Nach der 0:2-Niederlage im Derby gegen Everton stehen die Reds vor einem Scherbenhaufen. Rooney-Abschied aus Manchester im Winter?

Liverpool. Finanziell gab es die Rettung in letzter Sekunde, sportlich befindet sich der Klub jedoch in einer der schlimmsten Krisen der Klubgeschichte: Der ruhmreiche FC Liverpool kommt nicht zur Ruhe und rutscht immer tiefer in den Tabellenkeller der Premier League. Die Reds kassierten im 214. Merseyside-Derby beim FC Everton eine 0:2 (0:1)-Niederlage, lieferten erneut eine blutleere Vorstellung ab und stürzten mit nur sechs Punkten auf den vorletzten Tabellenplatz ab.

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Damit dürfte es rund um die Anfield Road turbulent weitergehen, nachdem ein tagelanger Wirtschaftskrimi mit juristischem Gezerre den großen Anhang des Klubs in Atem gehalten hatte. Erst am Freitag konnte ein drohendes Insolvenzverfahren durch den Verkauf an die New England Sports Venture (NESV) abgewendet werden. Der Verkaufspreis soll umgerechnet rund 350 Millionen Euro betragen.

Liverpool konnte somit zur Deadline am Freitag einen Kredit von 270 Millionen Euro an die Royal Bank of Scotland (RBS) zurückzahlen und einen Abzug von neun Punkten vermeiden. Zuvor hatten die alten Eigner Tom Hicks und George Gillett auf Druck einer Gerichtsentscheidung in England ihre einstweilige Verfügung gegen den Verkauf zurückgezogen hatten.

Ein Punktabzug hätte angesichts der sportlichen Krise wohl fatale Folgen gehabt. Wie schon in den letzten Wochen hinterließ die Mannschaft von Liverpool-Coach Roy Hodgson unter den Augen der NESV-Chefs John W. Henry and Tom Werner einen verunsicherten Eindruck und enttäuschte auf ganzer Linie. Everton war im Goodison Park jederzeit Herr im Haus und hätte den Treffern von Tim Cahill (34.) und Mikel Arteta (50.) noch weitere hinzufügen können.

Hodgson wollte trotz des neuerlichen Rückschlags nichts von einer Krise wissen. „Wer gesehen hat, wie wir heute gespielt haben, kann nicht behaupten, dass dies das Niveau von Klubs auf den letzten drei oder vier Plätzen ist. Auf der anderen Seite sind sechs Punkte eine schwache Ausbeute. Wir müssen schnell eine Siegesserie starten und die Tabelle hinaufklettern“, sagte der Coach.

Angesichts der Liverpool-Krise wirken die Probleme des Erzrivalen Manchester United geradezu lächerlich. Der Ex-Meister ist nach dem 2:2 gegen West Bromwich Albion in der englischen Premier League zwar als einziges Team noch ungeschlagen, ließ sich am achten Spieltag jedoch eine 2:0-Führung aus der Hand nehmen und spielte schon zum fünften Mal nur unentschieden. „Wären wir ein Team im Mittelfeld der Liga, könnten wir uns darüber freuen, noch ungeschlagen zu sein. Aber für Manchester ist das nicht genug“, sagte United-Trainer Alex Ferguson.

Der Champions-League-Sieger von 1999 und 2008 hat bereits fünf Punkte Rückstand auf Titelverteidiger und Spitzenreiter FC Chelsea, der nach der Nullnummer bei Aston Villa ebenfalls mit einem Punkt zufrieden sein musste. Ein Resultat, mit dem der italienische Trainer Carlo Ancelotti dennoch gut leben konnte: „Zu diesem Zeitpunkt der Saison war das ein gutes Ergebnis für uns. Letztes Jahr haben wir hier noch verloren.“

Erster Verfolger des ehemaligen Klubs von Michael Ballack ist nun Manchester City, das beim FC Blackpool 3:2 gewann. Dahinter folgt der FC Arsenal, der gegen Birmingham City einen 0:1-Rückstand noch in einen 2:1-Sieg drehte. „Wir waren in einer Situation, in der wir unbedingt gewinnen mussten. Nach zuletzt zwei Niederlagen hat man uns die Nervosität angemerkt, ich konnte mich heute nie beruhigt zurücklehnen“, sagte Arsenals Teammanager Arsene Wenger.

Neben der unbefriedigenden sportlichen Situation sorgt in Manchester derzeit das Theater um Wayne Rooney für Ärger. Der englische Nationalstürmer war in den letzten beiden Spielen von Ferguson wegen einer angeblichen Knöchelverletzung nicht eingesetzt worden. Rooney widersprach dieser Darstellung und musste gegen West Brom bis zur 72. Minute auf seine Einwechslung warten. Den offensichtlichen Zwist zwischen Spieler und Trainer nehmen einige englische Medien schon zum Anlass, über einen Abschied Rooneys in der Winterpause zu spekulieren.