Ahrensburg. Seit Jahren gibt es in Ahrensburg Pläne für Mobilitätsstationen mit Bike- und Carsharing. Von einstiger Idee ist nicht mehr viel übrig.
Es schien von Beginn an etwas groß gedacht für eine Stadt wie Ahrensburg: Mobilitätsstationen sollten an verschiedenen Orten im Stadtgebiet aufgestellt werden und Bürger dazu bewegen, vom eigenen Auto auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad umzusteigen.
An diesen Stationen, die etwa in der Nähe der Bahnhöfe eingerichtet werden sollten, sollte es neben Abstellmöglichkeiten für Räder auch die Option geben, Fahrräder, Lastenfahrräder, E-Bikes oder Carsharing-Autos zu mieten. Vorbild sollten die Stadträder und die Stationen von HVV switch in Hamburg sein.
Ahrensburg installiert Designer-Fahrradboxen am Bahnhof Gartenholz
Die Idee hatte Ahrensburgs damalige Klimaschutzmanagerin Jule Lehmann Anfang 2020 als Teil eines noch zu erstellenden Mobilitätskonzeptes für die Schlossstadt im Umweltausschuss präsentiert. Mir großer Mehrheit hatten die Politiker anschließend 50.000 Euro aus dem Haushalt für die Planung der Stationen freigegeben. Doch nachdem Lehmann im September 2021 Ahrensburg den Rücken gekehrt hatte, wurde es still um das Projekt.
Nun stehen die Mobilitätsstationen wieder auf der Tagesordnung – allerdings ist von der ursprünglichen Idee nur noch wenig übrig geblieben. Von Leihrädern und Carsharing ist in der aktuellen Verwaltungsvorlage, die jetzt im Bau- und Planungsausschuss und im Umweltausschuss beraten wurde, keine Rede mehr. Zwar firmiert das Vorhaben weiterhin unter dem Titel Mobilitätsstationen, im Wesentlichen ist aber lediglich der Bau zusätzlicher, verschließbarer Fahrradabstellanlagen geplant. Umgesetzt werden soll das Konzept als Pilotprojekt zunächst nur am Bahnhof Gartenholz.
Verwaltung: Mobilitätsstationen werden auch im kleinen Rahmen zu Impulsgebern
„Das primäre Ziel ist die Errichtung von vier Mobilitätsstationen an den Bahnhaltepunkten, um den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, der auf Pendelnde zurückzuführen ist und somit eine umweltverträglichere Fortbewegung zu fördern“, heißt es in der Vorlage. Hierbei sei neben öffentlichen Verkehrsmitteln insbesondere die Einbindung des Radverkehrs von hervorzuhebender Bedeutung. Daher seien „ausreichend Radabstellanlagen als wesentliches Element der Mobilitätsstationen“ vorgesehen.
Es müsse nicht zwangsläufig eine hohe Anzahl und Vielfalt von Fahrzeugen an einer einzelnen Station angeboten werden. „Mobilitätsstationen werden auch im kleinen Rahmen zu Impulsgebern für die Nutzung intelligenter, nachhaltiger Mobilitätsoptionen“, heißt es.
Designbüro aus der Nähe von Frankfurt gestaltete die Elemente für 25.000 Euro
Alle Anlagen sollen künftig ein einheitliches Design erhalten. Dazu hat die Verwaltung von dem Büro André Stocker Design aus Dreieich bei Frankfurt am Main einen Modulkatalog entwerfen lassen. Die verschiedenen Ausstattungselemente, darunter Fahrradbügel, Unterstände, abschließbare Abstellanlagen, eine Akkuladestation, eine Fahrradreparaturstation, Schließfächer oder eine Informationssteele, sind miteinander flexibel kombinierbar und die Stationen später erweiterbar.
Optisch setzen die Anlagen auf viele Holzelemente und die Farbe grasgrün, in der etwa die Steelen und die Reparaturstationen gehalten sind. Das Design der Module inklusive der technischen Ausarbeitung und des konstruktiven Aufbaus hat laut Verwaltung rund 25.000 Euro gekostet.
Für Bike- und Carsharing hat sich in Ahrensburg kein Anbieter gefunden
„Markenbildung ist wichtig, um eine Wiedererkennbarkeit zu schaffen. Radinfrastruktur und Mobilitätsangebote müssen gesehen und als solche erkannt werden, damit zusätzliche Nutzer angezogen werden“, sagt Rathaussprecherin Petra Rogge. Am Markt erhältliche Anlagen deckten zudem in der Regel nicht alle Anforderungen ab, weil sie etwa nicht miteinander kombinierbar seien, die Abmessungen nicht stimmten oder das Schließsystem nicht einheitlich sei.
