Halle/Westfalen. Als eines seiner Lieblingsturniere hat Tommy Haas die Rasen-Veranstaltung in Halle bezeichnet. Nun schied er in der ersten Runde aus.
Tommy Haas winkte einmal kurz ins Publikum, streckte den rechten Daumen in die Höhe und verschwand in den Katakomben: Deutschlands Tennis-Routinier hat sich bei seinem zweiten Turnierauftritt nach der einjährigen Verletzungspause schon nach der ersten Runde verabschiedet. Keine 90 Minuten stand der 37-Jährige am Dienstag im westfälischen Halle auf dem Rasen des Center Courts, ehe die am Ende klare 5:7, 2:6-Niederlage gegen Andreas Seppi feststand.
Doch im Gegensatz zu dem Zweitrunden-Scheitern bei seinem Comeback vor einer Woche in Stuttgart, als er in der Umkleidekabine seinen Frust abgebaut und nach eigenem Bekunden so ziemlich alles zerstört hatte, was man zerstören kann, wirkte Haas nun erstaunlich gefasst.
Nur 20 Minuten nach dem Erstrunden-Scheitern gegen den Weltranglisten-45. aus Südtirol stellte sich der gebürtige Hamburger den Fragen der Reporter. Und noch immer zählt die ehemalige Nummer zwei der Welt zu den gefragtesten Protagonisten der Branche.
Haas: „Zu viele zu leichte Fehler“
„Es braucht Zeit“, entgegnete Haas dem Berichterstatter der „New York Times“. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, ich kenne das gut genug. Ich habe ein paar zu viele zu leichte Fehler gemacht. Daran muss gearbeitet werden“, sagte der Wahl-Amerikaner. Nach Frust oder Karriereende klang er ganz und gar nicht. Bis zum Ende des Jahres wolle er „so viele Turniere wie möglich spielen“ und dann eine Entscheidung treffen, ob und wie es auch 2016 noch weitergehen kann.
Zunächst aber muss Haas nun die Balance finden zwischen Turnierpraxis und Entlastung der bereits vier Mal operierten Schulter. An diesem Mittwoch ist es genau ein Jahr her, dass sich der zweimalige Halle-Champion die gerissene Supraspinatussehne am rechten Schlagarm reparieren ließ. „Jetzt muss ich schauen, wie sich die Schulter morgen anfühlt“, sagte Haas kurz vor seinem Abschied aus Halle. Ob es für einen Start beim Rasen-Klassiker in Wimbledon und Matches über drei Gewinnsätze reicht, ließ er am frühen Dienstagabend offen.
Für die Turnier-Veranstalter der Gerry Weber Open jedenfalls war das frühe Scheitern ein empfindlicher Stimmungsdämpfer. Haas zählt neben Top-Star Roger Federer trotz seines fortgeschrittenen Alters noch immer zu den großen Publikumslieblingen und Zugpferden der zum sogenannten 500er-Turnier aufgewerteten Rasen-Veranstaltung.
Mitleid für Tommy Haas
Doch gegen Seppi war Haas noch nicht konkurrenzfähig. Teilweise schlug er bei seinem ersten Aufschlag mit einer Geschwindigkeit von 160 Stundenkilometern auf - was selbst ambitionierte Freizeitspieler überbieten können. Mehr als 180 gelangen Haas nie gegen den zähen Seppi, der Anfang des Jahres bei den Australian Open mit seinem Drittrunden-Sieg gegen Roger Federer noch für Furore gesorgt hatte.
„Es ist großartig, Tommy wieder auf dem Platz zu sehen. Absolut bemerkenswert, wie er das geschafft hat“, hatte Federer noch tags zuvor nach seinem knappen Erstrunden-Sieg gegen Philipp Kohlschreiber gesagt. Tatsächlich erinnerte Haas mit seinen Schlägen teilweise an die guten alten Zeiten, die ihn bis auf Platz zwei der Weltrangliste gebracht hatten. Teilweise aber tat einem dieser so ehrgeizige und talentierte, aber sichtlich gehandicapte Athlet fast schon leid. Die deutschen Hoffnungen in Halle ruhen jetzt auf Dustin Brown, Alexander Zverev und Florian Mayer.
(dpa)