Ahrensburg/Lübeck. Früherer Chef des Unternehmens aus Ahrensburg soll Unfälle mit Autos seiner Kunden fingiert haben, um Versicherungssummen einzustreichen.

Der jahrelange Betrug in einem Autohaus in Ahrensburg beschäftigt weiter die Gerichte. Der ehemalige Chef des Betriebs, Fatic B. (Name geändert), will auch das zweitinstanzliche Urteil nicht akzeptieren und zieht vor das Oberlandesgericht in Schleswig. „Das Urteil des Landgerichts Lübeck ist nicht rechtskräftig, da der Angeklagte hiergegen Revision eingelegt hat“, sagt dessen Sprecher Stephan Bahlmann.

Damit werden nun die Richter des höchsten schleswig-holsteinischen Strafgerichts die Entscheidung aus Lübeck überprüfen. Anders als bei der Berufung, die gegen Urteile des Landgerichts nicht zulässig ist, gibt es bei der Revision keine neue Beweisaufnahme, auch Zeugen werden nicht erneut befragt. Das Gericht ist an die Feststellungen der Vorinstanz gebunden und überprüft dessen Urteil lediglich auf Rechtsfehler.

Betrug in Ahrensburg: Autohaus-Chef will Gefängnisstrafe nicht akzeptieren

Die Staatsanwaltschaft hatte Fatic B. vorgeworfen, in seiner Funktion als Chef des Unternehmens, das er seit 2013 führte, über Jahre hinweg im großen Stil Versicherungen betrogen zu haben. Dazu hatte der 42-Jährige ein ausgeklügeltes System entwickelt: Der Unternehmer fingierte und erfand Unfälle, um zum Teil fünfstellige Versicherungssummen zu kassieren. Insgesamt kamen so laut Anklage mehr als 140.000 Euro zusammen.

Für den Betrug verwendete der Ahrensburger neben eigenen Wagen auch Fahrzeuge, die Kunden in der seinem Autohaus angeschlossenen Werkstatt zur Reparatur eingestellt hatten. Anschließend meldete der Unternehmer die Schäden unter Nutzung der Namen und Daten seiner Kunden selbst bei den Versicherungen an, um Reparaturkosten und Schadenzahlungen (die Wagen der Unfallgegner waren auf seine Mitarbeiter oder deren Angehörige zugelassen) einzustreichen.

Fast drei Jahre lang flog die betrügerische Masche nicht auf

Teilweise hatte der 42-Jährige den Ermittlungen zufolge Freunde und Verwandte als Komplizen. Andere „Mittäter“ habe er sich sorgfältig aus seinem Kundenkreis herausgepickt. Von November 2017 bis September 2020 war B. mit der Masche erfolgreich. Der Betrug flog erst auf, als ein Mitarbeiter einer der geschädigten Versicherungen misstrauisch wurde.

Darüber hinaus geht es in dem Verfahren um weitere Betrugstaten. So soll Fatic B. Finanzierungsverträge für hochwertige Autos abgeschlossen und diese auf sich selbst zugelassen und genutzt haben, ohne die vereinbarten Raten zu bezahlen. Als die Banken die Fahrzeuge zurückforderten, waren diese nicht mehr auffindbar.

Amtsgericht Ahrensburg verhängte Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten

Der Fall war Anfang des Jahres in erster Instanz am Amtsgericht Ahrensburg verhandelt worden. Das dortige Schöffengericht verurteilte den 42-Jährigen Ende März nach einem aufwendigen Verfahren, das sich unter anderem deshalb über Monate hinzog, weil sich zahlreiche Zeugen als Verwandte des Angeklagten auf ihr Aussageverweigerungsrecht beriefen, wegen Betrugs in sechs, versuchten Betrugs in zwei und Unterschlagung in vier Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.

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Gegen die Entscheidung legte B. Berufung ein. Fatic B. bestreitet eine Betrugsabsicht. Sein Anwalt Merlin Böttcher forderte in seinem Schlussplädoyer einen Freispruch. Für eine Verurteilung müsse eindeutig eine Täuschungsabsicht vonseiten des Angeklagten nachgewiesen worden sein. Das sei aber nicht gelungen. Die im Prozess ermittelten Vorgänge seien vielmehr zivilrechtlicher Natur und nicht strafwürdig, so der Verteidiger.

Bei einem Scheitern in Schleswig wären keine weiteren Rechtsmittel möglich

Der Fall wurde seit Anfang September in nächster Instanz am Lübecker Landgericht neu verhandelt. Dieses bestätigte das erstinstanzliche Urteil in weiten Teilen, beim Strafmaß gab es keine Änderung. Doch auch diese Entscheidung ficht Fatic B. nun an. Sollte er vor dem Oberlandesgericht erneut scheitern, wären diesmal allerdings keine weiteren Rechtsmittel möglich.

Es ist nicht das einzige Verfahren gegen Fatic B. In einem anderen Prozess wurde der 42-Jährige Anfang August vom Amtsgericht Lübeck wegen Steuerhinterziehung und Hehlerei zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Außerdem verfügte das Gericht die Einziehung von Vermögenswerten des Ahrensburgers in Höhe von rund 300.000 Euro. Gegen diese Entscheidung haben sowohl B. als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Wann sich das Lübecker Landgericht mit diesem Fall befasst, steht noch nicht fest.