Ein 1:0-Sieg reichte den Engländern zum Weiterkommen. Die USA erzielten in der Nachspielzeit den entscheidenen Treffer.
Port Elizabeth/Pretoria. Fabelhafter Fabio: Teammanager Fabio Capello hat England dank seines Glückshändchens vor der größten WM-Blamage seit 52 Jahren bewahrt und doch noch ins Achtelfinale geführt. Der italienische Startrainer setzte beim 1:0 (1:0) gegen Slowenien zum ersten Mal im Turnierverlauf von Beginn an auf Jermain Defoe - und der 27-Jährige bedankte sich in Port Elizabeth prompt mit dem Siegtor (23.).
England, das in der Schlussphase noch gewaltig unter Druck geriet und um das Weiterkommen zittern musste, ist als Gruppenzweiter für die K.o.-Runde qualifiziert. Die Slowenen schieden in letzter Minute aus, weil zeitgleich die USA durch einen Treffer in der ersten Minute der Nachspielzeit 1:0 gegen Algerien gewannen.
Die USA und England sind ein möglicher Achtelfinal-Gegner von Deutschland. Die DFB-Elf musste aber selbst erst im Spiel gegen Ghana am Abend noch um das Ticket für die Runde der letzten 16 kämpfen. "Jetzt ist der Kopf frei. Wir haben keine Angst mehr", sagte Capello nach dem Sieg erleichtert.
Vor 36.893 Zuschauern im Nelson-Mandela-Bay-Stadion hatte England nur in der Anfangsphase einige Probleme mit den Slowenen. So mangelte es den Briten zunächst wie schon bei den Unentschieden zum Turnierauftakt gegen die USA (1:1) und Algerien (0:0) an Ideen und Durchschlagskraft. Folgerichtig resultierte die erste halbwegs gefährliche Aktion des Favoriten aus einer Standardsituation. Frank Lampards Freistoß aus 35 Metern stellte für Samir Handanovic im slowenischen Tor jedoch kein Problem dar (14.).
Im Anschluss wurde das Spiel der Three Lions sehr zur Freude der rund 20.000 englischen Fans im Nelson-Mandela-Bay-Stadion aber besser. Nachdem Glen Johnson mit einem Fernschuss noch gescheitert war (19.), zeigte sich Defoe treffsicherer. Der Torjäger von Tottenham Hotspur verwertete eine Hereingabe von James Milner aus kurzer Distanz.
Auch Milner war von Capello, der im Falle eines Ausscheidens wohl entlassen worden wäre, neu in die Startelf gebracht worden. Für den 24-Jährige musste Aaron Lennon weichen. In der im WM-Verlauf schon zum dritten Mal umgestellten Innenverteidigung lief Matthew Upson für den gelbgesperrten Jamie Carragher auf.
Vor wirkliche Probleme wurde der Defensivverbund jedoch nur selten gestellt. Nach der Führung hatte England schon in der ersten Hälfte gute Möglichkeiten, weiter zu erhöhen. Lampard (27.) sowie Defoe und Kapitän Steven Gerrard mit einer Doppelchance (30.) vergaben aber aus aussichtsreichen Positionen.
Die nach dem 0:1 sichtlich beeindruckten Slowenen, die aufgrund des 1:0 gegen Algerien und des 2:2 gegen die USA mit der besseren Ausgangsposition in die Partie gegangen waren, brachten in der Offensive nur wenig zustande. Besonders der Kölner Bundesligaprofi Milivoje Novakovic konnte sich kaum einmal in Szene setzen. So blieben Schüsse von Valter Birsa (7.) und Bostjan Cesar (21.) noch die besten Möglichkeiten der ersten Hälfte.
Nach dem Seitenwechsel verschob sich das Kräfteverhältnis der Partie, die vom deutschen Schiedsrichter Wolfgang Stark ohne Probleme geleitet wurde, sogar noch weiter zugunsten der Engländer. Nur 30 Sekunden nach dem Wiederbeginn verpasste Defoe das 2:0 knapp. Terry per Kopf (58.) und Rooney mit einem Pfostenschuss (59. ) vergaben ebenfalls gute Möglichkeiten. Die Slowenen hatten dem nur wenig entgegenzusetzen. In der 68. Minute scheiterten dann aber Novakovic, der Bochumer Zlatko Dedic und Birsa nacheinander an der vielbeinigen englischen Abwehr und dem eigenen Unvermögen.
"Last-Minute-Landon" schießt die USA ins Glück
Mit Gottes Hilfe, Ex-Präsident Bill Clinton als Tribünengast und dem unglaublichen Torriecher von Landon Donoavon sind die Amerikaner in letzter Minute noch ins Achtelfinale der Fußball-WM gestürmt. Mit seinem Treffer in der Nachspielzeit bescherte der Stürmer von den Los Angeles Galaxy den US-Boys den schon nicht mehr für möglich gehaltenen 1:0 (0:0)-Sieg gegen die klar unterlegenen Algerier und den Sieg in der Gruppe C. 35.827 Zuschauer sahen am Mittwoch im Loftus-Versfeld-Stadion von Pretoria einen Sturmlauf der zumeist überlegene US-Kicker – und dann den erlösenden Treffer der Amerikaner. Die „Wüstenfüchse“ müssen dagegen die Koffer packen – das Rot gegen den Bochumer Anthar Yahia war praktisch der Schlusspunkt.
