Bargteheide. Lena Hartmann aus Bargfeld-Stegen hat sich für Wettbewerb in Berlin qualifiziert. Die Aufgaben sind spektakulär. Ihre Vita auch.

Lena Hartmann ist eine Meisterin im Umgang mit Blumen. Die 40-Jährige aus Bargfeld-Stegen reist demnächst nach Berlin und misst sich bei einem Wettbewerb, der an zwei Tagen volle Konzentration abverlangt, mit acht Konkurrenten. Es ist ein Finale. Wenn die Stormarnerin gewinnt, ist sie deutsche Meisterin der Floristik. „Ich will vor Ort unter Druck das Beste aus mir herausholen“, sagt die Mutter zweier Söhne. Ihre Chancen auf den ersten Platz will sie nicht beziffern. Der Blick auf ihre Vita lässt nur einen Schluss zu: Hartmann kann es packen.

Für Berlin musste sie sich qualifizieren, Teilnehmer aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kämpften im März beim bekannten Krokusblütenfest in Husum um nur ein Ticket. Hartmann buchte es, wurde norddeutsche Meisterin und sicherte sich damit die Silberne Rose. Es war ihr erster Wettkampf überhaupt. „Mein Arbeitgeber hat mich animiert mitzumachen.“ Die schlanke Frau mit den blonden Haaren ist bei der Gärtnerei Jentsch in Bargteheide beschäftigt, stieg nach elf Jahren Kinderpause 2021 wieder ein. Jetzt bindet sie Sträuße, fertigt Kränze oder Trockengestecke elf Stunden pro Woche sowie an einem Wochenende im Monat. Während der Auszeit hat Hartmann sporadisch zu speziellen Anlässen wie Mutter- oder Valentinstag ausgeholfen.

Blumen: Was Deutschlands beste Floristin können muss

Im kommenden Jahr will sie dem Prüfungsausschuss der Industrie- und Handelskammer (IHK) angehören und den Floristen-Nachwuchs bewerten. Die jüngste Hospitation in dem Gremium in Lübeck hat ihr Spaß gemacht. Jetzt liegt der Fokus aber komplett auf Berlin, selbst der Familienurlaub fällt für sie deswegen in diesem Sommer aus. Ihr Mann, tätig in der Schifffahrtsbranche, reist mit den zehn und 14 Jahre alten Söhnen allein für zwei Wochen nach Österreich. Hartmann muss noch einiges vorbereiten für das Event am 16. und 17. August, zum Beispiel Dinge bauen, die dann im Wettkampf mit Blumen geschmückt werden: eine Friedenssäule, einen Bartisch sowie sogenannten Raumschmuck. Letzterer kann ein Metallgestänge sein, an dem schmale Gläser angebracht sind.

So ein Utensil steht gerade bei Blumen Jentsch, so der offizielle Name des Betriebs, nahe dem Eingangsbereich. Gefertigt hat das Stück eine Auszubildende, die dabei von Hartmann beraten wurde. Bei der deutschen Meisterschaft müssen die Kontrahenten fünf Aufgaben meistern: einen Strauß binden zum Thema Versöhnungsgebet von Conventry, einen Bar- oder Tischschmuck kreieren, dazu ein sogenanntes Raumobjekt passend zum Veranstaltungsort mit dem Namen Bikini Berlin als Symbol des Wiederaufbaus und der Hoffnung sowie eine florale Friedenssäule. Das alles kann im Vorfeld geplant werden. Die fünfte Kategorie ist eine Überraschung: Hartmann und Co. erhalten noch unbekannte Materialien, haben dann zwei Stunden Zeit für ihr Werk. Das Motto der Veranstaltung lautet Frieden.

Beste Floristin Deutschlands: Bewertungskriterien der Jury sind Idee, Farbe, Komposition und Technik

„Angesichts der aktuellen politischen Weltsituation, die von Konflikten und Unsicherheiten geprägt ist, ruft die Deutsche Meisterschaft der Floristik dazu auf, mit der Sprache der Blumen eine Botschaft der Liebe, Harmonie und Hoffnung zu senden“, sagt Victoria Salomon, Vorsitzende der Jury, „denn genau das ist es, wofür Blumen in nahezu allen Kulturen der Welt seit Jahrtausenden stehen.“ Anhand von vier Bewertungskriterien wird der Sieger bestimmt: Idee, Farbe, Komposition und Technik. Eine Kommission wacht zudem über regelkonformes Arbeiten wie das Einhalten der Zeitvorgaben.

Diesen sogenannten Raumschmuck hat eine Auszubildende bei Jentsch gefertigt, wurde dabei von Hartmann beraten.
Diesen sogenannten Raumschmuck hat eine Auszubildende bei Jentsch gefertigt, wurde dabei von Hartmann beraten. © René Soukup | René Soukup

„Ich werde aufgeregt sein, denn wie in Husum haben wir auch diesmal Publikum“, sagt Hartmann. Das Bikini Berlin ist ein modernes Einkaufszentrum, liegt nahe der Gedächtniskirche, in der die Sträuße der Teilnehmer eine Woche lang ausgestellt werden. Die Stormarnerin hat sich über die Konkurrenz schlau gemacht auf Social-Media-Kanälen. Zum Wettkampf bringt sie eine Assistentin mit, eine frühere Kollegin bei Jentsch, die nun in Nordrhein-Westfalen lebt. Diese hilft beim Aufbau und befüllt unter anderem Vasen mit Wasser. Und natürlich berät man sich über das Design der Stücke, mit der die Jury überzeugt werden soll. „Beim Wettbewerb muss man darauf achten, dass Blumen nach ihren Bewegungsformen eingesetzt werden“, erzählt die norddeutsche Meisterin.

Blumen: Lena Hartmann war beste deutsche Auszubildende in Floristik

Hartmann stammt aus einer Akademiker-Familie, sie wächst im Landkreis Böblingen nahe Stuttgart auf und macht das Abitur. Studieren will sie nicht, geht erst mal für fünf Monate nach Brasilien für ein Praktikum und hat die Idee, Fremdsprachensekretärin zu werden. Allerdings mag sie auch handwerkliches Arbeiten und hat ein Faible für Blumen sowie eine künstlerische Ader. Also lernt sie Floristin und ist schon damals richtig gut, wird beste deutsche Auszubildende in diesem Bereich.

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2006 heuert Hartmann in Bargteheide an. Blumen Jentsch kooperiert mit der MS „Deutschland“, schickt die neue Kollegin für sechs Monate aufs Kreuzfahrtschiff als Bordfloristin. Mittelmeer, Karibik, Panamakanal, Antarktis, die Kapverdischen Inseln – die junge Frau sammelt viele Eindrücke. Das macht Hunger auf mehr. 2008 geht sie für acht Monate nach Neuseeland und Australien, macht „Work & Travel“. Hartmann arbeitet auch hier als Floristin und übernimmt eine Lehrtätigkeit an einem Institut in Sydney.

Nun lebt sie in Bargfeld-Stegen in einem Haus mit Garten. Der sehe keineswegs akkurat aus, sagt Hartmann. „Es ist ein wilder Familiengarten mit Platz zum Spielen.“ Eine Lieblingsblume hat sie übrigens nicht.