Auf Anfrage räumt die Verwaltung ein, dass andere Angebote wie Bike- und Carsharing daran gescheitert sind, dass sich kein Unternehmen gefunden hat, welches den Service in Ahrensburg betreiben möchte. „Derzeit gibt es keinen Betreiber und eine entsprechende Integration am Projektstandort ist daher nicht sinnvoll“, sagt Rogge. „Sollten entsprechende Bedarfe hinzukommen oder Betreiber für Sharing-Angebote aktiv werden, so könnten die Mobilitätsstandorte durch die entsprechenden Module nachträglich ergänzt werden.“
32 verschließbare Fahrradstellplätze am Bahnhof Gartenholz geplant
Am Pilotstandort am Bahnhof Gartenholz sollen zwei Module mit jeweils 16 verschließbaren Fahrradstellplätzen im Doppelparksystem aufgestellt werden. Bislang verfügt Ahrensburg lediglich am Regionalbahnhof in der Innenstadt an der Ladestraße über verschliebare Stellplätze. Dort gibt es seit September 2020 eine Bike-and-ride-Anlage.
Die Boxen am Bahnhof Gartenholz sollen vermietet werden. Außerdem sind ein kleiner Unterstand mit Bank, eine Informationssteele mit Fahrradreparaturstation und eine Akkuladestation mit Schließfächern vorgesehen. Die Fahrradboxen erhalten eine Lademöglichkeit für E-Bikes.
Die Gesamtkosten für den Pilotstandort liegen bei schätzungsweise 93.000 Euro
Noch unklar ist, ob auch ein Schlauchautomat aufgestellt wird, an dem Radfahrer neue Schläuche für ihre Reifen erhalten können. Ob es einen solchen geben wird, hängt davon ab, ob sich ein Fahrradhändler findet, der bereit ist, den Automaten zu bestücken.
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Die Gesamtkosten betragen laut Schätzung der Verwaltung rund 93.000 Euro. Allerdings wird die Maßnahme die Stadtkasse voraussichtlich nicht belasten: Zur Finanzierung sollen Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich eingesetzt werden, die Ahrensburg vom Land zweckgebunden für den Ausbau der Radinfrastruktur zugewiesen bekommen hat. Dadurch können laut Verwaltung sämtliche Kosten gedeckt werden. Voraussetzung ist, dass die Maßnahme noch in diesem Jahr umgesetzt wird.
Unternehmen haben bereits Interesse an Stellplätzen für Mitarbeiter bekundet
Die Anlage am Bahnhof Gartenholz soll auf der östlichen Seite der Gleise (Gewerbegebiet Nord) in der Mitte des Wendehammers vor dem Zugang zum Bahnsteig installiert werden. Dieser Standort hat laut Stadtplaner Kay Renner die höchste Priorität, weil das Gewerbegebiet, in dem rund 12.000 Beschäftigte arbeiten, vergleichsweise schlecht an den ÖPNV angeschlossen sei.
Der Fußweg vom Bahnhof Gartenholz bis zu den Betrieben im größten, zusammenhängenden Gewerbegebiet Schleswig-Holsteins sei oft weit, weshalb sich das Fahrrad als Verkehrsmittel für die „letzte Meile“ anbiete. „Mehrere große Unternehmen haben bereits bei uns angefragt und würden gern Stellplätze für ihre Mitarbeiter mieten“, sagt er.
Später sollen weitere Stationen an den anderen drei Bahnhöfen installiert werden
Nach und nach sollen künftig weitere Mobilitätsstationen am Bahnhof Ahrensburg und an den U-Bahnstationen Ahrensburg West und Ahrensburg Ost gebaut werden. Die Gesamtkosten liegen bei rund 285.500 Euro. Die Verwaltung geht davon aus, in Zukunft weitere Fördermittel vom Kreis zu bekommen.
Im Umweltausschuss sprach sich eine Mehrheit dafür aus, die Mobilitätsstation am Bahnhof Gartenholz umzusetzen. „Die Erschließung des Gewerbegebietes für den Fahrradverkehr ist derzeit unterirdisch“, sagt der Ausschussvorsitzende, Wulf Köpke. „Die Mobilitätsstation ist deshalb ein großer Schritt nach vorn“, so der Politiker von der Wählergemeinschaft WAB.
Vorsitzender des Umweltausschusses: Machen das, was in Ahrensburg umsetzbar ist
Köpke, der erst seit der letzten Wahl 2023 in der Kommunalpolitik aktiv ist, übt aber auch Kritik an seinen Vorgängern. „Als diese Stationen damals vorgeschlagen wurden, war das wohl etwas hoch gegriffen. Es war viel dabei, was nicht zum Standort passt“, sagt er. Die Bezeichnung der Anlage als Mobilitätsstation wecke möglicherweise zu hohe Erwartungen. „Wir machen nun das, was in Ahrensburg umsetzbar ist.“