Travenbrück. Richtfest für den Neubau im Kloster Nütschau schon Anfang Oktober. Der „Andersort“ erwartet in den kommenden Jahren noch mehr Zulauf.

Nach einer notwendigen Vermögens- und Immobilienreform sah sich die katholische Pfarrei St. Ansverus im Kreis Stormarn zu tiefgreifenden Einschnitten in ihren Gebäudebestand veranlasst. Gotteshäuser, wie etwa die Heilig-Geist-Kirche in Großhansdorf und St. Marien in Reinfeld, sind bereits aufgegeben worden, weitere wie St. Marien in Trittau sollen in den kommenden Jahren folgen. Da mutet es fast schon anachronistisch an, dass im Kloster Nütschau in Travenbrück, nordwestlich der Kreisstadt Bad Oldesloe, kräftig investiert und sogar ein komplettes Neubauprojekt realisiert wird.

Kloster Nütschau investiert Millionen in Neubauprojekt

„Tatsächlich verzeichnen wir durch die Kirchenschließungen mehr Zulauf, unsere Gottesdienste und Veranstaltungen sind deutlich besser besucht als in der Vergangenheit“, sagt Prior Johannes Tebbe, Oberhaupt der 20 hier aktuell lebenden Benediktinermönche und Chef von 35 Mitarbeitenden, darunter auch FSJler und Bundesfreiwillige.

Neubauprojekte Kloster Nütschau
So soll das neue Jugendhaus im Kloster Nütschau nach seiner Fertigstellung aussehen. © HA | Imke Woelk und Partner Architekten

Der Wunsch nach Zugehörigkeit und Austausch ende ja nicht mit der Schließung einer Kirche, die katholischen Gemeinden bestünden ja fort, so der 51 Jahre alte Prior: „Klöster sind aber ohnehin Orte der Gastfreundschaft. In diesen bedrängenden Zeiten des tiefgreifenden Wandels auf allen Gebieten mehr denn je.“

Bischof von Osnabrück kaufte das Gut Nütschau 1951

Am 3. Februar 1951, dem Fest des heiligen Ansgar, erwarb der für diese Region damals noch zuständige Bischof von Osnabrück das Gut Nütschau mit dem ortsprägenden Dreigiebelhaus für die Benediktiner der Abtei Gerleve im Münsterland. Zunächst als Exerzitienhaus eröffnet, war aber von Beginn an die Errichtung eines Klosters das Ziel.

Sukzessive ergänzten weitere Bauten das weitläufige Ensemble. Heute umfasst es die Bildungsstätte Haus St. Ansgar, eine Klosterkirche mit dem Stillen Bereich, Speiseräume und Küche, das einstige Schwesternhaus, ein Jugendhaus, ein Konventgebäude und einige umliegende Ländereien.

Kloster Nütschau: Ministerpräsident Daniel Günther war mehrfach zu Gast

„Heute reicht die Anziehungskraft des Klosters weit über die Grenzen Schleswig-Holsteins und des Erzbistums Hamburg hinaus bis nach Skandinavien“, berichtet Johannes Tebbe. Weil es sich im Laufe der Jahre zu einem wichtigen Ort für Besinnung, Begegnung und Fortbildung mit einem ökumenisch ausgerichteten Programm entwickelt habe.

Neubauprojekte Kloster Nütschau
Prior Johannes Tebbe (r.) und Bruder Josef von Scharrel vor dem Rohbau des neuen Jugendhauses. © HA | Lutz Kastendieck

Sogar Landesvater Daniel Günther (CDU) sei schon mehrfach zu Gast gewesen. „Bei uns sind Christinnen und Christen aller Konfessionen willkommen“, sagt Bruder Josef von Scharrel, Leiter der Bildungsstätte Haus St. Ansgar. Doch auch der Kirche fernstehende Menschen würden in den Mauern des Klosters geistliche Begleitung suchen, innere Einkehr, Trost und Ermutigung.

