Großhansdorf/Reinbek. Sollte sich finanzielle Situation der Tierschützer nicht verbessern, könnte das für die betreuten Tiere dramatische Folgen haben.
Die schleswig-holsteinische Landesregierung verfolgt einen strikten Sparkurs. Auch im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr wurde an vielen Stellen der Rotstift angesetzt. Insgesamt 217,23 Millionen Euro will das Land 2025 durch Konsolidierungsmaßnahmen einsparen. Unter anderem sollen die Zuwendungen und Zuschüsse für Tierheime und Betreuungsstationen in Höhe von 750.000 Euro gestrichen werden. Für Tierschützer ist diese Nachricht ein Schock: Viele Tierheime können größere Investitionen nicht aus eigener Kraft stemmen und sind daher auf Fördermittel angewiesen.
So verwundert es nicht, dass die Pläne der Regierung beim Landesverband Schleswig-Holstein des Deutschen Tierschutzbunds gar nicht gut ankommen. Er hat deshalb eine Online-Petition unter dem Motto „Tierheime vor dem Kollaps retten!“ gestartet, die sich an den Petitionsausschuss des Landtags richtet. Die Initiatoren wollen erreichen, dass die Tierheimförderung nicht gestrichen wird. Der Landesverband vertritt die Interessen von 23 Tierschutzvereinen, von denen alle – bis auf zwei Ausnahmen – ein eigenes Tierheim betreiben. Drei dieser Standorte liegen im Kreis Stormarn. Träger sind die Tierrechtsorganisation Einhorn in Reinbek sowie der Tierschutz Ahrensburg-Großhansdorf und der Tierschutz Bad Oldesloe.
Tierheime schlagen Alarm: Landesregierung will Zuschüsse streichen
Alexandra Bartholl vom Oldesloer Tierheim sagt: „Wir haben die Petition vielfach geteilt und hoffen auf breite Unterstützung.“ Die Umsetzung wichtiger Projekte hänge von den Zuschüssen ab. Von 2022 bis 2014 habe ihr Verein in jedem Jahr einen Förderantrag gestellt. 2022 für einen Container, um darin Futtermittel zu lagern. Ein Jahr später mussten neue Quarantäneboxen angeschafft werden, weil die alten nicht mehr den vorgeschriebenen Größenangaben entsprachen.
In diesem Jahr ist der Zaun der veralteten Hundeanlage an der Reihe, der Förderbescheid steht aber noch aus. „Sobald das Okay kommt, machen wir uns an die Umsetzung“, sagt Bartholl. Nach ihrer Schätzung belaufen sich die Kosten für die jüngsten beiden Projekte auf jeweils rund 25.000 Euro. Und damit ist noch lang nicht Schluss. „Was wir noch dringend benötigen, ist ein Kleintierbereich. Unsere jetzigen Haltungsbedingungen sind nicht mehr tierschutzkonform“, erläutert Bartholl.
Laut Ministerium schöpfen die Tierheime die Fördermittel nicht aus
Auf Anfrage unserer Redaktion teilt das Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz (MLLEV) mit, dass man sich durchaus bewusst sei, „dass sich die Tierheime in einer schwierigen Situation befinden“. Der Bedarf an investiven Maßnahmen sei allerdings begrenzt. „Die verfügbaren Mittel wurden in den letzten Jahren nicht ausreichend abgerufen.“ Nicht genutzte Mittel fließen in den Landeshaushalt zurück.
Auch Monika Bartholl geht davon aus, dass „die Fördermittel wohl nicht immer ganz ausgeschöpft wurden“. Das könne den Eindruck erwecken, die Nachfrage sei nicht immer gegeben. Doch Bartholl hat noch eine andere Vermutung: „Manche Vereine sind so am Limit, dass sie sich gerade so um das Nötigste kümmern können. Da fehlt dann vielleicht einfach jemand Kompetentes für die Antragstellung.“ Sie fügt hinzu: „Viele Tierheime, die ich kenne, haben einen Sanierungsstau.“
Hundezwinger im Tierheim Großhansdorf stammen aus 60er-Jahren
Auch Monika Ehlers vom Tierschutz Ahrensburg-Großhansdorf treibt das Thema um. Der Verein existiert seit 60 Jahren. Ebenso veraltet sind manche Bereiche des Tierheims. Der Bedarf wuchs ständig. Immer wieder musste das Gebäude erweitert und angebaut werden. Zuletzt hat der Verein in den 90er-Jahren für das Katzenhaus einen Zuschuss in Anspruch genommen. Andere Vorhaben wie eine neue Quarantäne für Hunde und ein Ärztezimmer hat der Verein aus eigenen Rücklagen finanziert. Doch auch die sind irgendwann erschöpft.
