Ein Fahrfehler und die falsche Rennstrategie lassen den Pole-Mann auf Platz drei zurückfallen.

Istanbul

Wer soll ihn noch aufhalten? Jenen Jenson Button, der so aufreizend lässig in Schlangenlinien durchs Ziel fahren kann, weil er schon von der zweiten Runde im Istanbul Park an geahnt und auf der letzten Umrundung Gewissheit hatte, dass ihm niemand gefährlich werden kann.

Über 20 Sekunden betrug zwischendurch sein Vorsprung auf den ersten Verfolger. 20 Sekunden, da nahm sich das Rennen für den Briten zwischendurch aus wie eine Spazierfahrt. "Wir haben noch einmal einen großen Schritt nach vorn gemacht", jubelte der Sieger sichtlich gerührt, und sein Kompliment an die Mechaniker und Ingenieure klang aus dem Mund des Strahlemanns wie eine Liebeserklärung. "Das Auto hat sich so gut angefühlt wie noch nie in diesem Jahr."

Den letzten ernst zu nehmenden Rivalen auf dem süßen Weg zum Titel schüttelte der Frauen- und Autoversteher souverän ab. Allerdings stolperte der Verfolger auch leicht und saß der falschen Rennstrategie auf. Sebastian Vettel stand beim Großen Preis der Türkei auf der Poleposition, er kam gut weg vom Fleck, aber dann bremste er etwas zu spät in der neunten Kurve und geriet in der zehnten prompt neben die Strecke. Verfolger Button im Brawn-Mercedes schlüpfte am deutschen Red-Bull-Piloten vorbei und hatte freie Fahrt. "Es war mein Fehler", gab Vettel unumwunden zu. "Ich hatte das ganze Rennen über an dieser Stelle Probleme, es war sehr rutschig, vielleicht lag es am Rückenwind."

Eine umstrittene Entscheidung am Kommandostand sorgte dafür, dass er im Verlauf der 58 Runden einen weiteren Platz zurückfiel, hinter seinen Teamkollegen Mark Webber. Der Australier musste wie der Großteil der Fahrer zweimal zum Tanken, Vettel dagegen hielt dreimal in der Boxenstraße. So verhielt es sich auch im Ziel: Webber wurde Zweiter, Vettel Dritter. Es spricht für sein Selbstbewusstsein, dass er trotz des Ausrutschers zu Rennbeginn die Taktik seiner Chefs öffentlich infrage stellte. Drei Stopps, "das macht meiner Meinung nach keinen Sinn, da muss man noch mal nachhaken", sagte Vettel.

Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben, er lächelte mit dem kleinen Pokal verkniffen auf die Zuschauer herab, er wusste, das Rennen war fast schon seine letzte WM-Chance. Aber er machte sich eben auch keine Illusionen. "Mein Fehler und diese Taktik fallen nicht sehr ins Gewicht. Jenson war viel schneller. Wir hätten ohnehin keine Chance gegen ihn gehabt. Der Brawn ist gefahren, als sei er von einem anderen Planeten gekommen."

Die Dominanz versuchte auch Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug in Worte zu fassen: "Button und Brawn fahren Kreise um die Konkurrenz." Ernüchtert war der Schwabe vom Abschneiden seiner eigenen Fahrer. Weltmeister Lewis Hamilton rollte als 13. ins Ziel. "Die anderen werden schneller, wir werden langsamer", klagte er bei der BBC. Heikki Kovalainen wurde 14. "Kein gutes Wochenende für uns", haderte Haug. "Wir haben großen Verbesserungsbedarf speziell auf High-Speed-Kursen."

Es bleibt der schwache Trost, dass Buttons Brawn von einem Motor mit dem Stern angetrieben wird. Sechs Siege in sieben Rennen, das hebt den Mann aus dem südenglischen Frome schlagartig auf eine Stufe mit Jim Clark und Rekordweltmeister Michael Schumacher. Ihnen gelang die gleiche Siegesserie.

Vettel versuchte auf den letzten Runden alles, um auf Vordermann Webber aufzuschließen. Fünf Runden vor Ende musste er das Unterfangen auf Geheiß des Kommandostands aufgeben. "Sebastian, schone dein Auto!", wurde ihm über Boxenfunk mitgeteilt, "Mark ist schneller." Auch das mag zu seinem Verdruss beigetragen haben.

Er kann sich für die Zukunft in Stellung bringen, die Titelmission seines Gegners wird er nicht aufhalten können. In zwei Wochen gehen die Button-Festspiele in gebührendem Rahmen weiter. Dann wird der Große Preis von England ausgefahren. "Ich hoffen auf viele Zuschauer und darauf, sie nicht zu enttäuschen." Da müsste auf dem Planet Brawn schon vieles schieflaufen.