Die Sujews (Diana und Elina) und Sussmanns (Jana und Kim) gehen am Sonntag gemeinsam in der Staffel an den Start der 42 Kilometer langen Strecke.
Hamburg. Bei der Geburt trennten sie einmal drei Minuten, einmal fünf. Nun starten zwei Zwillingspaare gemeinsam am Sonntag beim Hamburger Marathon für ihre Stadt und das "Lauf Team Haspa Marathon Hamburg". Zwei Zwillingspaare, das sind einmal Jana Sussmann, 2011 deutsche Meisterin im 3000-Meter-Hindernislauf, und ihre Schwester Kim. Und die beiden eineiigen Zwillinge Diana und Elina Sujew, die ganz frisch nach Hamburg gewechselt sind und auch dem Haspa-Team angehören. Diana wurde 2010 deutsche Meisterin über die 1500 Meter und 2012 bei der EM Sechste, ihre Schwester Elina ist über die gleiche Distanz deutsche U23-Meisterin 2012. Dass sich Hamburg überhaupt über so hochkarätigen Leichtathletikzuwachs freuen kann, liegt an ihrer Trainerin Beate Conrad. Im Dezember 2012 begann sie als Landestrainerin beim Hamburger Leichtathletik-Verband und brachte die Sujew-Zwillinge als Verstärkung gleich mit.
Seit wenigen Tagen wohnen Diana und Elina nun in Ohlsdorf und hatten eine völlig Hamburg-untypische Wohnungssuche hinter sich: "Wir haben uns eine Wohnung angesehen, und die auch gleich bekommen", sagt Neu-Hamburgerin Diana Sujew und weiß vermutlich gar nicht, wie ungewöhnlich so viel Glück ist. Im Gegensatz zu Potsdam, wo die beiden vorher wohnten, ist Hamburg für sie echtes Neuland: "Die Stadt ist so groß, dass es bestimmt Monate dauert, bis wir uns daran gewöhnt haben", sagt Elina. Während Potsdam eher einen dörflichen Charakter habe, mögen die Sujews vor allem den multikulturellen Touch in Hamburg: "Das ist schon eine coole Stadt." Ob Stadien wie die Jahnkampfbahn oder der Hammer Park oder auch Laufstrecken an der Alster oder im Stadtpark, für die Sujews bieten sich ganz neue Trainingsmöglichkeiten. "Die Infrastruktur in Hamburg ist super", sagt Beate Conrad, die hofft, den Leichtathletik-Standort Hamburg aufwerten zu können. "Wir haben ein tolles Umfeld und starken Nachwuchs", sagt die neue Landestrainerin. Der Deutsche Olympische Sportbund hat Hamburg bereits für den Olympiazyklus 2013 bis 2016 als Bundesstützpunkt im Sprung/Mehrkampf anerkannt. Nach einer zweijährigen Evaluierungsphase erfolgt dann die Anerkennung der Disziplingruppe Lauf als Bundesstützpunkt. Im Zuge dessen hofft Conrad weitere, talentierte Spitzenathleten nach Hamburg lotsen zu können, um dem Standort mehr Gewicht zu verleihen.
Dafür müssen auch die Ergebnisse stimmen. Nach einer eher durchschnittlichen Hallen-Saison wollen die Sujew-Zwillinge im Sommer mit ihrer Trainerin neu angreifen: Das kurzfristige Ziel ist die WM im August in Moskau, langfristig sind die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro im Visier. "Die Norm für die WM ist hart, aber sie bleibt unser Ziel", sagt Conrad. Diana Sujew blieb 2012 mit 4:05:71 nur 21 Hundertstelsekunden über der Norm, Schwester Elina fehlen noch 1,8 Sekunden. "Die beiden sind unwahrscheinlich ehrgeizig und würden durch die Hölle gehen", sagt Conrad.
Die Trainerin sieht bei den Sujews die typischen Zwillings-Klischees bestätigt, beide seien sich sehr ähnlich, sowohl auf der Strecke als auch charakterlich. "Im Prinzip reicht es, wenn wir nur eine der beiden zur Leistungsdiagnostik schicken und nur einmal Laktatwerte messen", sagt Conrad. So ähnlich seien sich die beiden Zwillingsschwestern, die 1990 im lettischen Riga geboren wurden und 1994 mit ihren Eltern nach Frankfurt kamen. Seit 2001 besitzen beide die deutsche Staatsbürgerschaft. "Wir pushen uns gegenseitig", sagt Diana. Ihre Schwester sei zwar Konkurrenz, eine Rivalität gebe es aber nicht. "Lieber es gewinnt meine Schwester als jemand anderes", sagt Elina.
Das Problem hat Jana Sussmann nicht - nicht mehr. Gemeinsam mit ihrer Schwester Kim fing sie in der Jugend bei der LG Nordheide mit der Leichtathletik an, mittlerweile sind die zweieiigen Zwillinge für das Team Haspa aktiv. Jana - deutsche Meisterin 2011 als Profi, Kim nur noch hobbymäßig. Sie macht eine Ausbildung zur Krankenschwester, "da lässt der Schichtbetrieb keinen Leistungssport mehr zu", sagt Kim, die mit ihrer Schwester Jana die Zwillingsstaffel komplettiert.
"Wir wollen beste Frauenstaffel werden", gibt Jana Sussmann forsch das Ziel aus. Sussmann - Sujew - Sussmann - Sujew, das ist die Reihenfolge für die Staffel. Jana Sussmann wird mit 16,3 Kilometern starten, Diana Sujew dann 11,2 Kilometer laufen, Kim Sussmann als einzige Nicht-Profi-Athletin die 5,4-Distanz angehen und Elina Sujew mit 9,4 Kilometern die Schlussetappe laufen. Dabei läuft die doppelte Zwillingsstaffel ungewohnt lange Distanzen. Gerade die Sujews neigen dazu, schon während ihrer 1500-Meter-Rennen früh zu überpowern, sodass am Ende die Kraft fehlt. "Zehn Kilometer sind für Mittelstreckenläuferinnen kein Problem", sagt Beate Conrad und glaubt an eine kluge Krafteinteilung ihrer Schützlinge.
Die Grundlagen für die lange Saison legte das Team bis zum 8. April in den USA: vier Wochen lang im Höhentrainingslager in Flagstaff/Arizona - rund 2100 Meter über dem Meeresspiegel. Grundlagen, die sich bei der Staffel am Sonntag mit guten Zeiten auszahlen sollen. Ob die Zwillingsschwestern dann drei oder fünf Minuten auseinanderliegen, sei aber nebensächlich. "Es soll einfach Spaß machen", sind sich alle vier eineiig einig.
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