Bargteheide. Provisorium am Kreuz Bargteheide wird rund ein Jahr genutzt. 20 Fachkräfte waren Tag und Nacht im Einsatz, um den Zeitplan zu halten.
Auf sie kommt es jetzt an. Sonntagmorgen um kurz nach 10 Uhr: Maksim Nikulin verursacht Funken bei seiner Arbeit. Er trägt einen Helm, der insbesondere die Augen vor heißen Metallspritzern schützt. Der 53-Jährige schweißt unermüdlich und vor allem exakt. 64 Nähte sind in der Summe zu setzen an der neuen Behelfsbrücke über die Autobahn 1 am Kreuz Bargteheide, die am Wochenende im Eiltempo errichtet wurde.
Sein Kollege, der Schweißprüfingenieur Matthias Page (60), begutachtet eine Stelle und nickt. Sie sind seit dreieinhalb Stunden im Dienst. Alles muss fest sitzen an der 320 Tonnen schweren Konstruktion, damit die Sperrung der A1 am Montagmorgen aufgehoben werden kann. „Das Projekt ist eine große logistische Herausforderung“, sagt Susann Sommerburg, Sprecherin der Außenstelle Lübeck der Autobahn GmbH des Bundes, die ebenfalls zugegen ist.
Autobahn 1: Bau der 320-Tonnen-Brücke im Eiltempo
Die acht Elemente wurden aus den Niederlanden geliefert. Schwertransporte brachten die 40-Tonnen-Stücke zum Autobahnkreuz – jeweils vier in der Nacht zum Sonnabend und Sonntag. Für solche voluminösen Beförderungen bedarf es einer speziellen Erlaubnis inklusive festgelegter Zeitfenster.
Die Teile wurden mithilfe eines Autokrans, der sechs Achsen und eine Traglast von 300 Tonnen hat, seinen Arm auf rund 50 Meter ausfuhr, sofort angebracht. Tagsüber waren Experten mit dem Verschrauben beschäftigt sowie mit dem Schweißen. 20 Personen trugen vor Ort zum Gelingen bei. 68 Meter lang sowie zehn breit ist das Provisorium.
Alte Brücke wird im Januar abgerissen
Die Brückenteile sind per Baukastensystem gefertigt und mit Fahrbahnbelag ausgestattet. Die angrenzenden Bereiche der weiterführenden Straße werden noch asphaltiert, deswegen soll die Überquerung erst am 9. Dezember für den Verkehr freigegeben werden. Für die Baustelleneinrichtung wurden im Vorfeld die Fahrbahnen verengt, 12.500 Kubikmeter Sand gebracht, um den Damm zu vergrößern. Er ist mit Holz verschalt.
Die alte Brücke aus dem Jahr 1966 wird nur noch einen Monat genutzt. Sie führt als Teil der B404/A21 über die A1 und ist marode. „Der Abriss wird an einem Wochenende im Januar sein und die Autobahn dann wieder voll gesperrt von Freitagabend bis Montagmorgen“, sagt Jens Sommerburg, Leiter der Außenstelle Lübeck der Autobahn GmbH. Das gilt zwischen der Anschlussstelle Ahrensburg und dem Kreuz Bargteheide. Danach beginnt der Neubau an identischer Stelle. Aus einer Spannbeton- wird dann eine Stahlverbundbrücke. Sie soll im Dezember 2025 fertig sein, hat wie der Vorgänger zwei Fahrstreifen in Richtung Norden und einen, der nach Süden führt.
Projektkosten belaufen sich auf rund 9,5 Millionen Euro
Die Vorplanung für das Projekt inklusive Behelfsüberquerung hatte im Sommer 2021 begonnen, 2023 war die Ausschreibung und der Bund von einem Investitionsvolumen in Höhe von rund zwölf Millionen Euro ausgegangen. So teuer wird es aber nicht. „Wir liegen bei rund 9,5 Millionen“, sagt Jens Sommerburg. Im Baustellencontainer zeigt er einen prall gefüllten Aktenordner mit Zeichnungen. Beim Blick auf die Unterlagen wird klar: Das Errichten einer Brücke ist kein Kinderspiel. Hier müssen so viele Dinge berücksichtigt werden. Solche Vorhaben gehören zu den anspruchsvollsten Aufgaben des Bauwesens. Die Konstruktionen werden für eine Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren geplant.
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Die jüngste Sperrung der Autobahn 1 wurde auch dafür genutzt, an bestimmten Stellen Betonplatten der Fahrbahn auszuwechseln und für Grünpflege an den Rändern. Zudem wurden eine weitere Brücke in Sichtweite des Provisoriums überprüft auf Schäden sowie blaue Wegweiser.
Zum Schluss kommt der Besenwagen zum Einsatz
Der bevorstehende Abriss einer Brücke über der Autobahn Hamburg–Lübeck ist der zweite in Stormarn binnen kurzer Zeit. Anfang April war der Neubau an der Anschlussstelle Reinfeld fertig geworden. Dort musste der marode Vorgänger aus dem Jahr 1978 erneuert werden. Wegen Korrosion („Betonkrebs“) bestand die Gefahr einer Sperrung für schwere Lastwagen. „Das aktuelle Projekt ist jedoch umfangreicher, weil in Reinfeld die Widerlager stehen geblieben sind“, berichtet Jens Sommerburg. Diese stützen die Seitenenden des Überbaus und leiten die auf ihn einwirkenden Kräfte in das Erdreich ab. Widerlager bilden den konstruktiven Abschluss der Brücke gegenüber dem nachfolgenden Straßendamm.
Sommerburg macht am Sonntagvormittag einen entspannten Eindruck, stiefelt verschiedene Stellen der Baustelle ab und holt sich Informationen ein über den Fortschritt der Arbeiten. Mehr als 90 Prozent der fürs Wochenende geplanten Tätigkeiten sind zu diesem Zeitpunkt schon erledigt. In den kommenden Stunden werden noch diverse Schrauben eines Checks unterzogen. Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Zum Schluss ist der Besenwagen gefragt, die Spuren für Autos, Motorräder und Lastwagen müssen gereinigt werden, damit es wieder heißt: freie Fahrt auf der Autobahn 1.