Trittau/Lütjensee. Warum die Wiedervernässung ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz ist. Und welche Maßnahmen bereits zu ersten Erfolgen geführt haben.

Mitten im malerischen Forst Karnap zwischen Trittau und Großensee liegt eine Lichtung, die anlässlich der bundesweiten Woche der Klimaanpassung Ziel einer Exkursion von Naturfreunden aus den Kreisen Stormarn, Segeberg und dem Herzogtum Lauenburg war. Was auf den ersten Blick relativ unspektakulär anmutete, erwies sich bei näherer Betrachtung als knapp vier Hektar großes Waldmoor. Das auf dem besten Wege ist, wieder jener wertvolle CO₂-Speicher zu werden, der es schon einmal war.

Stormarn: Lichtung im Forst Karnap wird wieder zum Waldmoor

„Nur intakte Moore können einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten“, sagt Maximilian Scheel, seit 2021 Leiter der Försterei Reinbek. Das sei im konkreten Fall aber nur noch bedingt der Fall gewesen. Weil es wie an vielen anderen Standorten auch zu einer Entwässerung gekommen ist, die die natürliche Funktion eines Moores als Klimaschützer stark herabsetzt.

Mehr noch wird dadurch in erheblichem Umfang Kohlendioxid freigesetzt. Werden die unterirdischen Torfschichten durch Mikroorganismen abgebaut, wie es über Jahrzehnte hinweg der Fall war, kommt es im Zuge der Mineralisierung der organischen Stoffe zur Ausgasung. Der gleiche Effekt entsteht ebenso, wenn Moore austrocknen. Auf diese Weise entweichen pro Jahr 53 Millionen Tonnen CO2, das sind sieben Prozent der Gesamtemissionen in Deutschland.

In Stormarn existieren noch 174 kartierte Moorflächen

Längst gilt als wissenschaftlich belegt, dass Moore durch ihre Torf-Moose deutlich mehr Kohlendioxid binden als alle Wälder der Erde zusammen. In Deutschland gelten indes gerade noch ein bis zwei Prozent der einstigen Moorflächen als intakt, 90 Prozent sind weitgehend zerstört. Im Kreis Stormarn gibt es zwar noch immer 174 kartierte Moorflächen, sie umfassen aber insgesamt nur noch rund 330 Hektar.

Exkursion ins Waldmoor Karnap
Bereits wenige Wochen nach dem Beginn der Wiedervernässung hat sich auf der Lichtung schon wieder eine moortypische Vegetation entwickelt. © HA | Lutz Kastendieck

Höchste Zeit also, das Rad zurückzudrehen und durch kontrollierte Wiedervernässungen Moore zu reaktivieren. Im Karnap wurde damit bereits im Frühjahr dieses Jahres begonnen. „Auf etwa zwei Hektar wurden Sitkafichten, Rotfichten und Lärchen entnommen“, berichtet Scheel. Dafür seien aber in erster Linie Waldumbau- und Naturschutzaspekte ausschlaggebend gewesen. „Der Waldumbau hin zu standortheimischen Laubhölzern trägt entscheidend zur Moorrenaturierung bei“, erklärt der Fachmann.

Forst Karnap: Auf 500 Metern Länge mehrere Staustufen geschaffen

Ein Viertel des Nadelholz-Bestandes habe ohnehin entfernt werden müssen, da er bereits durch Stürme und Borkenkäferbefall vorgeschädigt gewesen sei. Eichen, Roterlen, Birken und Faulbaum sind hingegen auf der Fläche verblieben und sollen fortan die Vegetation des wiedervernässten Waldmoores bilden.

Anschließend war es notwendig, den Abfluss des Wassers zu stoppen und es durch einen Damm zu stauen. Zusätzlich sind vorhandene Gräben verschlossen worden und so auf einer Länge von einem halben Kilometer alle 100 Meter zusätzliche Staustufen geschaffen worden. „Ziel ist es, den mittleren durchschnittlichen Wasserstand im Jahr knapp unter Bodenoberflächenniveau anzuheben“, erläutert Scheel. Um das zu kontrollieren, sollen demnächst noch Pegel gesetzt werden.

Forst Karnap: In den Senken der Moorfläche steht bereits wieder Wasser

Erste Erfolge dieser Maßnahmen konnte der Chef der Revierförsterei den rund 20 Exkursionsteilnehmern bereits präsentieren. Nicht nur, dass in den Senken der Moorfläche bereits wieder Wasser steht. An vielen Stellen ist zudem die moortypische Vegetation zurückgekehrt, wie Torfmoose, Binse, Ampfer und Pfeifengras.

Exkursion ins Waldmoor Karnap
Maximilian Scheel (3. v. l.) informiert über den Waldumbau im Umfeld des Moores. © HA | Lutz Kastendieck

„Der neue Bewuchs, der viel widerstandsfähiger ist, hat auch die Biodiversität des Moores sichtbar erhöht“, sagt Scheel. So sei eine deutlich höhere Insektenvielfalt zu verzeichnen, und es begegneten einem wieder viel häufiger Frösche, andere Lurche und Libellen. Je größer die Artenvielfalt sei, desto resilienter entwickle sich das gesamte Ökosystem.

Das CO₂-Speicherpotenzial beträgt bis zu 25.000 Tonnen

Nach Schätzungen von Udo Harriehausen, Leiter des Fachbereichs Naturschutz bei den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, könnte sich im Karnaper Waldmoor durch Speicherkapazität und Wiedervernässung eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen von rund 15 Tonnen CO₂-Äquivalenten je Hektar und Jahr ergeben. Nach vollständiger Renaturierung der Niedermoore in den Landesforsten mit einer Gesamtfläche von rund 1500 Hektar schätzt er das Reduzierungspotenzial auf 30.000- bis 35.000 Tonnen CO₂-Äquivalente pro Jahr.

„Bis sich das System wieder vollständig erholt hat, wird es aber bestimmt ein Jahrzehnt dauern“, sagt Harriehausen. Deshalb brauche der gesamte Prozess der Renaturierung von Mooren mehr Tempo. Noch seien die Abstimmungsprozesse mit der Wasserschutzbehörde, der Naturschutzbehörde und der Forstbehörde aber oft zu langwierig, um schneller vorankommen zu können.

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Minister Goldschmidt: „Moore sind echt Helden des Klimaschutzes“

Dabei gehe es bei solchen Wiedervernässungsmaßnahmen auch um einen verbesserten Unwetterschutz. „So können Starkregenereignisse besser abgefedert und kann etwa ein Überlaufen der Bille verhindert werden“, betont Maximilian Scheel. Für Schleswig-Holsteins Klimaschutzminister Tobias Goldschmidt (Grüne) sind Moore deshalb echte Helden des Klimaschutzes. „Sie binden nicht nur Kohlenstoff, sie speichern zugleich Wasser, schützen damit vor Dürre und Überschwemmung und sind Lebensraum für viele Arten, die nur hier vorkommen“, so der Minister.

Deshalb begrüßte Goldschmidt auch die gerade gestartete Antragsphase für zwei neue Förderprogramme des Bundesumweltministeriums zum aktiven Moorschutz. Sie sind Teil des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz, für das bis 2028 insgesamt 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Davon werde vor allem Schleswig-Holstein als eines der moorreichsten Bundesländer überhaupt stark profitieren.