Ahrensburg. Ist Ahrensburg eine Hochburg des Taschendiebstahls? Insbesondere ältere Menschen werden bestohlen. Wie sie sich schützen können.
Als Christa Werner vor rund zwei Wochen einen Blick auf ihren Hals warf, da war der Anblick für die 89-Jährige ein Schock. Ihre geliebte Verlobungshalskette war verschwunden. Das goldene Schmuckstück hat einen materiellen Wert von etwa 1000 bis 1500 Euro, der emotionale Wert lässt sich nicht beziffern.
„Es ist leider nicht das erste Mal, dass ein wertvolles Schmuckstück oder Geld meiner Mutter verschwunden sind und sie mutmaßlich Opfer von Diebstahl wurde“, sagt ihr Sohn Thomas Werner. Im Zeitraum von zwei Jahren war der Ahrensburgerin einmal die Handtasche und zweimal das Portemonnaie gestohlen worden, der finanzielle Schaden war in allen Fällen hoch. Seinerzeit habe die Polizei ihm mitgeteilt, dass in Ahrensburg häufig Taschendiebstähle passierten.
Ist Ahrensburg eine Hochburg des Taschendiebstahls?
Seit zwei Jahren lebt seine Mutter in einer Pflegeeinrichtung. „Im Laufe der Zeit ist der Ehering abhandengekommen“, sagt er. Seine Vermutung sei, dass er in der Einrichtung weggekommen ist, obgleich er das nicht belegen könne. „Damals haben recht viele Aushilfskräfte dort gearbeitet“, sagt er. Auch ein Opalring sei zu der Zeit weggekommen. „Das war schon alles sehr traurig“, so Werner.
Die Goldkette, die zuletzt verloren ging, habe seine Mutter immer getragen, auch zum Waschen nicht abgenommen. Thomas Werner fing an zu recherchieren, versuchte nachzuvollziehen, wie der Verlust zustande kam. Das Gespräch mit einem Mitarbeiter brachte Licht ins Dunkel. „Er sagte mir, dass er meine Mutter noch am Freitagmittag draußen vor der Tür getroffen hatte und sie zu diesem Zeitpunkt die Kette trug“, sagt er. Christa Werner sitzt seit geraumer Zeit im Rollstuhl, ist dennoch gerne hin und wieder draußen rund um die Einrichtung herum unterwegs.
Wie ist die Goldkette von Christa Werner verschwunden?
Am nächsten Tag war die Kette weg. Dass sie innerhalb der Einrichtung weggekommen ist, halte Werner für unwahrscheinlich. Das Gespräch zur Pflegeleitung habe er bereits gesucht, man teilte ihm mit, dass zu dieser Zeit keine Aushilfskräfte im Dienst waren, sondern nur drei Mitarbeiter, die Werner schon lange kenne und denen er vertraue.
Deshalb Werners Vermutung: „Es kann sein, dass Personen außerhalb der Einrichtung schlechte Absichten hatten“, sagt er. Für einen Trickbetrüger sei es keine große Sache, unter dem Vorwand, zu helfen, eine Kette zu stehlen. Seine 89 Jahre alte Mutter sei dement, habe eine bipolare Störung. „Es lässt bei ihr so langsam nach“, sagt er.
Der Ärger und die Traurigkeit über den Verlust sind groß
Dass die Kette einfach so verloren gegangen ist, zum Beispiel wegen eines kaputten Verschlusses, könne Werner zwar nicht ganz ausschließen. Er halte dies aber für unwahrscheinlich. „Noch im Juli, als meine Mutter Geburtstag hatte, habe ich die Kette zu einem Juwelier zur Reinigung gegeben, sie war intakt“, sagt er.
So oder so: „Es ist unglaublich traurig. Es war für sie ein großer Schock. Es ist die Verlobungskette meines 1975 verstorbenen Vaters. Der Ärger und die Traurigkeit sind groß.“ Bei der Kette handelt es sich um eine massive Kette aus 585er Gold. Den Verlust hat Thomas Werner bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Dass er und seine Mutter die verlorene Kette wiedersehen, bezweifelt er.
In Ahrensburg kommt es vergleichsweise oft zu Diebstahl auf offener Straße
Bei Jacqueline Fischer, Sprecherin der Polizeidirektion Ratzeburg, nachgefragt, teilt sie mit, dass in Ahrensburg durchaus verhältnismäßig viele Diebstahlsdelikte verzeichnet werden. „Dennoch ist Diebstahl auf offener Straße quasi überall ein Thema“, sagt sie. In Geesthacht zum Beispiel sei er noch häufiger zu beobachten. Konkrete Zahlen zu nennen, sei jedoch schwierig. „Die Definition Taschendiebstahl ist sehr eng ausgelegt und beinhaltet keine Handtaschendiebstähle“, sagt Fischer. Letztere fallen unter den großen Bereich allgemeiner Diebstahl, und dazu gehörten vielfältige Delikte, so etwa auch Einschleichdiebstahl.
„Für den Bereich Ahrensburg konnten wir 2023 insgesamt 82 Fälle und für 2024 insgesamt 57 Fälle von sogenannten Taschendiebstählen recherchieren“, sagt Fischer. Woran es liegt, dass es in Ahrensburg zu vergleichsweise vielen Delikten dieser Art komme, könne nicht eindeutig beantwortet werden. „Es kann zum Beispiel daran liegen, dass Ahrensburg im Vergleich zu anderen Stormarner Kommunen eine richtige Fußgängerzone hat“, so Fischer. Wo viele Menschen aufeinandertreffen, ergeben sich laut Polizei-Sprecherin auch häufiger Gelegenheiten für Diebstahl auf offener Straße.
Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich sehr hoch, weil Opfer sich schämen
Und: „Die Dunkelziffer dieser Delikte ist wahrscheinlich sehr hoch“, sagt Fischer. Viele Fälle würden nicht zur Anzeige gebracht, da es den Opfern unangenehm sei. „Gerade, weil so viel davor gewarnt wird.“ Ältere Menschen werden durchaus häufiger Opfer von Diebstahl auf offener Straße. Fischer: „Weil sie sich tendenziell seltener an Präventionstipps halten.“
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Um sich vor Diebstahl auf offener Straße zu schützen, sollten Geld, wichtige Dokumente, Kredit- und Bankkarten laut Fischer am besten in verschlossenen Innentaschen der Kleidung aufbewahrt werden. „Hand- und Umhängetaschen sollten immer verschlossen an der Vorderseite des Körpers getragen werden oder unter dem Arm geklemmt sein. Auch das Benutzen von Brustbeuteln oder Gürtelinnentaschen ist sinnvoll“, so die Polizei-Sprecherin.
Taschen, in denen das Portemonnaie ist, sollten beim Bummel durch den Supermarkt niemals in den Einkaufskorb gelegt werden. „Diebe nutzen selbst kurze Ablenkungen, um Wertgegenstände zu entwenden“, so Fischer. Zudem sollten Handtaschen in Restaurants und Cafés nicht an Stuhllehnen gehängt oder anderweitig unbeaufsichtigt abgestellt werden. Fischer: „Eigentlich gilt immer das Motto: Augen auf und Tasche zu.“