Barsbüttel. Die Grünen wollen Schulweg sicherer machen und den Soltausredder in Barsbüttel morgens für den Verkehr sperren. Einfach wird es nicht.

Teenager und auch Erwachsene fahren an diesem Morgen gegen 7.50 Uhr mit ihrem Rad ausschließlich auf dem Gehweg. Das dürfen sie eigentlich nicht. Doch auf dem Soltausredder in Barsbüttel, der zu einer Grund- sowie einer Gemeinschaftsschule führt, herrscht dichter Verkehr. Dafür sorgen hauptsächlich Elterntaxis, also Mütter und Väter, die ihren Nachwuchs zur Lehranstalt chauffieren. Das Vorankommen auf der Fahrbahn ist Radlern zu brenzlig. Wer sich unter der Woche ein Bild vor Ort macht, kann das nachvollziehen. Die Grünen wollen den Shuttleservice jetzt ausbremsen, die Straße morgens für eine Stunde sperren, wobei die neue Regel Anlieger sowie Rettungs- und Feuerwehrwagen nicht betreffen soll.

„Es geht uns um Selbstständigkeit und Persönlichkeitsentwicklung von Kindern“, sagt Fraktionschefin Angela Tsagkalidis. Und natürlich um die Sicherheit. „Die Kleinen und auch Erwachsene fahren mit dem Velo aus Angst auf dem Gehweg“, ergänzt ihr Parteikollege Michael Schmidt. Als er diese Worte spricht, hält ein Auto kurz hinter der Einmündung von der Hauptstraße, ein Mädchen springt heraus. Währenddessen erhöht der Hintermann das Tempo, zieht vorbei und reiht sich wegen des Gegenverkehrs zügig ein.

Elterntaxis nerven: Barsbütteler wollen die Gefahr ausbremsen

Geht es nach den Grünen, wird der Soltausredder zu einer Schulstraße, erstmal für ein Jahr als Testphase. Ihre Argumente, mit denen sie andere Parteien überzeugen wollen: Das temporäre Fahrverbot reduziert das Risiko von Unfällen erheblich. Eltern und Kinder werden ermutigt, umweltfreundliche Alternativen wie das Fahrrad oder den Schulweg zu Fuß zu wählen. Dies trägt nicht nur zur Reduzierung der CO2-Emissionen bei, sondern fördert auch die körperliche Gesundheit der Kinder.

Laut eines Rechtsgutachtens, das vom KidicalMass-Aktionsbündnis, dem auch der Allgemeine Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) angehört, dem Deutschen Kinderhilfswerk (DKHW) und dem ökologischen Verkehrsclub VCD in Auftrag gegeben wurde, ist das Einrichten von Schulstraßen in Deutschland möglich. Nordrhein-Westfalen ist Vorreiter. Vor Kurzem trat ein Erlass des Landesverkehrsministeriums in Kraft, der es Kommunen erlaubt, Straßen in Schulnähe zeitweise für Fahrzeuge zu sperren. Erfahrungen mit Pilotprojekten haben zum Beispiel Köln, Bonn, Essen, Gladbeck Berlin und Frankfurt am Main gemacht – als Versuch und damit befristet. In Österreich ist die Schulstraße seit 2022 gesetzlich verankert. Der ökologische Verkehrsclub fordert, dass das auch im Bundesrecht geschieht.

