Glinde. Genossenschaft beklagt mangelnde Förderung durch das Land. Wird in Glinde jetzt auf öffentlich geförderte Einheiten verzichtet?

Vorbereitungen waren getroffen, der Plan lag fertig in der Schublade: Im kommenden Jahr wollte die Baugenossenschaft Sachsenwald Fördermittel des Landes für sozialen Wohnungsbau abgreifen, um endlich zu starten mit dem Projekt am Buchenweg im Glinder Stadtteil Wiesenfeld. Rund 140 Wohnungen waren vorgesehen, einen Anteil von 30 Prozent bei den öffentlich geförderten schreibt die Stadt vor. Die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) wurde von dem Vorhaben in Kenntnis gesetzt. Man war guter Hoffnung. Ab 1. September konnten Anträge eingereicht werden. Und jetzt das: Die Vorstandschefs, Dirk Reiche und Stefan Ellendt, haben davon keinen Gebrauch gemacht. Wie es weitergeht, ist völlig offen. Es könnte sogar sein, dass die mitgliederorientierte Gesellschaft mit Sitz in Reinbek der Politik vorschlägt, auf Sozialwohnungen zu verzichten, damit überhaupt etwas passiert auf dem Areal.

„Die Kriterien wurden hochgeschraubt und die Summe so reduziert, dass es mit unserem Projekt nicht vereinbar war“, sagt Reiche. Tiefgarage und Fahrstühle seien aus der Förderung herausgenommen worden. In 2024 vergab das Land Darlehen in Höhe von 305 Millionen Euro, das Geld war schnell gebunden. Es wurde ein Antragsstopp verhängt. Im kommenden Jahr beträgt das Budget nur noch 170 Millionen. Zuschüsse sind dabei nicht mitgerechnet. Die Genossenschaft hatte mit bis zu 1500 Euro pro Quadratmeter kalkuliert. Reiche: „Letztendlich sind wir diesbezüglich gar nicht mehr ins Detail gegangen.“ Als ihm klar war, dass sich das Darlehen erledigt hat, musste man nicht weitere Zahlen eruieren.

Immobilien: 140 neue Wohnungen in Glinde – erneuter Rückschlag für Bauprojekt

Es ist nicht der erste Rückschlag für die Genossenschaft. Eigentlich wollte sie 2022 mit dem Bau beginnen. Im Jahr davor hatten die Parteienvertreter einstimmig den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst. Sie waren begeistert vom Konzept. Das gestaltete sich so: sieben Mehrfamilienhäuser mit bis zu vier Geschossen plus Staffelebene und 149 Wohnungen auf einem 1,3-Hektar-Grundstück, eine Tiefgarage mit Platz für 60 Autos, die mit vier Gebäuden verbunden ist. Geplant waren auch 37 Abstellmöglichkeiten im Erdgeschoss von zwei Häusern, die zu einem späteren Zeitpunkt durch Wohnungen ersetzt werden können. Auf asphaltierte Pkw-Stellplätze vor den Objekten wird verzichtet. Geschätztes Investitionsvolumen: rund 40 Millionen Euro.

Reinbek
Dirk Reiche ist seit 2016 Vorstand der Baugenossenschaft Sachsenwald. © René Soukup | René Soukup

Die beiden Vorstände waren von einem Fünf-Millionen-Euro-Zuschuss ausgegangen. Doch daraus wurde nichts. Die Bundesregierung stellte das Förderprogramm der staatlichen KfW für energieeffiziente Gebäude im 55er-Standard ein. Daraufhin wurden die Planungen vorübergehend auf Eis gelegt. In diesem Jahr war eine neue Variante ausgearbeitet, die Zahl der Wohnungen ein wenig reduziert. Sie sollten sich auf nur noch drei Häuser verteilen mit höchstens drei Geschossen. Dafür hätten Baufenster vergrößert werden müssen. Der Entwurf sollte der Politik zeitnah vorgestellt werden. Das ist jetzt Makulatur. „In Absprache mit Bürgermeister Rainhard Zug ruht das B-Planverfahren“, sagt Ellendt.

Die ältesten Gebäude der Genossenschaft sind Baujahr 1952

Auf ihrem Grund am Buchenweg hat die Genossenschaft zwei der fünf alten Gebäude abgerissen, von 52 Wohnungen sind 28 übrig. Geplant war, dass alle verschwinden. Nun ist es denkbar, dass die verbliebenen modernisiert werden – nämlich dann, wenn das Neubauprojekt erheblich schrumpft. In den nächsten Jahren wird die Reinbeker Genossenschaft ohnehin viel Geld ausgeben für Sanierungen. „Bis 2040 müssen unsere Bestände dekarbonisiert werden, einige Häuser sind Baujahr 1952“, berichtet Reiche. Es geht also um eine bessere Dämmung sowie umweltfreundliche Wärmeerzeugung. Derzeit ermittelt ein Dienstleister den Zustand der Objekte. Aus den erhobenen Daten lässt sich dann ableiten, wie viel zu investieren ist. Bis Mitte des kommenden Jahres herrscht Klarheit.

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Unabhängig davon hält die Genossenschaft am Neubaugebiet fest. Ellendt: „Wir wollen nicht mehr fünf Jahre warten, allerdings darf es auch keine Denkverbote geben.“ Notfalls müsse man Flächen versiegeln für Außenstellplätze und von der Tiefgarage Abstand nehmen. Das würde mit noch weniger Gebäuden einhergehen. „Und ohne Förderung sind nur frei finanzierte Wohnungen umsetzbar. Alle Optionen müssen auf den Tisch.“ Die beiden Vorstände sprechen von 13 bis 14 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter und sind der Meinung, dass man auch mit dieser Spanne viele Menschen anspricht.

SPD möchte bei Projekten 50-Prozent-Anteil von Sozialwohnungen

Aber ist die Politik tatsächlich bereit, die 30-Prozent-Klausel für Sozialwohnungen bei diesem Projekt außer Kraft zu setzen? „Das hängt vom Gesamtpaket ab. Man muss ganz offen darüber reden. Wir versperren uns der Diskussion nicht“, sagt FDP-Fraktionschef Thomas Kopsch. Bei der jetzigen Situation auf dem Immobilienmarkt müsse man froh sein, wenn überhaupt jemand baue. Der CDU-Ortsvorsitzende Claus Peters: „Ich gehe mit über die Brücke, dass es keine Denkverbote geben darf.“ Frank Lauterbach, Fraktionsvorsitzender der SPD, sagt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die Regel aufweichen, und appelliere an das Land Schleswig-Holstein, den Fördertopf aufzustocken.“ Die Sozialdemokraten würden Investoren in Glinde am liebsten zur Auflage machen, 50 Prozent der Wohnungen an Personen mit Wohnberechtigungsschein zu vergeben.

Die Baugenossenschaft Sachsenwald hat 1260 Mitglieder und 817 Wohnungen im Bestand. Das letzte Neubauprojekt mit 36 Einheiten wurde 2023 in Reinbek an der Berliner Straße fertiggestellt. Bei acht von ihnen liegt die Monatsmiete bei 6,25 Euro kalt pro Quadratmeter. Außer in Glinde will das Unternehmen aktuell nirgendwo Komplexe hochziehen, ist aber interessiert, vorhandene Mehrfamilienhäuser zu erwerben, wenn diese nicht aufwendig saniert werden müssen.