Reinbek. Dieses Jahr übersteigt Nachfrage das Angebot. Deshalb fiel Selbstpflücken in Reinbek aus. Wie sieht es bei den anderen Erzeugern aus?

Warum es so ist, weiß der Reinbeker Erdbeerbauer Hans-Jörg Carstensen selbst nicht genau: „Dieses Jahr sind die Erdbeeren knapp und teuer“, sagt er. Er vermutet, dass es an den vielen Niederschlägen seit Oktober gelegen hat. Die Pflanzen hätten bereits gelitten, bevor sie Früchte getragen haben. Aktuell kostet ein Kilogramm der Sorte Malwina bei ihm 9,50 Euro. Das Selbstpflücken ist wegen des geringen Ertrags auf dem Erdbeerhof Lohbrügge deshalb dieses Jahr ausgefallen.

Einige seiner Verkaufsstände hat er bereits schließen müssen. „An der Hamburger Straße verkaufen wir noch maximal zwei Wochen“, erklärt der Landwirt. Geöffnet ist jeden Tag von 9 bis 19 Uhr oder auch, solange der Vorrat reicht. Carstens beschwichtigt: „Das ist eben so, mal haben wir ein gutes Jahr, mal ein schlechtes. Sonst hatten wir mehr Erdbeeren, als wir verkaufen konnten. Dieses Jahr übersteigt die Nachfrage den Ertrag.

Erdbeeren sind diese Saison knapp, teuer und nur noch kurze Zeit verfügbar

Wer die beliebte Spätsommersorte Malwina lieber selbst frisch pflückt, hat dazu in Stormarn auf dem Tangstedter Gut Wulksfelde noch kurze Zeit Gelegenheit. Landwirtin Güde Martensen sagt: „Wir steuern aufs Saisonende zu.“ Auf den Feldern werden verschiedene Erdbeersorten in Bio-Qualität angebaut. „Malwina hat spät geblüht und bereitet uns viel Freude. Sie ist sehr süß, aromatisch und kann jetzt noch gepflückt werden“, so Martensen. Genauer gesagt: „Nicht an diesem Wochenende, aber am kommenden Montag auf jeden Fall.“ Für die Zeit danach gibt es tagesaktuelle Hinweise zum Selbstpflücken unter gut-wulksfelde.de.

Das Wetter habe zwar nicht dazu geführt, dass das Selbstpflücken komplett ausgefallen sei.. Aber es sei zu Unterbrechungen des Angebots gekommen. „Immer mal wieder an Wochenenden und einzelnen Tagen“, berichtet die Landwirtin. „Das tat uns auch sehr leid, aber wir hatten einfach nicht so große Mengen, dass alle Kunden zufrieden gewesen wären.“ Bei großen Spitzen, wenn viele Früchte gleichzeitig reifen, sei es „natürlich toll, wenn viele Menschen kommen und pflücken. Doch dieses Jahr ging das hin und her, das war von Nachteil für alle Beteiligten.“

Nasses Wetter sorgt für erheblichen Mehraufwand bei der Pflege und Ernte

Die ungünstigen Bedingungen hätten außerdem zu deutlichen Erschwernissen bei der Ernte geführt. Es sei ein erheblicher Mehraufwand entstanden, um die Bestände gesund zu erhalten. Einige wurden Opfer eines Pilzes, der sich bei Nässe besonders wohl fühlt. Bottrytis befällt die Pflanzen bereits während der Blüte. Die Folge: „Dann kann keine gesunde Erdbeere mehr heranwachsen.“ So hätten Saisonkräfte die schlechten Früchte herauspflücken müssen. Weil die Regenschauer auch während der Ernte aufgetreten seien, habe das wiederum die Pflückzeiten beeinflusst.

Die Erdbeersaison steuert auf das Ende zu: Selbstpflücken wie hier auf einem Feld von Gut Wulksfelde ist in Stormarn aber noch einige Tage möglich.
Die Erdbeersaison steuert auf das Ende zu: Selbstpflücken wie hier auf einem Feld von Gut Wulksfelde ist in Stormarn aber noch einige Tage möglich. © Elvira Nickmann | Elvira Nickmann

Diese Erfahrung musste auch Enno Glantz, Inhaber des gleichnamigen Erdbeerhofs in Delingsdorf, machen. „Wir fangen um halb fünf an zu pflücken, aber wenn es regnet, müssen wir die Abläufe anpassen“, sagt der Erdbeerbauer. Das unbeständige Wetter habe viele Tagesentscheidungen erforderlich gemacht. Glantz nimmt‘s mit Humor: „Das macht die Sache auch interessant.“ Auf das Selbstpflück-Erlebnis mussten seine Kunden nicht verzichten. Acht Felder sollen noch einige Tage geöffnet bleiben. „Das Selbstpflücken geht noch etwa zehn Tage“, kündigt Glantz an. „Wir freuen uns sehr, dass es immer besser angenommen wird.“ In der Mehrzahl von jungen Familien. Wobei die Kundschaft je nach Standort unterschiedlich ist. „Im Öjendorfer Park nutzen das Angebot auch viele türkische Familien.“ Der Ständeverkauf dauere noch etwa drei Wochen, die Zahl der Stände werde aber reduziert. Sowohl Martensen als auch Glantz können der Saison durchaus etwas Positives abgewinnen. Beide stimmen überein, dass die Erntezeit durch die gemäßigten Temperaturen länger dauert als üblich.