Elterntaxis nerven: Kreisbehörde sagt, ob eine Schulstraße in Barsbüttel möglich ist

„Die Gesetzeslage in Deutschland macht es unserer Gemeinde nicht einfach, eine Schulstraße einzuführen. Sowohl die konkrete rechtlich saubere Umsetzung als auch die Einhaltung der verwaltungstechnisch benötigten Schritte dazu sind elementar für den gewünschten Erfolg“, sagt Schmidt. Der Soltausredder ist zwar kein Unfallschwerpunkt. Das ist für ihn aber kein Hindernis mit Blick auf das Grünen-Vorhaben. Hierbei bezieht sich der Gemeindevertreter auf das Rechtsgutachten. Darin steht: „Das heißt, dass anders, als von Verkehrsbehörden oft angenommen wird, kein positiver Nachweis nötig ist, dass in einem Straßenabschnitt bereits schwere Unfälle erfolgt sind.“

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Tsagkalidis und ihre Mitstreiter wollen im ersten Schritt, dass die Verwaltung die Voraussetzungen für eine Testphase darlegt. So haben sie es in einem Antrag formuliert, über den die Gemeindevertretung auf ihrer Sitzung an diesem Donnerstag berät (19 Uhr, Rathaussaal, Stiefenhoferplatz 1). Wird der durchgewunken, muss Bürgermeister Thomas Schreitmüller oder ein Kollege mit der Kreisbehörde in Bad Oldesloe Kontakt aufnehmen. Die sagt dann Ja oder zeigt mit dem Daumen nach unten und erteilt der Schulstraße eine Absage.

Elterntaxis nerven: Gitter oder Poller zum Einstecken zwecks Straßensperrung

Über das Dokument wurde bereits im Ausschuss für Schule, Kultur, Jugend und Sport (SKS) am 2. Juli votiert, der Antrag mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit abgelehnt. Zwei Tage später im Planungsausschuss lief es genau andersherum. Und wie geht es in der Gemeindevertretung aus? Es wird knapp, aber vieles deutet darauf hin, dass es gut läuft für die Grünen. „Wir sind für eine Prüfung, wollen alles unternehmen, um die Elterntaxis zu unterbinden“, sagt Rainer Eickenrodt, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft BfB. Den Versuch zu starten, eine Schulstraße einzurichten, unterstützt auch die SPD, so Hermann Hanser.

Der einzige FDP-Vertreter in der Gemeindevertretung, Siemer Rosenwinkel, hält sich bedeckt, sagt lediglich: „Ich bin skeptisch, ob das Fehlverhalten von Helikopter-Eltern durch Baumaßnahmen korrigierbar ist.“ Die CDU lehnt den Grünen-Vorschlag ab. „Es gibt keinerlei Antwort darauf, wer kontrolliert und absperren soll. Wir haben einen Polizisten bei uns in der Partei, der sich auskennt und es praktisch für nicht umsetzbar hält“, sagt Fraktionschef Henri Schmidt.

Elterntaxis nerven in Barsbüttel: Soltausredder als Einbahnstraße?

Den Grünen schwebt zum Beispiel ein Gitter zur Sperrung vor oder ein Poller zum Einstecken. Die Ver- und Entriegelung könnte ihrer Meinung nach vielleicht ein bei der Gemeinde beschäftigter Hausmeister übernehmen. Sie wollen sich nicht festlegen und haben darüber auch noch nicht tiefgründiger nachgedacht. Ihr Motto: Erstmal das positive Signal vom Kreis bekommen, dann Schulen sowie Anwohner einbinden und zum Schluss in die Detailplanung gehen. „Wenn wir es tatsächlich schaffen, soll Barsbüttel Vorbild für Kommunen in der Nachbarschaft sein“, sagt Tsagkalidis.

Sie berichtet von einem externen Gutachten, das die Gemeinde hat vor Jahren anfertigen lassen. Der Experte habe vorgeschlagen, den Soltausredder in eine unechte Einbahnstraße umzuwandeln. Dabei ist die Einfahrt, wie bei einer normalen Einbahnstraße, nur aus einer Richtung erlaubt. Im betroffenen Streckenabschnitt darf jedoch weiter in beide Richtungen gefahren werden. Die Grünen hätten das gern umgesetzt. Man habe das Thema seinerzeit unter den Fraktionen abgeklopft, berichtet Tsagkalidis. Eine Mehrheit sei nicht zustande gekommen.