Ahrensburg/Lübeck. Unternehmer aus Ahrensburg soll Unfälle fingiert und Versicherungen um 140.000 Euro geprellt haben. Es ist nicht sein einziger Prozess.

Der ehemalige Chef eines Autohauses in Ahrensburg muss wegen Betrugs, versuchten Betrugs und Unterschlagung drei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Außerdem werden Vermögenswerte des 42-Jährigen in Höhe von knapp 100.000 Euro beschlagnahmt. Das hat die III. Kleine Strafkammer am Landgericht Lübeck geurteilt und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Ahrensburg bestätigt.

Die Staatsanwaltschaft hatte Fatic B. (Name geändert) vorgeworfen, in seiner Funktion als Chef des Unternehmens, das er seit 2013 führte, über Jahre hinweg im großen Stil Versicherungen betrogen zu haben. Dazu hatte der 42-Jährige ein ausgeklügeltes System entwickelt: Der Unternehmer fingierte und erfand Unfälle, um zum Teil fünfstellige Versicherungssummen zu kassieren. Insgesamt kamen so laut Anklage mehr als 140.000 Euro zusammen.

Betrug in Autohaus in Ahrensburg: Ehemaliger Chef scheitert mit Berufung

Für den Betrug verwendete der Ahrensburger neben eigenen Wagen auch Fahrzeuge, die Kunden in der seinem Autohaus angeschlossenen Werkstatt zur Reparatur eingestellt hatten. Anschließend meldete der Unternehmer die Schäden unter Nutzung der Namen und Daten seiner Kunden selbst bei den Versicherungen an, um Reparaturkosten und Schadenzahlungen (die Wagen der Unfallgegner waren auf seine Mitarbeiter oder deren Angehörige zugelassen) einzustreichen.

Teilweise hatte der 42-Jährige den Ermittlungen zufolge Freunde und Verwandte als Komplizen. Andere „Mittäter“ habe er sich sorgfältig aus seinem Kundenkreis herausgepickt. Sie seien entweder schlichten Gemüts oder leicht zu manipulieren gewesen. Meist habe es sich um alte oder kranke Personen gehandelt, die der Ahrensburger gut habe einschüchtern können. Von November 2017 bis September 2020 war B. mit der Masche erfolgreich. Der Betrug flog erst auf, als ein Mitarbeiter einer der geschädigten Versicherungen misstrauisch wurde.

In erster Instanz zog sich das Verfahren über mehrere Monate hin

Auch weitere Betrugstaten waren Gegenstand des Verfahrens. So soll Fatic B. Finanzierungsverträge für hochwertige Autos abgeschlossen und diese auf sich selbst zugelassen und genutzt haben, ohne die vereinbarten Raten zu bezahlen. Als die Banken die Fahrzeuge zurückforderten, waren diese nicht mehr auffindbar.

Das Schöffengericht am Amtsgericht Ahrensburg hatte den 42-Jährigen Ende März nach einem aufwendigen Prozess, der sich unter anderem deshalb über Monate hinzog, weil sich zahlreiche Zeugen als Verwandte des Angeklagten auf ihr Aussageverweigerungsrecht beriefen, wegen Betrugs in sechs, versuchten Betrugs in zwei und Unterschlagung in vier Fällen schuldig gesprochen. In den übrigen der insgesamt 13 Anklagepunkte gab es mangels Beweisen einen Freispruch.

Der Verteidiger des Unternehmers forderte einen Freispruch

Fatic B. bestreitet eine Betrugsabsicht. Sein Anwalt Merlin Böttcher forderte in seinem Schlussplädoyer vor der erstinstanzlichen Verurteilung einen Freispruch in allen Punkten. Für eine Verurteilung müsse eindeutig eine Täuschungsabsicht vonseiten des Angeklagten nachgewiesen worden sein. Das sei aber nicht gelungen. Die im Prozess ermittelten Vorgänge seien vielmehr zivilrechtlicher Natur und nicht strafwürdig, so der Verteidiger.

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Das Ahrensburger Schöffengericht war dieser Argumentation nicht gefolgt. Es seien einfach zu viele Parallelen bei den fingierten Unfallvorgängen aufgetaucht, als dass man dort noch von zufälligen Schadensereignissen ausgehen könne, so der Vorsitzende Richter Said Evora in der Urteilsbegründung.

In einem zweiten Verfahren geht es um Steuerhinterziehung und Hehlerei

Gegen das Urteil des Amtsgerichts legte der Unternehmer Berufung ein. Deshalb wurde der Fall seit Anfang September in nächster Instanz am Lübecker Landgericht neu verhandelt. Dort bestritt B. erneut alle Vorwürfe. Es änderte nichts: In wesentlichen Teilen bestätigten die Richter in der Hansestadt das Ahrensburger Urteil. Statt wegen sechs wurde B. nun nur noch wegen vier Betrugstaten schuldig gesprochen. Das habe aber keine Auswirkungen auf das Strafmaß, so das Gericht.

Es ist nicht das einzige Verfahren gegen Fatic B. In einem anderen Prozess wurde der 42-Jährige Anfang August vom Amtsgericht Lübeck wegen Steuerhinterziehung und Hehlerei zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Außerdem verfügte das Gericht die Einziehung von Vermögenswerten des Ahrensburgers in Höhe von rund 300.000 Euro.

Der 42-Jährige soll das Finanzamt um mindestens 100.000 Euro betrogen haben

Zwischen November 2014 und Oktober 2020 soll der Unternehmer das Finanzamt um mindestens 100.000 Euro betrogen haben. Die genau Höhe des Schadens, der dem Fiskus entstand, hatte sich in dem Verfahren nicht feststellen lassen, da es keine Papiere über die tatsächlichen Umsätze des Unternehmens gibt.

Darüber hinaus soll B. mit gestohlenen Autos gehandelt, Papiere und Identitäten gefälscht sowie Bilanzen und Geschäftsunterlagen manipuliert haben. Außerdem geht es in dem Verfahren um weitere hochwertige Fahrzeuge, für die der 42-Jährige Finanzierungsvereinbarungen abgeschlossen haben soll, ohne die Raten zu bezahlen. Auch in diesen Fällen verschwanden die Fahrzeuge, als die Banken sie zurückforderten. Laut Anklagebehörde warten die Kreditinstitute auf Rückzahlungen in Höhe von rund 180.000 Euro

Sowohl Fatic B. als auch die Staatsanwaltschaft haben Berufung eingelegt

Um die illegalen Machenschaften zu verschleiern, soll B. zum Schein ständig wechselnde Personen als Geschäftsführer des Autohauses eingesetzt haben, darunter seinen im Kosovo lebenden Bruder und eine 39 Jahre alte, gelernte Friseurin aus Hamburg. Letztere saß neben dem Ahrensburger auf der Anklagebank und wurde wegen Bankrotts und Steuerhinterziehung in elf Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 4800 Euro verurteilt. Gegen weitere Komplizen laufen separate Verfahren, viele von ihnen sind laut Staatsanwaltschaft allerdings entweder nicht auffindbar oder haben sich ins Ausland abgesetzt.

Das Urteil in diesem Verfahren ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl Fatic B. als auch die Staatsanwaltschaft haben Berufung eingelegt. Letztere hatte vier Jahre Haft für den Angeklagten gefordert. Das Verfahren liege inzwischen beim Landgericht Lübeck, bestätigt Sprecher Stephan Bahlmann. Ein Verhandlungstermin stehe noch nicht fest.