Vettel konnte die Gunst der Pole Position nicht nutzen: Jenson Button feiert nach dem siebten Rennen seinen sechsten Sieg.
Istanbul. Erst verfahren, dann verzockt und am Ende kräftig verstimmt: Als Sebastian Vettel nach nur wenigen Metern kurz vom Kurs abkam, war der Traum vom Triumph am Bosporus geplatzt und seine leise Hoffnung auf den Formel-1-Titel wohl endgültig zerstört. Der deutsche Red-Bull-Pilot konnte die Gunst seiner Pole Position nicht nutzen und machte durch den Ausrutscher und die falsche Strategie den Weg für Jenson Button zum nächsten Sieg frei. Der Brite feierte beim Großen Preis der Türkei im Brawn-Mercedes bereits den sechsten Erfolg im siebten Rennen und jagt nun Michael Schumachers Rekord als schnellster Weltmeister der Formel-1-Geschichte.
Vettel setzte Button zwar für einige Runden unter Druck, doch mit einem Boxenstopp mehr konnte er dem WM-Spitzenreiter letztlich nicht gefährlich werden. Der 21-Jährige, der im Regen von Shanghai in diesem Jahr als bislang einziger Fahrer Buttons Siegesserie unterbrechen konnte, musste sich auf Anweisung seines Teams mit Platz drei hinter seinem Stallgefährten Mark Webber (Australien) begnügen. „Riskier nichts mehr, Mark ist schneller“, bekam Vettel vier Runden vor Schluss über Funk zu hören.
Dies war eine nachvollziehbare Entscheidung, Kritik übte der Hesse anschließend aber an der Strategie seines Teams. „Ich habe gedacht, wir bleiben bei zwei Stopps. Sind wir aber nicht. Das macht meiner Meinung nach nicht ganz so viel Sinn. Da wird man nochmal drüber reden müssen“, sagte er offen. Sogar Button zeigte sich von der Entscheidung der Konkurrenz „sehr überrascht“.
Er hätte aber sowieso keine Chance gehabt gegen Jenson, meinte Vettel einschränkend: „Er war einfach zu schnell, und ich habe schon in der ersten Runde einen Fehler gemacht.“ Nicht nur deshalb war Vettel sauer: „Wenn man von Platz eins ins Rennen geht, will man auch gewinnen.“
In der WM-Wertung baute Button seine Führung auf Teamkollege Rubens Barrichello (Brasilien), der ein völlig verkorkstes Rennen fuhr und neun Runden vor Schluss aufgab, auf 26 Punkte aus (61:35). Für das Super-Team von „Superhirn“ Ross Brawn war es der erste Ausfall in dieser Saison überhaupt. Verfolger Vettel bleibt WM-Dritter mit 29 Zählern.
„Das war das erste Rennen, in dem das Auto wirklich absolut perfekt lief“, meinte Button: „Mit 26 Punkten Vorsprung die WM anzuführen, ist ein tolles Gefühl.“
Nico Rosberg (Wiesbaden) eroberte im Williams auf Rang fünf ebenso WM-Punkte wie Toyota-Pilot Timo Glock (Wersau) als Achter. Nick Heidfeld (Mönchengladbach) konnte die Talfahrt im BMW-Sauber nicht stoppen und landete auf Position elf.
Das deutsche Schlusslicht war an diesem Tag Adrian Sutil (Gräfelfing), der im Force India Platz 17 belegte. Weltmeister Lewis Hamilton fährt weiter hinterher: Im McLaren-Mercedes reichte es für den Briten nur zum enttäuschenden 13. Rang.
Vettel stand zum dritten Mal in seiner Karriere auf der Pole Position - erstmals gewann er dabei nicht. Doch bei seinen beiden Erfolgen von Startplatz eins in Monza 2008 und Shanghai hatte es jeweils geregnet. In Istanbul blieb es dagegen bei angenehmen 25 Grad Celsius trocken: offenbar kein Vettel-Wetter.
Wenn Button weiter von Sieg zu Sieg eilt, wackelt Michael Schumachers Weltrekord. Der Kerpener krönte sich in der Saison 2002 nach 11 von 17 Rennen zum frühesten Formel-1-Weltmeister aller Zeiten.
Vettel kam hervorragend weg, behauptete beim Start seine Führung. Aber schon in der ersten Runde beging er einen Fahrfehler, kam kurz vor der Strecke ab und musste Button passieren lassen. In der Folge vergrößerte der WM-Spitzenreiter seinen Vorsprung kontinuierlich. Der mit einem der leichtesten Autos im Feld angetretene Deutsche war als einziger Fahrer im Feld auf einer Drei-Stopp-Strategie unterwegs.
Mit dem leichteren Auto holte er wieder auf. In der 25. Runde ermutigte ihn das Team über Funk: „Komm, du hast ihn fast.“ Doch Button fuhr souverän, Vettel hatte keine Chance, vor seinem zweiten Stopp bei Hälfte des Rennens ein echtes Überholmanöver anzusetzen und fiel nach dem Halt sogar hinter Teamkollege Webber zurück.
Alles schief lief bei Barrichello. Der Brasilianer würgte beim Start fast den Motor ab und fiel vom 3. auf den 13. Rang zurück. In der 8. Runde rutschte er beim Überholversuch gegen den Finnen Heikki Kovalainen (McLaren-Mercedes) weg und verlor weitere vier Ränge. Und im 12. Umlauf zerstörte er sich bei einem übermotivierten Angriff auf Sutil Teile seiner Karosserie, musste an die Box und fuhr dem Feld nun engdültig hinterher.
Ein ganz starkes Rennen lieferte Rosberg ab. Der 23-Jährige fuhr gleich beim Start vom neunten auf den sechsten Rang vor und kämpfte sich anschließend sogar in die Top 5 vor.