„Alles kommt in die Jahre“, klagt Ehlers. Im kommenden Jahr wollten die Tierschützer wichtige Arbeiten in Angriff nehmen wie die Sanierung der Hundezwinger. „Das ist der älteste Bereich. Die Sanierung ist zwingend erforderlich.“ Doch ohne Aussicht auf finanzielle Förderung steht das Projekt auf der Kippe. Elf Hunde und 50 Katzen sind aktuell im Tierheim untergebracht. „Wir platzen aus allen Nähten“, sagt Ehlers. „Wir können keine mehr aufnehmen.“
Ausgenommen von der Förderung sind Kosten für laufende Erhaltung
Seit 2018 unterstützt Schleswig-Holstein die Tierheime und Auffangstationen durch Zuschüsse für Investitionen. Das gilt jedoch nicht für Ausgaben, die durch die laufende Unterhaltung anfallen. Als förderfähig gelten bislang Neu-, Aus- und Umbau von Gebäuden, Ausstattungen wie Zwinger, Käfige und Geräte, Räume für spezifische Aufgaben, Heizungs- und Lüftungsanlagen und in besonderen Fällen der Erwerb von Transportmitteln. Pro Projekt werden maximal 75 Prozent der Kosten und 50.000 Euro übernommen.
„Das Land hat ein Interesse an der Einrichtung leistungsfähiger Tierheime“, heißt es auf dessen Website unter dem Stichwort „Tierheimförderung“. Diese übernähmen für viele Kommunen die Aufbewahrung von Fundtieren. „Die getroffene freiwillige Selbstverpflichtung Schleswig-Holsteins zur Unterstützung und Förderung der Tierheime ist Ausdruck der Anerkennung der aufopferungsvollen ehrenamtlichen Arbeit des karitativen Tierschutzes und entlastet die Tierschutzvereine in erheblichem Maße.“
Landesregierung will die Katzenkastrationsaktion weiterhin unterstützen
Davon ist jedoch keine Rede mehr. Die Frage, wer beim kompletten Wegfall der Zuwendungen für die Kosten für dringende Bau- oder Instandsetzungsarbeiten aufkommen soll, beantwortet das MLLEV so: „Das Ehrenamt und die öffentliche Hand werden diese Verantwortung nicht dauerhaft übernehmen können.“ Das Ministerium will sich stattdessen dafür einsetzen, „dass die Eigenverantwortung von Tierhalterinnen und -haltern wieder stärker ins Bewusstsein gerückt wird“. Die Katzenkastrationsaktion werde es aber auch 2025 mitfinanzieren.
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Karen Schönbrodt vom Vorstand der Tierrechtsorganisation Einhorn in Reinbek sagt, dass der Verein bislang nie einen Förderantrag gestellt hat. „Wir haben immer gedacht, wir kriegen das auch so hin.“ Doch auch sie spürt den zunehmenden Druck. „Die Überdachung bei den Kleintieren leckt. Das ist eine ziemlich große Fläche.“ Die Erneuerung des Dachs könnte mit 30.000 bis 40.000 Euro zu Buche schlagen. Eine stolze Summe. „Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll“, sagt Schönbrodt, die generell schwere Zeiten auf die Tierheime zukommen sieht: „Tiere kosten immer mehr Geld.“ Es fehle an Platz, Personal und Geld, um es zu bezahlen. Zudem seien die Tierarztkosten drastisch gestiegen. Genauso wie die Ansprüche, die an die Tierheime gestellt würden.
Lohnendes Geschäft mit Haustieren führt zu Überproduktion
Das größte Problem sei jedoch die schiere Masse der Tiere. „Wir kommen nicht mehr damit klar.“ Ihr Appell lautet daher: „Wir müssen nicht nur etwas wegen des fehlenden Geldes unternehmen, sondern gegen die Tierzucht.“ „Abgabetiere schauen schon lang in die Röhre“, sagt Alexandra Bartholl. Gerade im Bereich der schwierigen Hunde gebe es Wartelisten ohne Ende. „Noch nie hatten die Deutschen so viele Hunde.“
Weil die Pauschale, die Kommunen den Tierheimen in Bad Oldesloe und Großhansdorf für die Unterbringung der Fundtiere zahlen, die Kosten nicht mal annähernd decken, verhandeln die Vereine derzeit über eine Erhöhung. Doch selbst das dürfte die finanzielle Situation nicht wesentlich verbessern. „Wenn es ganz schlecht läuft, steht irgendwann die Tötung der Tiere im Raum“, sagt Bartholl. Auch Karen Schönbrodt befürchtet, dass es eines Tages so kommen könnte. „Die Leidtragenden sind immer die Tiere.“