Bad Oldesloe. Institute legen Studie zu regionalen Preisunterschieden in Deutschland vor. Und die sind zum Teil gravierend.

Zuerst eine gute Nachricht für alle Schleswig-Holsteiner: So teuer wie in Hamburg, das deutschlandweit auf Platz sieben im Ranking der teuersten Standorte liegt, ist das Leben in keiner Region des nördlichsten Bundeslands. Das geht aus dem regionalen Preisindex hervor, den das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) jetzt zum zweiten Mal vorgelegt haben.

Für ihre aktuelle Untersuchung haben die Wissenschaftler Zahlen und Daten aus dem Jahr 2023 zusammengetragen und analysiert. Dabei wurden alle 294 Landkreise und 106 kreisfreien Städte unter die Lupe genommen. Wie teuer der Lebensunterhalt in der jeweiligen Region ist, lässt sich anhand der Platzierung innerhalb des Rankings ablesen: Der günstigste Standort, der Vogtlandkreis in Sachsen, liegt auf Platz eins. Knapp zehn Prozent Kosten sparen die Einwohner gegenüber dem Bundesdurchschnitt. Wer hingegen in der Stadt München wohnen und leben will, muss mit gut 24 Prozent höheren Kosten kalkulieren. München landet auf Rang 400 und bildet damit – wie schon im Jahr zuvor – das Schlusslicht der Tabelle. Der ausgewiesene Preisindex basiert auf dem Bundesdurchschnitt, der mit einem Indexwert von 100 angegeben ist. So lassen sich die prozentualen Abweichungen vom Mittelwert leicht ablesen.

Wo in Schleswig-Holstein das Leben am teuersten ist, entscheiden die Wohnungskosten

Generell lässt sich beim Blick auf die Übersichtskarte ein deutliches Preisgefälle zwischen städtischen und ländlichen Regionen feststellen. Vereinfacht gesagt, bekommen die Bewohner ländlicher Regionen mehr für ihr Geld. Das gilt jedoch weniger für Gebiete, die in der Nähe einer Metropole wie Hamburg liegen, denn das wirkt sich im Allgemeinen eher ungünstig auf die Konsumstruktur aus.

Um eine gute Vergleichbarkeit bei den Wohnungskosten zu erzielen, haben die Wissenschaftler die Angebotsmieten aller verfügbaren Jahre erhoben und mithilfe eines Modells auf Bestandsmieten umgerechnet. Dabei hat sich gezeigt, dass die Finanzierung des Wohnraums den Löwenanteil der Gesamtkosten darstellt. Lässt man sie außer Betracht, differieren die Lebenshaltungskosten des preiswertesten und teuersten Standorts um weniger als vier Prozent. Denn im Gegensatz zu den Mieten wird das Warensortiment überall in Deutschland zu annähernd gleichen Preisen angeboten.

Im Norden von Hamburg gibt es die höchsten Lebenshaltungskosten im Kreis Stormarn

Beim generellen Kostenniveau weist Hamburg mit 111,4 den Spitzenwert unter den 16 Bundesländern auf. Schleswig-Holstein liegt mit knapp über 100 nahezu im Durchschnitt. Das Bundesland ist in vier kreisfreie Städte und elf Landkreise unterteilt. Günstiger als in Dithmarschen (-4,8 Prozent) lässt es sich dort nirgendwo leben.

Teurer geht dagegen immer: Wer seinen Wohnsitz im Kreis Stormarn hat, muss mit einem Aufschlag von vier Prozent auf das durchschnittliche Preisniveau rechnen. Somit haben die Stormarner die höchsten Lebensunterhaltskosten in ganz Schleswig-Holstein. Auch im bundesweiten Vergleich zählt der Kreis (Rang 348) eher zu den hochpreisigen Regionen. Viel günstiger wird es auch für die Einwohner des Landkreises Pinneberg (103,6) nicht, der wie Stormarn zum sogenannten Speckgürtel von Hamburg zählt. Anders sieht es hingegen im Herzogtum Lauenburg aus, das ebenfalls an Hamburg angrenzt (+0,2 Prozent).

Diese Karte zeigt über die regionalen Preisunterschiede in Deutschland. Dunkelrot sind jene Standorte markiert, in denen die Lebenshaltungskosten am höchsten sind. Stormarn liegt im oberen Mittel, dort ist das Preisniveau 4,1 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt.
Diese Karte zeigt über die regionalen Preisunterschiede in Deutschland. Dunkelrot sind jene Standorte markiert, in denen die Lebenshaltungskosten am höchsten sind. Stormarn liegt im oberen Mittel, dort ist das Preisniveau 4,1 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. © Institut der deutschen Wirtschaft | Institut der deutschen Wirtschaft

Wissenschaftler füllen mit Entwicklung des regionalen Preisindex eine Informationslücke

Zur Erhebung der für die Untersuchung relevanten Daten bedienen sich die beiden Institute zum einen an den Zahlen, die das Statistische Bundesamt bei der Erfassung der Inflationsrate ermittelt hat. Jan Wendt ist für das IW als Data Scientist tätig und hat an der Studie mitgearbeitet. Das Bundeswirtschaftsministerium habe die Entwicklung des regionalen Preisindex gefördert, weil das Projekt eine Informationslücke fülle, so Wendt. Er sagt: „Das Statistische Bundesamt erfasst zwar die Preise, aber schlüsselt sie nicht regional auf.“ Dazu seien weitere Daten erforderlich. „Es wurde viel mit den Preisen aus dem Internet gearbeitet.“

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Um Daten von frei zugänglichen Internetportalen wie rewe.de oder check24.de automatisiert erfassen, auslesen, zusammenführen und anschließend weiterverarbeiten zu können, programmierten Big-Data-Spezialisten des IW sogenannte Scraper. Diese Computerprogramme sammeln Daten aus verschiedenen Quellen und stellen sie an zentraler Stelle zum Abruf bereit.

IW-Studienautor Christoph Schröder mahnt eine Stärkung und Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität von ländlichen Regionen an.
IW-Studienautor Christoph Schröder mahnt eine Stärkung und Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität von ländlichen Regionen an. © Institut der deutschen Wirtschaft | FLORIAN LANG

Welche Schlüsse die Politik aus den vorliegenden Ergebnissen ziehen sollte, liegt nach Ansicht von Studienautor Christoph Schröder klar auf der Hand. Er sagt: „Damit das Leben auch in Zukunft überall bezahlbar bleibt, ist es wichtig, ländliche Regionen zu stärken und attraktiver zu machen.“ Dadurch würden sich mehr Menschen überlegen, aufs Land zu ziehen. Das wiederum hätte eine Senkung des Preisdrucks auf die städtischen Wohnungsmärkte zur Folge, meint der Forscher. „Und die Lebensverhältnisse würden sich insgesamt verbessern und angleichen.“

Weitere Infos zum Thema bietet der IW-Kurzbericht Nr. 46, der auf der Website iwkoeln.de zum kostenlosen Download zur Verfügung steht: