Halle/Westfalen. Beim Erstrunden-Aus in Halle hinterließ der Hamburger allerdings keinen Eindruck, der Hoffnung weckt. Auch Wimbledon ist fraglich.
Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, und Tommy Haas liegt klar in Rückstand. Am Ende der Saison will der unermüdliche Altmeister entscheiden, ob er und seine lädierte Schulter eine Zukunft auf der Profitour besitzen. Derzeit kann Haas allerdings nicht einmal sagen, ob er in knapp zwei Wochen in Wimbledon aufschlagen wird.
Der Auftritt beim Rasenturnier im ostwestfälischen Halle nährte die Zweifel, ob das x-te Comeback des großen Kämpfers aus Hamburg vom gewünschten Erfolg gekrönt sein wird, oder ob die erfolgreiche Rückkehr in den Kreis der Kollegen nur Wunschdenken war. Gegen Andreas Seppi, den soliden Südtiroler, hinterließ Haas beim 5:7, 2:6 keinen Eindruck, der Hoffnung weckt.
Bislang noch jedesmal zurückgequält
"Es braucht Zeit, jedes Match, jeder Sieg hilft", sagt Haas, jedes Comeback sei hart. Wer weiß das besser als er nach vier Schulter-, einer Hüft- und einer Ellbogen-Operation? Bislang hat er sich jedesmal zurückgequält, auch wenn es Monate dauerte, Haas fand dank seines Willens und seines Ausnahmetalents immer Anschluss an die Weltspitze.
Auch heute gehe es wieder darum, "mental stark und hungrig" zu bleiben. "Ich bin nach wie vor dran und versuche, wieder auf Top-Niveau zu kommen", sagt Haas. Nach Niederlagen wie bei seinem ersten Turnier nach 378 Tagen Zwangspause in Stuttgart oder beim zweiten Versuch bei den Gerry Weber Open in Halle schießen die Gedanken ans Karriereende schneller durch seinen Kopf, als er selbst derzeit aufschlagen kann. "Morgen oder in einer Woche ist das schon wieder anders", meint Haas.
Die ganze Familie schaute zu
Er selbst spricht sich Mut zu. Exakt ein Jahr liegt die vierte Operation an der rechten Schulter zurück, eine Sehne hatte sich aufgrund der Belastung von 20 Jahren Profitennis entzündet und drohte zu reißen. "Mein Arzt hat mir gesagt, es brauche mehr als ein Jahr, um sich nach der Operation wieder richtig wohl zu fühlen", sagt Haas, der auf die Unterstützung seiner Familie zählen kann. Die Eltern Peter und Brigitte saßen in Halle in der Box am Spielfeldrand, seine Verlobte Sara und Töchterchen Valentina auf der Tribüne.
Auf dem Platz ist Haas dennoch allein. Und auch die Entscheidung, wann der richtige Zeitpunkt zum Aufhören ist, kann ihm niemand abnehmen. "Am Ende hat er so viel getan und hatte eine großartige Karriere", sagt Rekordmann Roger Federer, der Haas zu seinen Freunden zählt.
Bilanz erst am Saisonende
Im April ist Tommy Haas 37 Jahre alt geworden, ein Alter, in dem die meisten seiner Kollegen längst den Ruhestand genießen oder sich im Doppel gemütlicher aufs Altenteil vorbereiten. Haas ist anders, ihn treibt der Ehrgeiz zumindest bis zum Ende der Saison, dann wird Bilanz gezogen. Er muss sich ranhalten, um den Rückstand im Rennen gegen die Zeit noch aufzuholen und das Ende seiner Laufbahn ein weiteres Mal hinauszuzögern. (sid)