Glinde. Bürgermeister unternimmt erneuten Versuch, eine Satzung einzuführen. Jetzt wurden Details genannt. Die Politik soll bald entscheiden.

Investoren, die Wohnungen in der Innenstadt bauen wollen, dürfte es freuen, wenn Glinde die vom Rathaus vorgeschlagene Stellplatzsatzung einführt. Sie würden weniger Parkplätze für Autos als jetzt schaffen und Geld sparen. Der erste Versuch von Bürgermeister Rainhard Zug, die Politik zu überzeugen, misslang. Das war im Februar vergangenen Jahres. Nun unternimmt er einen weiteren Anlauf, hat den ursprünglichen Entwurf ein wenig ändern lassen. Details wurden jetzt bekannt. Die Verwaltung möchte, dass die Parteienvertreter im November darüber abstimmen.

Mit der neuen Regel soll die Mobilitätswende vorangebracht und die Zahl der Fahrzeuge in der City reduziert werden. Zug hat dabei verdichtete Gebiete im Blick. Es ist eine sogenannte Sonderzone A skizziert. Sie reicht vom Sandweg im Westen bis zur Straße Am Sportplatz im Osten. Für Glinde ist die Satzung vor allem wichtig für die Umsetzung eines Ortsmittenkonzepts. 2020 wurde ein Rahmenplan beschlossen. In ihm sind die Leitlinien für die städtebauliche Entwicklung festgelegt. Konkret sieht das so aus: Schaffung von 300 Wohnungen, 100 davon öffentlich gefördert, sowie 4000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche.

Auf dem Marktparkplatz sollen Wohnungen entstehen

Wie berichtet, überplante ein Architekturbüro das Zentrum und präsentierte der Politik eine Visualisierung. Demnach bekommt es ein völlig neues Gesicht, nur das Rathaus, Bürgerhaus und ein Komplex im Norden bleiben erhalten. Das machte Eindruck, bleibt aber Wunschdenken. Der große Wurf wird nicht gelingen. Grund- und Immobilieneigner wollen keine Gebäude abreißen und ersetzen – mit Ausnahme der Sparkasse Holstein. Deshalb hat Glinde den Fokus auf den Marktparkplatz gelegt. Er ist im Eigentum der Kommune. So kann man zumindest in das Projekt einsteigen.

Zu klären ist, ob das rund 10.000 Quadratmeter große Areal mit 300 Parkplätzen verkauft oder etwa eine Erbpacht vorgezogen wird. Es könnte auch nur ein Teil der Fläche überlassen werden. Ein Konzeptvergabeverfahren ist gestartet. Laut Zug gibt es erst mal politische Workshops. Der Investor, der das Grundstück erwirbt, muss es nach strikten Vorgaben der Stadt entwickeln. Davor treten Unternehmen mit ihren Entwürfen vor ein Preisgericht. Wer den Zuschlag erhält, soll als Ausgleich eine Tiefgarage oder ein Parkhaus bauen. Die Politik hat bereits kundgetan, dass ausreichend kostenlose Parkplätze für Besucher des Wochenmarkts und Kunden der ansässigen Geschäfte beibehalten werden müssen.

Bürgermeister: „Haben einen Mobilitätshub geplant mit Carsharing“

Für Glindes Bürgermeister geht der Verzicht auf Stellplätze mit einer Erhöhung der Lebensqualität einher. Er ist der Meinung, dass nicht jeder City-Bewohner ein Fahrzeug benötigt und begründet das mit dem ÖPNV-Angebot. „Mit Ausnahme von Sonntagen fahren täglich 200 Busse vom Markt in verschiedene Richtungen. Zudem haben wir bei der Neugestaltung des Marktparkplatzes einen Mobilitätshub mit Carsharing geplant.“

Derzeit sind Investoren verpflichtet, einen Stellplatz pro Wohnung nachzuweisen sowie 0,7 bei einer öffentlich geförderten Einheit. Im ersten Satzungsentwurf ist die Nutzungsart in drei Kategorien unterteilt. Für Ein- und Zweifamilienhäuser gilt demnach: ein Kfz-Stellplatz bis 75 Quadratmeter Wohnfläche und zwei bei mehr Volumen. Bei Mehrfamilienhäusern ab drei Wohneinheiten im frei finanzierten Bereich ist der Schlüssel identisch. Im öffentlich geförderten Wohnungsbau liegt er bei 0,5 bis 75 Quadratmeter und bei 0,7 für größere Bleiben. Was alle drei Segmente eint: Pro Wohneinheit sind zwei Fahrradabstellplätze vorgeschrieben. So steht es in einer Tabelle und sieht erst mal nicht nach großen Abstrichen aus.

Regelwerk soll in bestimmten Fällen auch außerhalb der City gelten

Bei Erläuterungen zur Sonderzone A heißt es allerdings: zusätzliche Verringerung des Richtwertes um 50 Prozent im Geschosswohnungsbau ab 20 Einheiten. Der Stellplatzschlüssel ist dann bei 0,5 im frei finanzierten Segment sowie 0,25 für Sozialwohnungen, jeweils bei bis zu 75 Quadratmetern.

Die Satzung hat Andrea Ohde, Mitarbeiterin im Bauamt, konzipiert. Im jüngsten Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz stellte sie den novellierten Entwurf vor und zeigte darüber hinaus zwei weitere Varianten inklusive Vergleichszahlen. Bei einer werden vom Richtwert nur 30 Prozent abgezogen bei Vorhaben mit mindestens 20 Wohnungen. Im anderen Fall existiert keine Sonderzone. Dann hätte man zwar eine Satzung, würde aber in der City keine Parkplätze reduzieren.

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Bauherren sollen Mobilitätskonzept vorlegen

Für das Rathaus sind beide Versionen nicht erstrebenswert. Es hält an der 50-Prozent-Klausel fest. Neu im Entwurf ist, dass die Regelungen in der Sonderzone auch für Geschosswohnungsbau außerhalb der Ortsmitte gelten. Und wenn Bauherren die Zahl der vorgeschriebenen Stellplätze drücken wollen, müssen sie ein Mobilitätskonzept vorlegen. „Das kann zum Beispiel ein Bikesharing-Angebot sein, oder die Mieter erhalten ÖPNV-Tickets“, sagt Ohde.

Die Politik hat ihre Ausführungen erst mal zur Kenntnis genommen, diskutiert wurde noch nicht. Jetzt sind die Fraktionen aufgerufen, sich innerhalb von vier Wochen eine Meinung zu bilden. Zur nächsten Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz am Donnerstag, 14. November, wird die Verwaltung eine Beschlussvorlage verfassen. Dann soll die Stellplatzsatzung endlich eingetütet werden.