Boston. Beim Rivalen Hamburgs im Rennen um die Sommerspiele 2024 wachsen die Sorgen, ob die Stadt die enormen Kosten und den großen Aufwand bewältigen kann.
Beim vermeintlichen Top-Favoriten Boston ist die Freude über die Olympia-Bewerbung für 2024 längst verflogen. Der Winter mit Rekord-Schneehöhen von 2,75 Meter hat den Olympia-Gegnern beim voraussichtlichen Hamburg-Rivalen unverhofft Auftrieb und ein gewichtiges Argument geliefert. Denn das U- und S-Bahn-System, das bei der Bostoner Bewerbung eine zentrale Rolle spielt, war derart beeinträchtigt, dass es tagelang zusammenbrach.
Die Sorge ist klar: Wenn die wohlhabende 600.000-Einwohner-Stadt an der US-Ostküste nicht einmal mit Schnee klarkommt, wie soll es erst werden, wenn Millionen Olympia-Touristen mit der Bahn fahren wollen? Die negative Stimmung spiegelte sich auch in einer Umfrage Mitte Februar wieder. Die Zahl der Befürworter unter den Befragten sank von 51 auf 44 Prozent, die der Gegner stieg von 33 auf 46 Prozent.
Das Nationale Olympischen Komitee (USOC) der USA steht indes weiter fest zur privaten Initiative Boston 2024. Diese Treue ist nicht verwunderlich, schließlich war es eine kleine Überraschung, als sich das USOC am 8. Januar für die Hauptstadt von Massachusetts und gegen Los Angeles oder San Francisco entschied.
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„Natürlich würden wir uns wünschen, dass die Zustimmung größer wäre. Aber es ist viel wichtiger, dass diese Werte in zweieinhalb Jahren hoch sind. Es ist noch genügend Zeit, um die Bewerbung dort hinzubekommen, wo sie sein muss“, erklärte USOC-Geschäftsführer Scott Blackmun diplomatisch. Der erste Schritt hin zum Vertrauensgewinn, so gab er dem Team um Bau-Magnat John Fish mit auf den Weg, sei es, den Leuten zuzusichern, dass es sich um eine „finanziell verantwortungsvolle Bewerbung“ handele.
Denn, so sportbegeistert die Bostonians auch sind, so sehr schrecken sie vor einer möglichen Kosten-Explosion zurück. Im Ausgabenplan stehen für die Spiele rund neun Milliarden Dollar. Rund die Hälfte sollen durch Sponsoren-Gelder, den Verkauf von Tickets und Fanartikeln sowie TV-Einnahmen gegenfinanziert werden.
Weitere 3,4 Milliarden Dollar sollen von privaten Investoren in den Bau von Sportstätten fließen, die dann für die Spiele 2024 an Boston 2024 vermietet werden. Die mit einer Milliarde veranschlagten Kosten für die Sicherheit werden von der US-Regierung übernommen.
Andrew Zimbalist, Wirtschafts-Professor und Autor eines olympiakritischen Buches, geht eher von Kosten von 20 Milliarden Dollar aus. „Wir müssen uns fragen, welchen Nutzen hätte Boston von einer Gastgeberrolle? Es heißt zwar, man wäre auf der Weltkarte präsent. Aber das sind wir bereits“, betont Zimbalist und fügt an: „Auf der Weltkarte zu sein, hat vorherigen Gastgebern nicht geholfen, den Tourismus zu entwickeln und ausländische Investoren anzulocken.“
Die Olympia-Befürworter verweisen auf die Ergebnisse einer unabhängigen Studie. Demnach würden die Spiele „Milliarden in die Wirtschaft von Massachusetts pumpen“. Die genauen Zahlen lesen sich so: Zwischen 2018 und 2023 würden im Baubereich 4000 Arbeitsplätze pro Jahr entstehen und vier Milliarden Dollar erwirtschaftet werden. Für das Olympia-Jahr selbst sind Zehntausende vorübergehende Jobs und fünf Milliarden Dollar an wirtschaftlichen Einnahmen vorausgesagt. Hinzu kämen 2024 rund 514 Millionen Dollar durch den Tourismus.
Das allerdings setzt die Einhaltung von Bostons Olympia-Konzept voraus. Bürgermeister Marty Walsh hat bereits klargemacht, dass es keine Steuergelder für den Bau von Sportstätten geben werde. Inzwischen ist er einer Bürgerbefragung nicht mehr abgeneigt. Noch lieber wäre ihm jedoch, wenn sich nach dem harten Winter in den kommenden, warmen Monaten so etwas wie Olympia-Euphorie über der Stadt ausbreiten würde. Schließlich hatte Walsh unlängst betont, dass er auf eine lokale Unterstützung von „70 Prozent plus“ hofft.