Ahrensburg. Seltenes Jubiläum: Die 9a der Schule am Schloss hält noch Kontakt. Erinnerungen an strenge Lehrer und 53 Kinder in einem Raum.
Die jungen Frauen und Männer haben sich für diesen besonderen Tag im März 1954 herausgeputzt. Die Backfische, wie die weiblichen Teenager damals noch hießen, tragen schicke, lange Kleider. Die meisten Jungen blicken aus Anzügen mit Krawatte mehr oder weniger zuversichtlich in die Zukunft. Die Klasse 9a feiert den Abschluss an der Ahrensburger Schule am Schloss.
Ein weiterer besonderer Tag wartet auf die inzwischen Mittachtziger in dieser Woche: das 70-Jahre-Klassentreffen am Freitag, 6. September, im nicht weit von der Schule entfernten Restaurant Strehl. Von rund 50 damaligen Schulabgängern haben sich nach so langer Zeit immerhin noch 18 angemeldet. Viele von ihnen wohnen nach wie vor in Ahrensburg und Umgebung. Aber auch aus Berlin und anderen Bundesländern reisen Ehemalige an.
Viele Flüchtlinge in Ahrensburg: Fast jeden Tag kamen neue Kinder zum Unterricht
Der Zweite Weltkrieg war gerade beendet, als die Kinder im April 1946 eingeschult wurden. Weil die Schlossschule noch als Lazarett diente, wurde der Unterricht zunächst in der Reesenbütteler Schule erteilt. Es gab keine fest zugeteilten Klassenlehrer, und auch die Schülerzahl schwankte nahezu täglich. Das lag an den vielen Flüchtlingsfamilien aus den ehemaligen Ostgebieten, die in Ahrensburg Unterkünfte suchten. „Sie schickten ihre Kinder dann unangemeldet in die Schule“, sagt Karin Voß, die ihrer Heimatstadt treu geblieben ist und heute zweite Vorsitzende des Historischen Arbeitskreises Ahrensburg ist.
Erst im April 1947 wurden die Räume in der Schule am Schloss endlich frei, sodass die Mädchen und Jungen zu einem weitgehend geordneten Alltag in die Schlossschule zurückkehren konnten. Die Räume mussten allerdings erst einmal provisorisch eingerichtet werden. Für den Winter wurden Öfen aufgestellt, die die Schüler mit Holz und Kohle befeuerten. „Wenn das Brennmaterial knapp wurden, brachten Kinder auch schon mal Briketts von zu Hause mit“, sagt Karin Voss.
Klassenlehrer begleitete die Jugendlichen bei der Lehrstellensuche
53 Mädchen und Jungen zählte die Klasse damals. Die erste feste Klassenlehrerin hieß Irene von Prinz. Sie unterrichtete sämtliche Fächer außer Englisch. 1952 übernahm ein neuer Klassenlehrer die Gruppe. „Herr Götsche hat dafür gesorgt, dass alle den mittleren Abschluss bekamen“, sagt Voß. Er sei ein äußerst engagierter Lehrer gewesen. Etliche Jugendliche habe er sogar zu Firmen im Ort begleitet, um für sie Lehrstellen zu finden. Disziplin sei im Unterricht wichtig gewesen: Strafen waren zusätzliche Hausaufgaben oder Nachsitzen.
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Nach dem Krieg hatte sich Ahrensburgs Einwohnerzahl innerhalb kürzester Zeit auf rund 18.000 verdoppelt. Eine Folge war, dass auch die Schulen räumlich an ihre Grenzen kamen. Um das Problem zu lösen, wurde der Unterricht oft auf den Nachmittag und den Sonnabend verlegt. Und wenn das Wetter es zuließ, ging es im Fach Naturkunde ins Freie.
Am letzten Schultag im Jahr 1954 waren von den 49 Kindern aus dem ersten Jahrgang noch 43 dabei. Seitdem hat sich die 9a regelmäßig zu Treffen verabredet, in jüngster Vergangenheit sogar jährlich. Und so manche Geschichte fängt sicherlich auch 75 Jahre später mit den Worten an: „Weißt du noch ...“