Die „Wüstenfüchse“ waren heiß auf das Achtelfinale – und sie hatten auch die erste Chance: Beim Distanzschuss von Rafik Djebbour lag das 1:0 in der Luft, doch der Ball krachte an die Latte (6. Minute). Ein Wecksignal für die US-Boys, die erst nach einer Viertelstunde so richtig ins Spiel kamen und auch prominente Unterstützung hatten: Ex-Präsident Clinton saß als Tribünengast neben FIFA-Präsident Joseph Blatter, zuvor hatte er Südafrikas Präsident Jacob Zuma einen Besuch abgestattet. Barack Obama muss nun vielleicht sogar ans Kap fliegen: Der US-Präsident wollte kommen, wenn seine Stars and Stripes die Sensation schaffen – das Finale.
Im ersten Länderspiel-Duell der beiden Mannschaften wirkten die Algerier vor der Pause kombinationssicherer, die Amerikaner waren torgefährlicher und hatten die besseren Chancen. Der Fallrückzieher von Herculez Gomez ging aber daneben (17.). Dann schlug Clint Dempsey zu (21.), doch der Jubel über das vermeintliche Führungstor der US- Boys ebbte schnell wieder ab: Eine falsche Abseits-Entscheidung des belgischen Referees Frank de Bleeckere. In der Zeitlupe sah man deutlich, dass der Angreifer auf gleicher Höhe mit einem algerischen Abwehrspieler stand. Schon im Spiel gegen Slowenien war den US-Boys der vermeintliche Siegtreffer zum 3:2 aus unerfindlichen Gründen aberkannt worden. Auch den Ellbogencheck von Yahia ins Gesicht von Dempsey hatte de Bleeckere wohl nicht gesehen.
Zwei US-Stürmer behinderten sich vor dem Tor der Algerier beim Kopfball gegenseitig (33.), dann kam Dempsey nach schönem Pass von Landon Donovan aus zehn Metern frei zum Schuss (36.). Groß umstellen musste US-Coach Bob Bradley sein Team nach den beiden Remis gegen England (1:1) und Slowenien (2:2) nicht. Nur auf einer Position gab es eine Veränderung: Für den gelb-gesperrten Angreifer Robbie Findley rückte Gomez ins Team. Die größte Chance nach der Pause hatte wieder Dempsey: Der Fulham-Profi schoss die Kugel an den Innenpfosten – und den Abpraller daneben (57.).
Dass die Algerier das Toreschießen nicht erfunden hatten, war auch im dritten Gruppenspiel deutlich. Auch die beiden Bundesliga-Profis Karim Matmour (Mönchengladbach) und Karim Ziani (Wolfsburg) hatten nicht ihren besten Tag erwischt. Matmour war bei der US-Abwehr um seinen Gladbacher Clubkollegen Michael Bradley bestens aufgehoben. Mehrmals versuchten die Nordafrikaner ihr Glück mit Fernschüssen, US- Keeper Tim Howard war damit aber nie in Verlegenheit zu bringen.
Die Statistik:
Slowenien - England 0:1 (0:1)
Slowenien: Samir Handanovic (Udinese Calcio) – Brecko (1. FC Köln), Suler (KAA Gent), Cesar (Grenoble Foot 38), Jokic (Chievo Verona) – Birsa (AJ Auxerre), Radoslavljevic (AE Larisa), Koren (West Bromwich Albion), Kirm (Wisla Krakau – 79. Matavz/FC Groningen) - Novakovic (1. FC Köln), Ljubijankic (KAA Gent – 62. Dedic/VfL Bochum)
England: James (FC Portsmouth) – Johnson (FC Liverpool), Upson (West Ham United), Terry (FC Chelsea), Ashley Cole (FC Chelsea) - Barry (Manchester City) – Milner (Aston Villa), Lampard (FC Chelsea), Gerrard (FC Liverpool) – Rooney (Manchester United – 72. Joe Cole/FC Chelsea), Defoe (Tottenham Hotspur – 86. Heskey/Aston Villa)
Schiedsrichter: Stark (Ergolding)
Zuschauer: 36 893
Tor: 0:1 Defoe (23.)
Gelbe Karten: Birsa, Dedic, Jokic / Johnson
Beste Spieler: Radoslavljevic, Birsa / Milner, Defoe
USA – Algerien 1:0 (0:0)
USA: Howard (FC Everton) – Bornstein (CD Chivas Carson – 80. Beasley/Glasgow Rangers), DeMerit (FC Watford), Bocanegra (Stade Rennes), Cherundolo (Hannover 96) – Michael Bradley (Bor. Mönchengladbach), Edu (Glasgow Rangers – 64. Buddle/Los Angeles Galaxy) – Dempsey (FC Fulham), Donovan (Los Angeles Galaxy) – Gomez (FC Puebla – 46. Feilhaber/Aarhus GF), Altidore (Hull City)
Algerien: M'Bohli (Slavia Sofia) – Bougherra (Glasgow Rangers), Halliche (Nacional Funchal), Yahia (VfL Bochum) – Kadir (FC Valenciennes), Yebda (FC Portsmouth), Lacen (Racing Santander), Belhadj (FC Portsmouth) – Matmour (Bor. Mönchengladbach – 85. Saifi/FC Istres), Ziani (VfL Wolfsburg – 69. Guedioura/Wolverhampton Wanderers) – Djebbour (AEK Athen – 65. Ghezzal/AC Siena)
Schiedsrichter: de Bleeckere (Belgien)
Zuschauer: 35 827
Tor: 1:0 Donovan (90.+2)
Gelbe Karten: Altidore, Beasley / Lacen, Yahia, Yebda
Gelb-Rote Karten: – / Belhadj (90.+3/Meckern)
Beste Spieler: Dempsey, Michael Bradley / M'Bohli, Yebda