Glinde. Neugestaltung der Glinder City sieht Bau einer Haltestelle für alle Linien vor. Sam Momeni (20) hat eine andere Idee.
Derzeit tüftelt Glinde an einem Konzeptvergabeverfahren für den Marktparkplatz. Das Areal soll einem Investor überlassen werden, der dort unter anderem Wohnungen baut. Die Kommune will die City umgestalten, dafür beschloss die Politik 2020 einen Rahmenplan, der die Leitlinien für die städtebauliche Entwicklung festlegt. In dem ist eine zentrale Busstation für alle Linien des HVV aufgeführt, die drei Haltepunkte in unterschiedliche Fahrtrichtungen ersetzt. Der Standort befindet sich auf der Südseite des Parkplatzes. „Die Menschen müssen dann keine Straßen mehr kreuzen, das ist insbesondere gut für Kinder“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Sam Momeni ist von dieser Variante nicht begeistert. Der Student hat eine Alternative entwickelt. Er sagt über sein Buskonzept: „Dadurch kommt es zu Fahrzeitverkürzungen. Es gibt bessere Umsteigmöglichkeiten als jetzt sowie mehr Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger.“
Der 20 Jahre alte Glinder hat seine Ideen auf einer DIN-A4-Seite skizziert mit Strichen, Kreisen und allen Buslinien, die im Zentrum stoppen. Hinzu kommen Erläuterungen in Textform, kurz und präzise. Beim Lesen entsteht sofort der Eindruck, dass sich hier kein Laie Gedanken gemacht hat, sondern jemand mit Kenntnissen. Momeni studiert Verkehrsingenieurwesen an der Technischen Universität Braunschweig, ist im fünften Semester. Und er verdient Geld als Werkstudent bei einem Unternehmen des Landes Schleswig-Holstein, arbeitet 18 Stunden pro Woche. Seine Aufgaben: Controlling für den Schienenverkehr sowie Qualitätsmanagement im Bussegment.
HVV: Glinde schreibt Buskonzept – ein Student will es besser machen
Seinen Entwurf will der junge Mann demnächst in einem Workshop präsentieren, bei dem über Details des Konzeptvergabeverfahrens geredet wird. Solche Treffen sind regelmäßig angesetzt. Neben einer Beratungsfirma nehmen Politiker aller Fraktionen sowie Verwaltungskräfte teil. Momeni möchte, dass Verkehrsexperten seine Arbeit beurteilen. Womöglich mündet diese sogar in einen Antrag zwecks Umsetzung. Er selbst ist nämlich bei den Grünen und inzwischen Stadtvertreter. Für seine Fraktion sitzt der Student im Sozialausschuss, wird in Kürze auch festes Mitglied im Gremium für Bauangelegenheiten.
In die Partei ist Momeni als Zehntklässler eingetreten. „Mitschüler haben seinerzeit über die Unterrichtsstruktur und die technische Ausstattung am Gymnasium gemeckert. Dieser Meinung war ich auch. Mit Kritik allein kommt man aber nicht weiter. Deswegen bin ich in die Politik gegangen, will etwas bewegen.“ Ehrenamtlich tätig ist der Glinder zudem in der Freiwilligen Feuerwehr.
HVV in Glinde: Teilabschnitt der Möllner Landstraße soll Busspur werden
Mit Blick auf die Zukunft des Marktparkplatzes bemängelt er den Flächenverbrauch für die zentrale Busstation: „Man benötigt eine neun Meter breite Zu- und Ausfahrt.“ Bei einem Verzicht könne der Bereich für Wohnungsbau genutzt werden. Klingt plausibel, zumal ein Investor wahrscheinlich möglichst viele Einheiten erstellen will. Den zu finden wird nicht leicht. Die Stadt will das Grundstück im Eigentum behalten, denkbar ist eine Erbpachtregelung. Außerdem soll das Unternehmen als Ersatz für die wegfallenden Abstellmöglichkeiten eine Tiefgarage oder ein Parkhaus schaffen. Das ist teuer. Die Kommune erarbeitet gerade die Grundlagen für das Vergabeverfahren. Bei dem treten Interessenten mit ihren Entwürfen vor ein Preisgericht, müssen das Grundstück nach strikten Vorgaben der Kommune entwickeln.
Momenis Konzept sieht vier statt bisher drei Haltestellen am wichtigen Knotenpunkt mit Verbindungen etwa nach Trittau, Reinbek und Bergedorf vor. Jene nahe dem Gutshaus, wo die Linie 133 hält und weiter in Richtung Hamburg fährt, fällt weg. An dieser Stelle wird der Rad- und Fußweg verbreitert, Blumenbeete schmücken die jetzige Bucht. Hinzu kommen Radboxen. Als Ersatz wird ein Haltestellenkap um die Ecke in östlicher Richtung geschaffen und ein Teilabschnitt der Möllner Landstraße zur Busspur. Die anderen vorhandenen Ein- und Aussteigepunkte werden mit Radbügeln aufgewertet.
Neue Haltestelle für sechs HVV-Linien in Fahrtrichtung Hamburg
Neu ist eine Haltestelle mit Aufenthaltsraum zwischen der Kreuzung Möllner Landstraße/Oher Weg und der Avenue St. Sebastien in Fahrtrichtung Hamburg. Sie ist 40 Meter lang und verfügt über eine Bucht. Hier stoppen die Linien 137, 237, 333, 733, 737 und 619. „Am Ende befindet sich ein Signalgeber, der die Busse auf Anforderung priorisiert, damit diese in ihrer Abfahrt beschleunigt werden können“, sagt Momeni. Rad- und Fußweg werden hinter den Grünstreifen des Marktparkplatzes versetzt. So will er Unfällen mit Radfahrern und aussteigenden Fahrgästen vorbeugen. Im Bereich der Avenue St. Sebastien soll eine zusätzliche Fußgängerampel für mehr Sicherheit sorgen.
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„Der Aufwand ist im Vergleich zur zentralen Busumsteigestation geringer“, erklärt der Jungpolitiker. Außerdem würde man an Stellen Änderungen vornehmen, wo ohnehin keine Wohnungen möglich seien. „Alle Haltepositionen der Busse zu bündeln wird weder einfach noch sinnvoll sein. Es ist wichtiger, dass die Priorisierung auf relevanten Umsteigebeziehungen liegt“, sagt Momeni.
Zum Termin mit dieser Redaktion kommt er übrigens mit dem Bus. Drei Stationen sind es von seinem Elternhaus bis zum Markt. In den ersten beiden Semestern hatte der Student eine Wohnung in Braunschweig. Jetzt pendelt er ein- bis dreimal pro Woche, hat eine Bahncard für die erste Klasse. Momeni verbringt nun wieder mehr Zeit in Glinde. Die will er nutzen, um die Stadt fit für die Zukunft zu machen.