Sylt. Ines Dreisow behauptet sich in einer Männerdomäne. Zu ihrem Bezirk gehören auch die Sansibar und das Luxushotel Söl‘ring Hof.
Im Alter von neun Jahren stand für Ines Dreisow die Berufswahl bereits fest: „Mein Vater sagte immer, wenn er nicht Kaminbauer geworden wäre, dann hätte er sich für Schornsteinfeger entschieden. Für mich war schon als Kind klar, in diese Branche zu gehen und dabei wurde ich von meinen Eltern unterstützt“, berichtet Dreisow, die auf der Nordseeinsel Sylt arbeitet, im Abendblatt-Gespräch.
Die Ausbildung startete die heute 59-Jährige Mitte der 1980er-Jahre in Bad Oldesloe. Es folgten die Jahre als Gesellin und schließlich machte sie ihre Schornsteinfegermeisterin. Im Raum Bargteheide hatte Dreisow ihren ersten eigenen Kehrbezirk, den sie fast 20 Jahre lang betreute. Aber vor gut fünf Jahren kam der Umzug auf die Insel.
Sylt: Kehrbezirk von Ines Dreisow reicht von Westerland bis Hörnum
Doch der Reihe nach: „Mein Mann Jens hat die Kaminbaufirma meines Vaters übernommen und den Geschäftsbetrieb bereits vor etwa 20 Jahren von Rethwisch bei Bad Oldesloe nach Sylt verlegt. Hier auf der Insel gibt es viel zu tun. Wir führten also eine Fernbeziehung. Als dann ein Kehrbezirk auf Sylt frei wurde, habe ich mich dafür beim Land Schleswig-Holstein beworben“, sagt Dreisow.
Zur Erklärung: Wer einen Kehrbezirk hat, der nimmt „hoheitliche Aufgaben wahr und führt zum Beispiel Bauabnahmen und Feuerstättenschauen bei Hausbesitzern aus“, erklärt Dreisow. Ihr Bezirk reicht von der Inselhauptstadt Westerland bis Hörnum. Dazu zählen Gebäude, wie die legendäre Sansibar oder auch das Luxushotel Söl‘ring Hof samt zwei Sternerestaurants in Rantum, die einen hohen Bekanntheitsgrad weit über die Insel hinaus genießen.
Ines Dreisow ist aber egal, in welchem Haus sie und ihr Team gerade tätig sind. „Ich liebe meinen Job auch nach bald 40 Jahren noch, weil ich täglich in Kontakt mit netten Menschen stehe.“ In ihrer Branche sind Frauen eher unterrepräsentiert. „Es gibt in Schleswig-Holstein aktuell nur vier Kehrbezirke, die von Schornsteinfegermeisterinnen geführt werden, dem stehen etwa 500 Männer gegenüber“, sagt Dreisow.
Sylt: Schornsteinfegermeisterin lebt mit Mann und Dogge in Morsum
Zum Gespräch hat die Unternehmerin das Abendblatt in ihr gemütliches Haus in der Nähe vom Bahnhof Morsum eingeladen. Der Kamin knistert und Hündin Nele, eine gutmütige Deutsche Dogge aus dem Tierschutz, hat es sich auf dem Teppich gemütlich gemacht. Der Tee dampft in den Tassen, auf dem Holztisch steht weihnachtliches Gebäck.
Wie ist das Fazit nach fünf Jahren auf der Insel? „Ich wurde so toll von der Dorfgemeinschaft aufgenommen. Ich engagiere mich bei den Kulturfreunden, wir organisieren Konzerte und Ausstellungen. Vor Kurzem hatten wir einen Weihnachtsmarkt und im Sommer steht wieder das beliebte Ringreiten auf dem Programm. Es ist immer etwas los.“
Die Wahlinsulanerin ist ein Energiebündel und widmet sich in ihrer Freizeit der Kommunalpolitik. „Ich habe hier auf Sylt mit der Politik begonnen. Zunächst stellte ich mir die Frage, welche Partei zu mir passt. Ich bin schließlich bei der CDU gelandet.“ Ines Dreisow ist Vorsitzende des Ortsbeirates in Morsum.
Dreisow engagiert sich in der Sylter Politik, will aber nicht Bürgermeisterin werden
„Man nennt mich hier auch liebevoll die Bürgermeisterin“, sagt sie. „Ich bespiele viele Themen, aber besonders liegt mir auch die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum am Herzen – für Menschen, die hier arbeiten und die Insel am Laufen halten.“ Demnächst sollen auf einer grünen Wiese in Morsum neue Wohnungen entstehen. Und zudem soll die Alte Schule für Wohnzwecke umgestaltet werden.
Dreisow gehört auch der Gemeindevertretung Sylt an, die 32 Mitglieder hat. Aktuell ist einiges los in Sachen Politik: Am 16. März wählen die Bürger und Bürgerinnen einen neuen Bürgermeister der Gemeinde Sylt. Gut zweieinhalb Monate nach der vorzeitigen Abwahl des früheren Bürgermeisters Nikolas Häckel (parteilos), der Ende Oktober unter tragischen Umständen in Hamburg verstorben ist, stehen die ersten Bewerber für den Posten im Rathaus fest. Aber für dieses Amt steht Dreisow nicht zur Verfügung.
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Sylt: Im Urlaub geht es mit dem Wohnmobil auf Tour. Das nächste Wunschziel ist Schottland
Jetzt freut sich Dreisow erst mal auf die Festtage ohne viel Trubel: „Mein Mann steht einmal im Jahr am Herd – und das ist Weihnachten. Dann kümmert er sich mit viel Liebe um die Gans. Wir verbringen eine entspannte Zeit bei uns zu Hause und manchmal kommen noch spontan Freunde vorbei.“
Aber trotz der Liebe zur Insel gönnt sich Ines Dreisow auch immer wieder kleine Auszeiten. „Wir haben uns ein Wohnmobil zugelegt, waren schon am Bodensee und auf Usedom“, sagt sie. „Im kommenden Jahr würde ich gerne mal Schottland erkunden.“ Bis es so weit ist, genießt sie die täglichen Spaziergänge auf dem Deich mit Hündin Nele. Und im Mai wird wieder in der Nordsee angebadet. Ines Dreisow ist auf Sylt angekommen.