Hamburg. Die „Interessengemeinschaft Hamburger Vereine“ fühlt sich vom Hamburger Sportbund schlecht vertreten.
Direkt hinter der Geschäftsstelle und dem Clubheim des SV Lurup (SVL) wird seit Juni 2017 gebaut. Betonmischer fahren auf das Gelände, Lärm schallt herüber. Wo einst auf dem Johnny-Arfert-Platz an der Flurstraße hochfliegende Fußballträume von der Zweiten Liga böse platzten, wird von Mitte 2020 an die Stadtteilschule Lurup ihr neues Gebäude beziehen, drei bisherige Standorte werden zusammengelegt.
SVL-Geschäftsführerin Ann-Christin Schwenke und ihre Mitarbeiter sehen den Fortschritt durch ihr Bürofenster und hoffen, Trainingszeiten in den ebenfalls dort neu entstehenden Turnhallen zu ergattern. „Wir müssen uns dafür beim Bezirksamt wie jeder andere Verein bewerben“, sagt Schwenke. Das sei auch okay, sie ärgert etwas anderes: „Hier entstehen eine Zweifeldhalle und eine Einfeldhalle. Dabei hätten wir hier eine wettkampffähige Dreifeldhalle gebraucht. Platz wäre da gewesen.“
Ungleichheit im Hamburger Sport
Dieser Plan wurde 2016 aus pädagogischen Überlegungen von der Schulleitung abgelehnt. Die Bedürfnisse des Sports wurden in der Zeit vor „Active City“ weniger berücksichtigt als heute. Und ein Verein wie der SV Lurup mit seinen rund 2000 Mitgliedern hatte kaum Möglichkeiten, seinen Interessen Gehör zu verschaffen. Das war eines der ersten Dinge, die Schwenke auffielen, als sie am 1. Januar 2017 ihren Job im Club antrat. „Ich bin nach meinem Sportmanagement-Studium vom Hamburger Sportbund (HSB) zu Lurup gegangen, habe schon beim HSB gemerkt, dass es eine Ungleichheit im Hamburger Sport gibt“, sagt die ehemalige Leistungsfechterin: „Wir brauchen ein Gegengewicht zu den Großvereinen.“
In dem Zusammenschluss „TopSportVereine“ haben sich 29 Clubs mit rund 176.000 Mitgliedern organisiert, die ihre Interessen gegenüber HSB und Senat vertreten. „Diese drei Prozent der Hamburger Vereine vertreten 33 Prozent der organisierten Sportler“, weiß Schwenke, „sie leisten tolle Arbeit, aber wir sind mehr.“ Die Konsequenz aus der Analyse hatte die 25-Jährige schnell gezogen: sich besser selbst organisieren.
26 Clubs sind Mitglied
Acht andere Vereine aus ganz Hamburg sprach sie an, im Dezember 2017 trafen sie sich zu einer ersten Sitzung, die „Interessengemeinschaft Hamburger Vereine“ wurde gegründet. Inzwischen sind 26 Clubs Mitglied, der SV Nettelnburg/Allermöhe ist mit 2144 Mitgliedern der größte, der Niendorfer Schachclub „Königsspringer“ mit 115 der kleinste. Schwenke agiert als Sprecherin der Vereinigung, die aktuell 19.800 Sportler in Hamburg vertritt.
„Wir möchten mehr Gehör in Politik, Öffentlichkeit und beim HSB“, sagt sie, „gäbe es einen stärkeren Verband, auch gegenüber der Stadt, bräuchte es unsere Vereinigung nicht.“ Aber so sehen das die kleinen und mittleren Vereine eben nicht: „Wir brauchen mehr Unterstützung vom HSB, Anlaufstellen dort, Beratung, Hilfe bei Mitgliederwerbung, Verwaltung, Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten.“ Ein Hauptproblem ist das Fehlen hauptamtlicher Mitarbeiter. Von den diversen Fördermöglichkeiten beim HSB, Verbänden, Bezirken oder der Stadt wissen die ehrenamtlichen Vorstände oft nur sehr wenig. Ganz im Gegensatz zu den Hauptamtlichen bei den Großsportvereinen, die sich im Dickicht der Sportbürokratie auskennen.
Ehrenamtliche wissen nicht, wo sie Hilfe bekommen können
„Viele Ehrenamtliche wissen nicht, wen sie um Hilfe bitten können. Manche haben auch Hemmungen“, hat Schwenke beobachtet. Eine Übersicht über die Fördermöglichkeiten hat der HSB jetzt zusammengestellt, „leider nur für unsere 26 Clubs – online gibt es das nicht“. Anfang 2019 ist auch der HEBC der Gemeinschaft beigetreten. 750 Mitglieder, ein traditioneller Fußballverein im Herzen Eimsbüttels. „Wir mögen die Idee, dass jeder sein Know-how beiträgt, statt für sich allein zu arbeiten“, sagt Schriftwart Konstantin Zimmermann, „außerdem ist es wichtig, dass wir bei der Trainingszeitenverteilung in Schulsporthallen gemeinsam auftreten. Man hat manchmal den Eindruck, die Großvereine teilen bei den Sitzungen im Bezirk die Hallenzeiten unter sich auf.“
Der HSB begrüßt die Initiative der kleinen Clubs. „Es ist wichtig, dass auch die weniger großen Vereine sich vernetzen und in regelmäßigem Austausch stehen. Auch der HSB trifft sich regelmäßig mit ihnen, um ihre Bedürfnisse und Meinungen mitzunehmen“, sagt der HSB-Vorstandsvorsitzende Ralph Lehnert.
Beim HEBC gibt es im Bereich Fußball einen Aufnahmestopp. Die Hoffnung ist ein Umbau des Jugend-Grandplatzes an der Tornquiststraße in einen Kunstrasenplatz. Das würde die Situation entspannen, kostet aber viel Geld. Schwierig, weil gerade in Eimsbüttel viel für den Sport ausgegeben wird. Dass Sportbauprojekte großzügig unterstützt werden, wenn man weiß, wen man wie „anzapfen“ kann, hat gerade der bestens vernetzte Großsportverein ETV bewiesen.
Der HSB gibt eine Million Euro Zuschüsse und Darlehen zum neuen Sportzentrum am Lokstedter Steindamm, je 200.000 Euro kommen aus den Bezirken Nord und Eimsbüttel, drei Millionen von der Stadt. Zusätzlich fließen 2,19 Millionen Fördergelder für die integrierte Kita. Schwenke kann da nur staunen: „Das ist ein unfassbar großer Anteil an Fördermitteln für einen einzigen Verein“, sagt sie, „wir haben schließlich großen Bedarf an Sportstättenförderung überall in Hamburg.“