Appell einer ungehaltenen Frau: Die Hamburger Schauspielerin Gerlinde Dillge sagt, was HSV-Fans denken. Als „Rabatt-Susi“ kennt sie sich mit Soap Operas aus.

Hamburg. Mit dem HSV und seiner Krise leiden mutmaßlich Zehntausende. Nicht nur in Hamburg, sondern in ganz Fußball-Deutschland sind die Irrungen und Wirrungen um die verunsicherte Mannschaft, den quasi schon abberufenen Trainer Bert van Marwijk, den möglichen Nachfolger Felix Magath und den Sportdirektor Oliver Kreuzer sowie die Vereinsspitze das Thema der Woche. Auch Fans haben sich schon im Hamburger Abendblatt Luft gemacht.

Doch selten sind Frauen dabei, die so eindringlich an die einfachen Eigenschaften und die klaren Pflichten der Profis appellieren wie die Hamburger Schauspielerin Gerlinde Dillge. Sie sagt von sich selbst, sie sei die „Rabatt-Susi“ aus der Serie „Rote Rosen“, einer Telenovela. Also im Prinzip genau eine Expertin für das, was derzeit rund um den HSV passiert. Wir dokumentieren hier ihren leidenschaftlichen Brief.

Lieber HSV,

die Wahrheit liegt auf‘m Platz. Warum vergisst das fast jeder und haut auf Trainer, Sportchef und Mannschaft ein und glaubt, dass eigentlich nur noch Felix helfen kann. Aber der konnte bei seinen letzten Vereinen auch keine Wunder schaffen – vergessen?

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Ich bin einer der wenigen weiblichen Fans einer Sportart, in der wir zwar ein klitzekleiner Weltmeister sind, aber Ihr Männer trotzdem die Deutungshoheit habt. Aber ich erlaub‘ mir jetzt mal einen Blick weg von der Küchenarbeit (meine Salate sind Extraklasse, sagt meine Familie) auf die Arbeit in der Betonschüssel, früher Volksparkstadion. Und da seh‘ ich seit einiger Zeit das Stück vom Hasen und Igel und hör ein breites Igelgrunzen „ick bün all door“, weil die HSV-Hasen immer einen Tuck zu spät an den Ball kommen oder ein Stück zu niedrig springen, um im Strafraum entscheidende Bälle zu erreichen.

Und weil ich heute nur noch Bauch-Beine-Po bei Sportspaß trainiere, möchte ich euch Assistenztrainern ‘n paar alte, noch intakte Stoppuhren schenken, die ich früher für die Aschenbahn brauchte. Damit Ihr die Spieler viele kurze Strecken laufen lassen könnt.

Die entscheidenden Sprits, (sagt mein Hausmann), die Torschüsse des Gegners verhindern, Laufduelle endlich mal gewinnen oder Ballabjagen endlich mal wieder erfolgreich werden lassen. Und zum Üben beim Sprung nach dem Ball geb‘ ich euch Trainern einen Zuschuß für ‘n halbes Dutzend zusätzlicher Kopfballpendel. Ihr sollt mal sehen, wie durch Üben-Üben-Üben jeder Spieler sich wie ‘n Flummi in die Luft schraubt (irgendwann schaut beim Üben der Uwe vorbei und wird sich freuen, weil Ihr‘s s fast so gut könnt wie er damals).

So – und wenn diese beiden Sachen klappen, dann klappt plötzlich das andere auch, die Zuspiele, die Doppelpässe, das Flügelspiel (mit Hintermann zum lockeren Abspiel) und die dann wieder wundervoll variierten Ecken – weil sich dann alle etwas trauen, ein neues Selbstbewusstsein, weil man ja nun wieder auf Augenhöhe mit anderen ist (zum Beispiel mit der vorher so belächelten Augsburger Puppenkiste), und der Trainer darf dann ruhig mal nach Holland fahren, weil das Ganze die Assis leiten können.

Und nach dem ersten Sieg werd‘ ich euch zuwinken von der Nordtribüne. Ihr werdet mich schon hören, ich schrei‘ am lautesten. Und dann wisst Ihr, da ist eine, die nicht an Wunder glaubt, sondern an euch.

Eure G. Dillge

P.S.: Ich bin die Rabatt-Susi in der Telenovela „Rote Rosen“, und wenn ich am Set meinen Text nicht kann, dann kann ich auch nicht richtig fühlen, spielen – so einfach ist das, Freunde.