Bargteheide. Laut einem Gutachten kann Bargteheider Moor nicht wiederbelebt werden. Und einen neuen Stadtwald gibt es auch nicht. Die Gründe.
Die Stadt Bargteheide will bis 2035 klimaneutral werden. Das hat die Stadtvertretung mit großer Mehrheit im April vergangenen Jahres beschlossen. Im laufenden Haushaltsjahr werden mehr als 15 Millionen Euro in klimarelevante Maßnahmen fließen. Dazu gehören etwa der Umbau des Öffentlichen Personennahverkehrs durch die drei Stadtringlinien, Zuschüsse für die Anschaffung von Balkonkraftwerken und der weitere Ausbau von Photovoltaikanlagen auf städtischen Liegenschaften.
Große Hoffnungen wurden auch in die Wiedervernässung des Bargteheider Moores und die Schaffung einer neuen Waldfläche im Stadtgebiet gesetzt. Doch diese beiden Projekte gelten nun als gescheitert.
Prüfauftrag wird im Umweltausschuss abgelehnt
„Dass jetzt der Prüfantrag unserer Fraktion zur Aufforstung einer städtischen Fläche am Bornberg im Umweltausschuss einfach abgelehnt worden ist, finden wir schon sehr überraschend“, übte der CDU-Abgeordnete Sebastian Friedrich Kritik. So werde es schwierig, das ehrgeizige Klimaziel für Bargteheide zu erreichen.
Die Christdemokraten hatten für ihre Idee der Schaffung eines Stadtwalds ein stadteigenes Grundstück am Bornberg mit einer Fläche von etwa fünf bis sechs Hektar vorgeschlagen, das aktuell als Weideland verpachtet ist. Ein Wald würde den ökologischen Wert des Areals durch die Ansiedlung verschiedener Tier- und Pflanzenarten nicht nur deutlich erhöhen, sondern den Bürgern zudem einen Ort der Entspannung und des Naturerlebens schenken, hieß es in der Antragsbegründung.
CDU wollte einen Schul- und Lernwald schaffen
„Vor allem aber könnte ein zusammenhängendes Waldgebiet mit circa 4000 Bäumen einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung des städtischen Klimas und der Luft leisten“, so CDU-Fraktionschef Mathias Steinbuck. Weil Bäume bekanntermaßen ein wichtiger CO2-Speicher seien, spielten sie schließlich eine wichtige Rolle beim Klimaschutz.
Die Christdemokraten wollten „eine Vorzeigewaldfläche“ schaffen als Anschauungsobjekt für Waldbesitzer. „Wie nämlich den Herausforderungen des Klimawandels durch Mischkulturen und heimische Baumarten, die widerstandsfähiger und resistenter sind, getrotzt werden kann“, erklärt Steinbuck. Zudem wäre eine Nutzung als Schul- und Lernwald ein großer Gewinn nicht nur für die Stadt Bargteheide gewesen.
Fragliches Grundstück ist durch ein Ökokonto belegt
Das alles wird es aber absehbar nicht geben. „Wir haben bereits im Vorfeld der Sitzung des Umweltausschusses bei der Unteren Naturschutzbehörde angefragt, ob und unter welchen Bedingungen so eine Umwandlung möglich wäre“, sagt Bürgermeisterin Gabriele Hettwer. Seitens der UNB habe es aber einen deutlich abschlägigen Bescheid gegeben.
„Bei dem besagten Grundstück handelt es sich um ein Areal, das mit einem Ökokonto belegt ist, das als Ausgleichsfläche vorgemerkt ist“, so Hettwer. Unter anderem befinde sich dort ein geschütztes Biotop, das die UNB deutlich höher bewerte als einen Wald. Außerdem müsse eine Aufforstung wiederum ausgeglichen werden, mindestens in gleichem Flächenumfang.
Wald ist ökologisch nicht wertvoller als Grünland
„Es ist nicht das erste Mal, dass die Frage der Aufforstung dieser Fläche an uns herangetragen wird“, ließ die Untere Naturschutzbehörde in ihrem Antwortschreiben wissen. In der Bevölkerung werde offenbar die Auffassung vertreten, Wald sei ökologisch wertvoller als Grünland. Das sei aber ein Trugschluss. „In Wirklichkeit ist es viel differenzierter, weil es um die Einschätzung komplexer ökologischer Zusammenhänge geht“, so die UNB.
Die ökologische Wertigkeit werde anhand verschiedener Kriterien bemessen. Die Artenvielfalt würde ebenso eine wichtige Rolle spielen, wie die Seltenheit eines Biotoptyps. So würden alle in Schleswig-Holstein vorkommenden Nass-, Feuchtgrün- und mesophilen Grünländer sowie mesophile Mähwiesen in ihren jeweiligen Ausprägungen einem gesetzlichen Biotopschutz unterliegen.
Städtische Ausgleichsflächen sind rar
„Angesichts der absolut unklaren Konsequenzen einer Aufforstung der Weidefläche am Bornberg und der Tatsache, dass städtische Ausgleichsflächen ohnehin rar sind, war es vernünftig, den CDU-Antrag abzulehnen“, sagt SPD-Stadtvertreter Gerrit Kronenberg. Zumal auch noch mit einem erheblichen Kostenaufwand zu rechnen gewesen sei.
Auch die bereits seit vielen Jahren diskutierte Wiedervernässung des Moores auf der Ortsgrenze zwischen Bargteheide und Delingsdorf ist endgültig in einer Sackgasse gelandet. Das ergab ein Zwischenbericht zur Untersuchung des Moores, der jetzt vom Planungsbüro Mordhorst-Bretschneider aus Nortorf vorgelegt wurde.
Naturkundler Hartung wusste es schon 2026
Im Prinzip bestätigte sich durch deren Erhebungen, was der Naturkundler und Buchautor Ingo Hartung bereits 2016 feststellte: „Das Moor ist tot.“ Durch den Torfabbau bis 1900, eine massive Entwässerung zur Schaffung von Weide- und Mahdflächen sowie zunehmend trockene Sommer sei das Kerngebiet des Moores auf eine Fläche von etwas mehr als einen Hektar geschrumpft.
Erschwerend hinzu kommt, dass das Bargteheider Moor bis 1975 als Mülldeponie genutzt wurde. Auf dem sogenannten Rackerberg, der zwischenzeitlich bis zu einer Höhe von neun Metern aufwuchs, wurden geschätzte 125.000 Kubikmeter Hausmüll abgekippt. Zudem befindet sich ein Großteil der Restflächen im Besitz von einem halben Dutzend Grundeigentümern, mit denen aufwendige Ankaufverhandlungen geführt werden müssten.
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Weil die Torfe in der Vergangenheit nahezu vollständig abgetragen wurden, gebe es „überwiegend kein Moor mehr“. Zu diesem Urteil sind nun auch die Gutachter vom Büro Mordhorst-Bretschneider gekommen. Überdies seien die verbliebenen Torfschichten durch extreme Tiefstwasserstände und weitere organische Schichten sehr stark degradiert. „Ursprüngliche Moortypen sind nicht wiederherstellbar und eine Vernässungsplanung mit dem Ziel Torfbildung äußerst schwierig“, lautet deshalb das vorläufige Fazit der Fachleute.
„Das ist nach all den Bemühungen der vergangenen Jahre sicher bitter, aber dieser Realität müssen wir uns nun stellen“, sagt Bürgermeisterin Gabriele Hettwer. Ob und wie das Areal aufgewertet werden kann, müsse noch geprüft und beraten werden. Eine mögliche Option sei, den entstandenen Biotopcharakter des ehemaligen Moores zu bewahren und zu stärken.