Bargteheide. Alisha Kumar aus Bargteheide wird in den Juniorbeirat des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen gewählt. Was sie antreibt.

Die Erfolge der AfD im Osten der Republik, der Wahlkampf in den USA, der Krieg in der Ukraine, das Sterben im Gaza-Streifen – das sind nicht gerade klassische Themen, die 16-Jährige täglich umtreiben. Bei Alisha Kumar ist das anders. Die Schülerin aus Bargteheide schaut gern weit über den eigenen Tellerrand hinaus. Sie hat einen für ihr Alter bemerkenswert reflektierten Blick auf die Brennpunkte dieser Welt. Und den Drang, sich zu engagieren, wo es ihr möglich ist. Seit Kurzem ist sie Mitglied im nationalen Juniorbeirat des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, Unicef.

„Momentan liegt ja ein besonderer Schwerpunkt auf der Hilfe im Gazastreifen, weil die Lage dort vor allem für Kinder seit vielen Monaten katastrophal ist“, sagt Alisha. Nach aktuellen Schätzungen des Hilfswerks sind 335.000 Kinder von lebensgefährlicher Mangelernährung bedroht. Ein unhaltbarer Zustand, der durch die andauernden Kämpfe zwischen den Palästinensern und der israelischen Armee noch massiv verschärft wird.

Bargteheide: Schülerin (16) bei Unicef in wichtiges Amt gewählt

„Für mich bedeutet Krieg immer Niederlage und Verlust“, sagt Alisha. Das gelte für Attackierte und Angreifer gleichermaßen. Denn auf beiden Seiten seien es Menschen, die leiden und sterben: „Deshalb unterstütze ich jede Form von humanitärer Hilfe. Und natürlich ganz besonders den Einsatz von Unicef für diejenigen, die sich in bewaffneten Auseinandersetzungen am wenigsten wehren können.“

Zwar ist Alisha in Deutschland geboren und aufgewachsen, fernab aller kriegerischen Konflikte dieser Welt. Dennoch sind Krieg und Vertreibung Teil ihrer eigenen Familiengeschichte. Vater Pinky floh vor 38 Jahren vor dem blutigen Bürgerkrieg zwischen Hindus und Sikhs im Vielvölkerstaat Indien nach Deutschland. Zwölf Jahre später ist ihm Ehefrau Ranjna gefolgt.

Alisha Kumar: Die Eltern sind ihre stärksten Förderer und größten Vorbilder

„Sie haben hart gearbeitet, um sich hier nach einem Leben voller Entbehrungen eine neue Existenz aufzubauen“, berichtet Alisha. Das habe auch sie und ihre beiden älteren Schwestern Navi (25) und Yasmina (20) geprägt. Der Ehrgeiz, die Eltern stolz zu machen, sei eine starke Triebfeder. Sie seien nicht nur ihre stärksten Förderer, sondern zugleich ihre größten Vorbilder.

Schon früh habe sie sich für Politik interessiert, nicht nur in der Schule. So ist sie bereits seit zwei Jahren Start-Stipendiatin der Hertie-Stiftung, wie zuvor auch schon Yasmina. Als sich Mitte August dieses Jahres mehr als 150 junge Unicef-Aktivisten aus ganz Deutschland zu einem dreitägigen Festival in Mannheim trafen, ging es unter anderem darum, einen Juniorbeirat zu wählen.

Unicef: Mit 60-sekündiger Bewerbungsrede unter 79 Bewerbern behauptet

Mit einer überzeugenden 60-sekündigen Bewerbungsrede schaffte Alisha am Ende den Einzug in das zwölfköpfige Gremium, für das es insgesamt 79 Bewerber gegeben hatte. „Zwar hatten meine Eltern anfangs Bedenken wegen der gestiegenen schulischen Anforderungen in der Oberstufe. Am Ende waren aber alle in der Familie super stolz, dass ich es geschafft habe“, sagt die Elftklässlerin des Kopernikus Gymnasiums Bargteheide.

Sie freut sich auf die neuen Aufgaben, die mit der Wahl in den Juniorbeirat verbunden sind. Dazu gehören die Entwicklung von Unicef-Projekten und -Kampagnen für Kinderrechte ebenso, wie Gespräche mit führenden Politikern aus Bundestag und Länderparlamenten sowie Auftritte auf nationalen und internationalen Tagungen.

Alisha Kumar – Fremdsprachentalent und leidenschaftliche Fußballerin

„Ich will mich dafür einsetzen, dass Kinder und Jugendliche überall auf der Welt die gleichen Bildungschancen haben, sie Schulen besuchen können, statt für den Lebensunterhalt ihrer Familien arbeiten zu müssen“, definiert Alisha ein großes Ziel. Sie will Spendenaktionen organisieren und Kinder in deutschen Flüchtlingsheimen besuchen.

Kann sie sich denn vorstellen, selbst einmal in die Politik zu gehen? „Da möchte ich mich eigentlich noch nicht festlegen“, sagt die polyglotte Deutsch-Inderin, die sich zudem auf Englisch, Französisch, Spanisch und in der Muttersprache ihrer Eltern, Hindi-Punjabi, unterhalten kann. Allerdings brauche es ihrer Ansicht durchaus mehr starke Frauen in der Politik.

Alisha Kumar hat große Sympathie für US-Demokratin Kamala Harris

Nicht nur deshalb wünscht sie etwa Kamala Harris bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA einen Triumph über ihren republikanischen Rivalen Donald Trump. „Ich glaube, Kamala Harris ist genau die Art von Präsidentin, die die USA jetzt braucht“, ist Alisha überzeugt. Sie könne mit ihrer Persönlichkeit das tief gespaltene Land wieder vereinen und es zu einem berechenbareren und verlässlicheren Sicherheitsfaktor in der Weltpolitik machen, als das unter Trump der Fall wäre.

Ansonsten sei Politik aber auch in Deutschland ein überaus schwieriges Pflaster. Das bekomme der deutsche Kanzler Olaf Scholz gerade täglich zu spüren. „Dafür, dass es aktuell so viele Probleme und komplexe Konflikte gibt, die nicht so einfach zu meistern sind, macht er seine Sache eigentlich gut“, meint Alisha.

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Aufstreben der AfD erfüllt Alisha Kumar mit Sorge

Das Aufstreben der AfD erfüllt sie unterdessen mehr mit Sorge als mit Angst. „Mit meinem Migrationshintergrund keimt da schon hin und wieder Unbehagen auf angesichts der radikalen Forderungen dieser Partei“, gesteht sie. In ständiger Angst zu leben sei aber keine Option: „Meine Familie ist bestens integriert und bringt sich auf vielfältige Weise ein. Es lohnt sich einfach, für das zu kämpfen, was wir uns hier aufgebaut haben.“

Kämpfen, das hat der lebensfrohe Teenager auch beim Fußball gelernt. Seit dem zehnten Lebensjahr spielte die Torjägerin beim TSV Bargteheide, bevor sie dann nach Trittau wechselte. „Fußball ist tatsächlich meine andere große Leidenschaft. Insbesondere dann, wenn ich dabei Portugals Superstar Cristiano Ronaldo oder Borussia Dortmund zuschauen kann“, gesteht Alisha Kumar. Aber natürlich verfolge sie mit ihrem Vater Pinky auch gern Cricket, Indiens Nationalsport Nummer eins. Dann sind all die Krisenherde dieser Welt für einige Stunden weit weg. Und Alisha Kumar genießt unbeschwert die Geborgenheit ihrer Familie und die indischen Süßspeisen von Mama Ranjna.