Kloster Nütschau: Kursprogramm 2025 umfasst 160 verschiedene Angebote

Dafür macht das Kloster mit seinen umfangreichen Kursen vielfältige Angebote. Es gibt Anleitung zur Meditation, zum Fasten, zur Stressreduktion, zum richtigen Atmen, zu Einzelexerzitien, zum Pilgern, zu gewaltfreier Kommunikation. Es wird gesungen, getanzt, gemalt, geschwiegen und – natürlich – gebetet. Es gibt Angebote zum Waldbaden, zum Auftanken für pflegende Angehörige, zum Ikonenmalen für Anfänger.

Umfängliche 94 Seiten umfasst die Broschüre zum Kursprogramm 2024. Im kommenden Jahr wird es 160 verschiedene Angebote geben, darunter etliche neue Formate. Mehr als 20.000 Übernachtungen zählte die Trutzburg des Glaubens im Vorjahr. Natürlich auch von Pilgern und Radtouristen, die den Mönchsweg fahrend erkunden.

300.000 Euro aus dem Landesfonds für Barrierefreiheit

„In den kommenden Jahren erwarten wir sogar einen noch größeren Zulauf“, sagt Bruder Josef. Denn dann soll das mehrstöckige Bildungs- und Bettenhaus St. Ansgar mit seinen Tagungs- und Schlafräumen durch einen neuen Aufzug endlich barrierefrei zugänglich sein. Dafür sind 300.000 Euro aus dem Fonds des Landes Schleswig-Holstein für Barrierefreiheit geflossen, die mit Abstand größte Summe in der laufenden Förderperiode.

Neubauprojekte Kloster Nütschau
Bruder Josef von Scharrel, Leiter der Bildungsstätte Haus St. Ansgar vor dem Bettenhaus, wo ein Fahrstuhl eingebaut werden soll. © HA | Lutz Kastendieck

„Die Treppen im Haus und im Übergang zum Verwaltungsgebäude waren für ältere Menschen und Gäste mit Behinderungen ja schon ein beträchtliches Handicap. Das wird es mit der Vollendung des Lifts nicht mehr geben. Was mich, die Dozenten und die anderen Kursleiter mit großer Vorfreude erfüllt“, sagt Bruder Josef.

Kloster Nütschau: Im emissionsarmen Jugendhaus entstehen 36 Schlafplätze

Jenseits der Schloßstraße in Travenbrück entsteht gerade zudem das neue Jugendhaus St. Benedikt für stattliche 4,5 Millionen Euro. 1,4 Millionen Euro hat das Erzbistum Hamburg beigesteuert, 150.000 Euro stammen aus einem KfW-Zuschuss. 2,9 Millionen Euro müssen unterdessen aus Spenden generiert werden. Für die das Kloster weitere Unterstützer sucht.

„Auf 650 Quadratmeter Nutzfläche werden Aufenthalts- und Sanitärräume sowie 36 Schlafplätze entstehen. In einem emissionsarmen, komplett aus Holz gefertigten Gebäude, das mit Photovoltaikanlage auf dem Dach und einer Wärmepumpe zeitgemäß ausgestattet ist“, berichtet Bruder Bonifatius Barz, Bildungsreferent des Klosters und Leiter des Jugendhauses.

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Kloster Nütschau soll ein „Andersort“ bleiben

Der Neubau sei alternativlos gewesen, da das bisherige Domizil den Ansprüchen an eine moderne Jugendarbeit nicht mehr genügt habe: die Zimmer zu klein, der Brandschutz nicht ausreichend, keine Barrierefreiheit. Zudem sei ein geregelter Betrieb durch häufige Rohrbrüche unmöglich geworden.

„Der schlechte Gesamtzustand wäre durch eine Sanierung einfach nicht nachhaltig zu verbessern gewesen“, so Bruder Bonifatius. Wie nachgefragt das Jugendhaus aber sei, zeige sich an der Übernachtungszahl im Vorjahr: 6000, also fast ein Drittel des gesamten Klosters, entfielen allein auf das Jugendhaus. „Dass es nun größer, funktionaler und schöner entsteht, ist ein neuerliches Zeichen dafür, dass Nütschau ein Andersort ist. Der nahbar bleiben will, um Gemeinschaft niedrigschwellig erleben zu können, gerade für junge Menschen“, sagt Bonifatius Barz. Am Mittwoch, 2. Oktober, um 14 Uhr wird nun erst einmal das Richtfest gefeiert.