Nun gerät auch ein Mitglied der Schiedsrichter-Kommission unter Verdacht. Der ehemalige Obmann hat nach eigener Aussage weitere Kentnisse.

Frankfurt/Main. Die Steueraffäre um deutsche Fußball-Schiedsrichter schlägt immer höhere Wellen: Möglicherweise ist sogar ein Mitglied der Schiedsrichter-Kommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verwickelt, wie aus einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstagausgabe) hervorgeht.

Demnach soll der frühere DFB-Schiedsrichterobmann Manfred Amerell, der die Steueraffäre durch eine Anzeige ins Rollen gebracht hat, 21 Namen von betroffenen Referees auf eine Liste geschrieben haben. Eine dieser Personen soll der Schiedsrichter-Kommission des DFB angehören. Vom DFB gab es zu Amerells Vorwurf und zum generellen Stand der Ermittlungen zunächst keine weitere Stellungnahme.

Amerell droht dem Verband dagegen mit weiteren Enthüllungen. „Ich schließe nicht aus, dass noch mehr Dinge öffentlich werden. Ich habe noch vier, fünf Sachen bereit“, sagte Amerell. Der 65-Jährige war nach Bekanntwerden einer Affäre mit Referee Michael Kempter vor 20 Monaten von seinem Amt beim DFB zurückgetreten. Im Zuge des Skandals um Amerell und Kempter hatte der DFB eine Schiedsrichter-Kommission unter dem Vorsitz von Herbert Fandel gebildet.

Laut dem Fachmagazin „kicker“ ist es gut möglich, dass der DFB in der kommenden Woche Sperren gegen betroffene Schiedsrichter aussprechen könnte. Hintergrund ist, dass DFB-Präsident Theo Zwanziger am vergangenen Freitag rund 40 Schiedsrichter aus den höchsten Ligen zum Rapport bestellt und darauf gedrungen hatte, dass die unter Verdacht geratenen Referees schnell und aktiv an der Aufklärung durch die Steuerbehörden mitwirken. Sollten sich in diesem Zusammenhang neue Erkenntnisse ergeben, wären Sperren unabhängig vom Ermittlungsstand der Behörden denkbar.

Amerell hatte monatelang eigenständig Informationen zusammengetragen und an die Behörden weitergegeben, die daraufhin Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung aufgenommen haben. Steuerfahnder hatten vor zwei Wochen unter anderem die Zentrale des DFB durchsucht. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ sind die Untersuchungen unter dem Namen „Abseits“ inzwischen auf 70 aktive und ehemalige Schiedsrichter ausgeweitet worden. Einige der Beschuldigten sollen über 100.000 Euro Einnahmen verschwiegen und auf ausländischen Schwarzgeldkonten gehortet haben.

DFB-Schiedsrichterbeobachter Winfried Buchhart hat indes jegliche Verwicklungen in die Steueraffäre bestritten. Er habe nichts getan und sei völlig unschuldig, sagte der 53-Jährige dem „Donaukurier“ (Freitagausgabe). Zuletzt hatte „Spiegel Online“ berichtet, dass der Inhaber der Schrobenhausener Treuhand GmbH ins Blickfeld der Fahnder des Finanzamtes Augsburg geraten sei. Demnach soll Buchharts Steuerbüro Steuererklärungen mit fiktiven Dienstfahrten, Bewirtungen oder Geschenken manipuliert haben.

Diese Vorwürfe weist Buchhart vehement von sich: „Erstens läuft aktuell kein Verfahren gegen mich und unsere Firma. Zweitens unterliegt die Firma – wie andere Firmen auch – regelmäßigen Betriebsprüfungen. In den vergangenen elf Jahren wurden bei mir alleine neun Jahre überprüft. Es gab dabei keine Beanstandungen.“

Unterdessen hat der DFB Amerell im Streit um das sogenannte Mediationsverfahren scharf kritisiert. „Es geht hier doch ganz offensichtlich nur um Effekthascherei“, sagte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker. Nachdem der Verband am Dienstag das zur Schlichtung angedachte Mediationsverfahren unter Teilnahme des früheren Berliner Bischofs Wolfgang Huber endgültig für beendet erklärt hatte, regte Amerell über seinen Anwalt postwendend ein neues Verfahren an.

Amerell wiederum sprach in der „FAZ“ von einem Komplott gegen seine Person. Demnach sei Kempter bei seinen damaligen Anschuldigungen gegen Amerell instrumentalisiert worden. Am 7. Dezember ist eine weitere Gerichtsverhandlung in Stuttgart angesetzt. „Ich wünsche mir, dass am Ende Michael und ich eine Pressekonferenz geben, in der klar wird, was wirklich passiert ist“, sagte Amerell. (dapd)