Erdbeerhof Glantz will sich Die Erfahrungen der Landwirte

Glantz zeigt sich insgesamt zufrieden – trotz erschwerter Bedingungen und daraus resultierender geringerer Flächenerträge. „Die Erdbeeren hatten eine gute Qualität und es hat sich gezeigt, dass die Sorten, die wir anbauen, mit den Wetterverhältnissen klarkommen. Es war eine gute Durchschnittsernte“, lautet sein Fazit. Und krank seien die Pflanzen auch nicht geworden, hebt er hervor. Das liege vermutlich darin begründet, dass sie durch die Tropfbewässerung mit ausreichend Nährstoffen versorgt würden.

Das Wetter beeinflusse die Preisgestaltung. „So eine nasse Ernte ist eine Herausforderung. Das Pflücken wird teurer und schwerer, das müssen wir beim Preis berücksichtigen.“ Bei den Erdbeeren von Gut Wulksfelde seien die Preise nicht gestiegen, aber im Verlauf der Saison auch nicht gesunken. „Normalerweise sind sie am Anfang etwas höher und gehen später runter, wenn ganz viel Ware verfügbar ist.“ Doch dieser Peak sei diesmal ausgeblieben, so Martensen.

Erntehelfer bei der Himbeerernte auf dem Erdbeerhof Glantz in Delingsdorf.
Erntehelfer bei der Himbeerernte auf dem Erdbeerhof Glantz in Delingsdorf. © Andreas Laible / FUNKE Foto Services | Andreas Laible

Enno Glantz geht es nicht nur darum, die Herausforderungen, die die Natur für Landwirte bereit hält, zu bewältigen. Die Qualität der Erdbeeren soll außerdem laufend verbessert werden. „Das erfordert viel Kampfgeist“, meint der Landwirt, der schon die nächste Neuheit im Blick hat. „Wir prüfen alle Sorten, die auf den Markt kommen“, erläutert er. Nur solche, die eine Geschmacksverbesserung mit sich brächten, hätten eine Chance. „Wir freuen uns auf Marika, die wir jetzt getestet haben. Das ist sozusagen eine Schwester von Malwina, die etwas früher reift.“ Himbeeren seien „noch herausfordernder beim Anbau“, deswegen biete er sie nur in geringerem Umfang an. Allerdings auch zum Selbstpflücken für voraussichtlich noch sieben Tage. Eine Erweiterung des Sortiments, beispielsweise mit Blaubeeren, kann sich der Erdbeerhof-Chef nicht vorstellen: „Wir haben uns entschieden, Erdbeerspezialisten zu sein.“

Auf dem Hof Soltau löst das Selbstpflücken von Blaubeeren die Erdbeerernte ab

Auf Gut Wulksfelde ist man offen für andere Beerenarten. „Wir planen, im kommenden Jahr mit dem Blaubeerpflücken zu starten“, kündigt Güde Martensen an. Auf dem Hof Soltau in Barsbüttel ist das schon der Fall. Hofbetreiber Bastian Soltau berichtet, dass das Selbstpflücken von Erdbeeren beendet ist. Im Hofladen und an den Ständen seien die roten Früchte aber noch gut eine Woche erhältlich. Statt Erdbeeren können Kunden jetzt Blaubeeren frisch vom Strauch sammeln. Das Blaubeerselbstpflückfeld hat am Sonnabend und Sonntag, 13./14. Juli, von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

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Der Betrieb baue seit 25 Jahren Erdbeeren an, so Soltau. Aber so etwas wie diese lang anhaltende Nässeperiode habe er noch nicht erlebt. „Es ging schon letztes Jahr los, dass es unheimlich feucht war. Und so sind wir dann auch in die Saison gestartet“, sagt der Landwirt. „Sobald es regnet, bilden sich die bekannten Wasserstellen.“ Schon bei der Spargelernte im Frühjahr gab es wegen der aufgeweichten Böden Probleme.

Ein weiterer Faktor ist, dass Kunden bei kaltem Wetter weniger Erdbeeren kaufen

Der viele Regen machte Bastian Soltau schon beim Spargelanbau im Frühjahr Probleme. Auf den Feldern stand das Wasser.
Der viele Regen machte Bastian Soltau schon beim Spargelanbau im Frühjahr Probleme. Auf den Feldern stand das Wasser. © Thomas Heyen | Thomas Heyen

Bei den Erdbeeren haben Soltau vor allem die Ernte-Unterbrechungen zu schaffen gemacht. „Wir konnten nicht immer das ausliefern, was wir wollten“, sagt der Landwirt. Die Nässe habe außerdem zu Haltbarkeitsproblemen geführt. Die schlechte Wetterlage betreffe ganz Deutschland. „Wir sind hier oben noch ganz gut davongekommen, Hagel gab es bei uns nicht.“ Weil die Ware auf dem Markt generell knapp gewesen sei, seien die Preise insgesamt gestiegen.

Über Konsequenzen will der Landwirt erst nachdenken, wenn sich die Situation dauerhaft verschlechtern sollte. „Bei uns bleibt alles so, wie es ist. Wir leben mit und von der Natur und somit auch vom Wetter“, sagt er. „Es wäre gut, wenn wir endlich ein bisschen Sommer kriegen. Nicht nur wegen der Landwirtschaft, es wäre auch schön für die Kinder.“ Mehr Sonne wäre auch ganz im Sinne von Enno Glantz. Er sagt: „Wenn das Wetter kalt ist, essen die Leute weniger Erdbeeren. Da geht es uns so wie den Eisverkäufern.“