Woche geschehen.

Zwei von sieben Sportspaß-Centern sind geschlossen, eins dauerhaft

Eine Entscheidung hat die neue Führung bereits gefällt. Das Center an der Altonaer Jessenstraße wird aufgegeben, über die übrigen Sportstätten wird noch entschieden. Es werden auch, falls nötig, Reparaturen zeitnah durchgeführt werden.

Zurzeit geschlossen bleibt die Möllner Landstraße 8 in Billstedt. Der Mietvertrag läuft hier bis 2028, derzeit entstehen dort Kosten von monatlich mehr als 100.000 Euro. Das Angebot des Vermieters, für eine Zahlung von 1,3 Millionen Euro aus dem Vertrag auszusteigen, lehnt Sportspaß ab. Herzog: „Das Geld haben wir nicht.“

2028 droht der Verein sein größtes Center am Berliner Tor zu verlieren. Dann läuft der Pachtvertrag mit der Stadt aus. Die benachbarte Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) beansprucht das Gelände, will hier ein neues Gebäude bauen.

Den Vorschlag von Sportspaß, auf dem Areal ein modernes Sportzentrum zu errichten, das Verein und Hochschule gemeinsam nutzen, stößt bei der HAW auf Desinteresse. Jetzt hoffen Höbing und Herzog, in Gesprächen mit der Stadt eine Lösung oder ein alternatives Grundstück zu finden.

Ein weiteres Thema will die neue Vereinsführung demnächst ebenfalls angehen: die Rückkehr in den Hamburger Sportbund (HSB). Sportspaß war Ende Dezember 2016 aus dem HSB ausgetreten, weil der Verein dauerhaft weit mehr Verbandsabgaben zahlen musste, als er an anderen Stellen über Zuwendungen zurückerhielt. „Ich bin überzeugt, dass die Mitgliedschaft im HSB uns mehr Vor- als Nachteile bringt“, sagt Herzog, „miteinander sind wir beide stärker.“